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"Wenn man es zehn Mal spielt, ist es etwas anderes"

Sturm-Coach Franco Foda hatte sich etwas überlegt.

Nicht als erster Trainer gegen den FC Red Bull Salzburg, beginnend mit dem Reizwort FC Basel.

Auch der Deutsche wollte gegen die Mozartstädter das Abwehrzentrum stärken, postierte Anel Hadzic deutlich tiefer als gewohnt und kehrte mit dieser Dreierkette vom gewohnten System ab.

Eine Variante, mit der er zwar den Gegner überraschte, diesen jedoch nicht am 2:1-Sieg hindern konnte.

Sabitzer: „Sie waren es nicht gewohnt, Fünferkette zu spielen“

„Ohne dass ich den Gegner kritisieren will, aber sie waren es, glaube ich, nicht gewohnt, Fünferkette zu spielen. Deswegen hat die Abstimmung vielleicht auch nicht so gepasst“, vermutete Marcel Sabitzer.

Marco Djuricin glaubte: „Sie haben sich wahrscheinlich gedacht, gegen Altach haben wir verloren, die haben das gut gemacht. Aber für Sturm hat es diesmal nicht gereicht.“

Der Ex-Sturm-Angreifer und Torschütze erkundigte sich noch auf dem Spielfeld bei Lukas Spendlhofer: „Was ist mit euch los? Warum Fünferkette?“

Foda: „Wir wollten nicht Fünferkette spielen“

Ein Begriff, gegen den sich Foda entschieden wehrte: „Wir wollten nicht Fünferkette spielen. Wir wollten, dass unsere beiden Außenverteidiger relativ schnell rausrücken und Christian Schwegler und Benno Schmitz – eigentlich hatten wir ja mit Andreas Ulmer gerechnet – unter Druck setzen, weil Salzburg immer mit vier Spielern im Zentrum spielt. Das ist uns aber nur teilweise gelungen.“

Nicht das einzige Umsetzungsproblem der taktischen Variante. Vor allem Anel Hadzic agierte nicht so, wie es sich sein Coach vorgestellt hat – und damit ist nicht nur der schwere individuelle Fehler beim Führungstreffer Djuricins gemeint.

„Darüberhinaus wollten wir in Ballbesitz auf 4-3-3 umschalten. Das heißt, Anel sollte sich normal ins Mittelfeld schieben, um dort dann Überzahl zu erzielen und schnell das Spiel zu verlagern, weil Salzburg extrem zur Ballseite verschiebt. Das sind alles Dinge, die man dann zeitweise sieht, aber wenn der Druck des Gegners zu groß wird und in der zweiten Hälfte die Kräfte nachlassen, geht man automatisch zurück. Das ist leider Gottes so. Aber das ist genau das Schlechte im Fußball, wenn man zurückgeht, denn dann kommt der Gegner, gerade wenn er gut auf engem Raum kombinieren kann, zu Torabschlüssen.“

Diese Möglichkeit gewährte man den „Bullen“ trotz geschlossenen Zentrums. 27 Mal nahm die Elf von Trainer Adi Hütter das Tor von Sturm ins Visier.

„Die Variante hätten wir nicht so schlecht gefunden“

Die Heatmaps von LAOLA1 verdeutlichen gerade am Beispiel von Hadzic den Unterschied zum gewohnten Konzept recht gut, wenn man als Vergleich die letzten beiden Siege gegen den Wolfsberger AC (siehe Grafik links) und Grödig (siehe Grafik Mitte) hernimmt.

 

Sicherlich muss man die höhere Klasse von Salzburg einrechnen, aber in Wals-Siezenheim wagte sich der bosnische Teamspieler kaum in die gegnerische Hälfte und kam auch nur auf bescheidene 37 Ballkontakte. So viel zum Plan, in Ballbesitz ins Mittelfeld nach vorne zu schieben.

Trotzdem strich Foda hervor, dass Sturm das Spiel 75 Minuten lang offen gehalten habe. Seine Schützlinge beurteilten ihre Umsetzung des Spielkonzepts differenziert. Während die Gegentreffer aus einem individuellen Fehler und einem abgefälschten