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Kienast: "Noch nicht dort, wo ich sein will"

Kienast:

Den Hinweis, dass er schon schwierigere Treffer erzielt hat als das 1:0-Goldtor für Sturm Graz gegen die Admira, konnte ein Vollblutstürmer wie Roman Kienast so natürlich nicht stehen lassen.

„Diese Tore muss man auch erst einmal machen, und da muss man auch erst einmal stehen“, grinste der 31-Jährige.

Zu lachen hatte der Routinier im bisherigen Saisonverlauf bekanntlich nur wenig. Umso größer war die Erleichterung, in Runde 10 erstmals angeschrieben zu haben – egal wie hoch der Schwierigkeitsgrad der Übung nach der mustergültigen Vorarbeit von Donis Avdijaj letztlich war.

„Natürlich fängt man dann auch zum Grübeln an, warum man nicht trifft“, blickte der Routinier auf die vergangenen Wochen der persönlichen Durststrecke zurück.

Nachholbedarf nach Verletzungspause

Kienast verpasste das Finish der vergangenen Saison verletzungsbedingt. Zur neuen Spielzeit meldete er sich zwar wieder zurück, erzielte im ersten Pflichtspiel beim 6:0-Kantersieg im Cup gegen Hartberg auch einen schönen Treffer, musste aber dennoch um den Anschluss kämpfen.

„Beim Saisonstart war es noch ein bisschen zu früh, da ich doch relativ lange verletzt war. Ich habe es immer noch leicht im Knie gespürt, der Muskelfaserriss war auch nicht von Vorteil. Dann ist es nicht so einfach, gleich von Start weg wieder da zu sein. Wenn du dann immer ein bisschen nachhängst, ist es halt nicht gut“, erklärte der Wiener.

Mit Josip Tadic schlug ein anderer Stürmer Kapital aus Kienasts Nachholbedarf und bewies in den ersten Saison-Wochen lange Zeit vermisste Treffsicherheit. Für den nominellen Einser-Stürmer blieb somit meist nur der Platz auf der Bank.

In seinen Einsätzen als Joker konnte er sich jedoch kaum in Szene setzen. Ein Kienast in Normalform ist Sturm im wenig souveränen ersten Saison-Viertel jedoch definitiv abgegangen, und das nicht nur wegen seiner Qualitäten als Vollstrecker. Auch seine Fähigkeit, den Ball zu halten, mitzuspielen und die Kollegen in Szene zu setzen, fehlte dem Grazer Offensivspiel.

Als Stürmer ist es immer ein bisschen kompliziert“

Der Blondschopf selbst feilte indessen an seiner eigenen Verfassung. Ob es mit seiner Erfahrung leichter sei, während eines persönlichen Tiefs die Ruhe zu bewahren?

„Es bleibt dir eh nichts anderes übrig. Man muss sich das im Training wieder erarbeiten und schauen, das man dort die Chancen reinmacht. So kann man sich wieder Selbstvertrauen holen.“

Lachender Nachsatz: „Das ist als Stürmer immer ein bisschen kompliziert. Aber wenn es geht, dann geht’s.“

Haben Angreifer einen Lauf, sind sie kaum zu stoppen. Tritt der gegenteilige Trend ein, wird es ungemütlich. Die Leidenszeit des Goalgetters blieb so gesehen natürlich auch bei den Kollegen nicht unbemerkt. „Sicher spürt man das“, betonte Michael Madl.

Er hat sich zu viel Druck gemacht“

Für den Kapitän wurde der Stürmer phasenweise ein Opfer seines Ehrgeizes: „Roman ist einfach ein harter Arbeiter. Indem er noch mehr gearbeitet hat, ist er, glaube ich, ein bisschen verkrampft und hat sich zu viel Druck gemacht. Wir haben ihm immer gesagt, dass sein Tor früher oder später kommen wird. Diesmal war es das Siegestor. Seine Qualitäten sind ja unbestritten, das hat er schon oft genug bewiesen. Ich mag ihn am Platz sehr gerne, aber auch außerhalb, deshalb freut es mich natürlich riesig für Roman. Ich bin mir auch sicher, dass er noch einige Tore folgen lässt.“

„Für Roman war das nach seiner Verletzung wichtig“, meinte auch Trainer Franco Foda, „ihm gibt das sicher Selbstvertrauen.“

Für den Kopf war dieses Tor definitiv eine Befreiung. Zudem helfen die vermehrten Startelf-Einsätze, wieder in den Rhythmus zu kommen. „Ich bin jedoch immer noch nicht dort, wo ich sein will, aber es wird sicher besser“, sah Kienast zwar Fortschritte, aber immer noch Luft nach oben.

Wir werden jetzt nicht auf Wolke 7 schweben“

Eine Einschätzung, die man auch auf die komplette Mannschaft umlegen kann. Nach dem Erfolg gegen die Austria und den Kantersieg im Cup gegen Seekirchen setzte Sturm mit den drei Punkten gegen die Admira den Aufwärtstrend fort. Von einer neu entfachten Euphorie kann man jedoch auch nach einer erfolgreichen Arbeitswoche nicht sprechen.

Madl: „Wir haben nach den drei Niederlagen in Serie nicht die Nerven weggeschmissen und werden jetzt auch nicht auf Wolke 7 schweben. Wir wissen schon, dass das gegen die Admira auch nicht das Gelbe vom Ei war, vor allem erste Halbzeit war es nicht unser bestes Spiel. Wichtig sind die drei Punkte, aber uns ist bewusst, dass wir noch an einigem arbeiten müssen, um wirklich Konstanz reinzubringen.“

Als Beispiele führt der Innenverteidiger an, dass man gegen Kontrahenten wie die Südstädter noch stabiler stehen und weniger zulassen müsse und vor allem die Umschaltmöglichkeiten besser zu Ende spielen könnte.

Gegen die Niederösterreicher hat die Strategie jedoch weitestgehend funktioniert. „Wir wollten aus einer kompakten Defensive spielen und die Konter des Gegners vermeiden, weil die Admira da extrem gut ist Das haben wir über weite Strecken gut gemacht. Kämpferisch war die Mannschaft gut, spielerisch haben wir sicherlich noch Luft nach oben“, urteilte Foda.

Unser Stürmer ist wieder da“

Für Avdijaj revanchierte man sich in der Südstadt ein wenig für das Unvermögen in anderen Saison-Spielen: „Wir sind einfach wieder effektiver geworden. Ich denke, dass wir die gleiche Leistung gezeigt haben wie zu Beginn der Saison – nur mit dem gewissen Glück, das uns damals im Torabschluss gefehlt hat. Unser Stürmer ist auch wieder da und hat das entscheidende Tor geschossen.“

Admira Sturm
Ballbesitz 56,6% 43,4%
Zweikämpfe 52,5% 47,5%
Eckbälle 3 9
Torschüsse 10 15
Torschüsse außerhalb Strafraums 7 5
Torschüsse innerhalb Strafraums 3 10
Kopfballchancen 1 1
Abseits 5 3
Fouls 14 17

Gnadenloser Killerinstinkt wiederum war das Markenzeichen der Admira im so gelungenen ersten Viertel. Diese Leichtigkeit bei den wenigen Gelegenheiten vor dem gegnerischen Gehäuse ist dem Überraschungsteam ein wenig abhanden gekommen.

„Was uns von den ersten Runden unterscheidet, ist ganz einfach die Effizienz vor dem Tor. Das hat man auch gegen Sturm gesehen. Aber es war klar, dass wir nicht jeden Schuss bis zum Meisterschaftsende reinhauen werden. Das ist normal“, analysierte Co-Trainer Oliver Lederer.

Auch Christoph Schösswendter vermisste „die Zielstrebigkeit und Lockerheit, die uns in den ersten Wochen ausgezeichnet hat. Momentan probieren wir, es zu schön zu machen.“

Wir wissen nach wie vor, wo wir hingehören“

Spätestens nach dem Gegentor, als sich Sturm noch kompakter aufgestellt hat, sei es umso schwieriger geworden: „Dass es nicht unser Spiel ist, wenn der Gegner die Räume eng macht, haben wir gewusst.“

Drei der letzten vier Liga-Partien hat die Admira verloren – gegen Austria Wien, Rapid Wien und Sturm Graz jedoch gegen drei höher einzuschätzende Gegner.

„Wir wissen nach wie vor, wo wir hingehören“, stellte Schösswendter klar, „wir sind sensationell gestartet und haben super Ergebnisse eingefahren. Wir wissen jedoch auch, dass es nicht immer so sein kann, dass wir zwei, drei Spiele in Folge gewinnen. Das ist jetzt momentan einmal so. Aber es ist kein Genickbruch. Wir sind gut drauf, haben nach wie vor eine breite Brust und werden nächste Woche nach Mattersburg fahren, um zu gewinnen.“


Peter Altmann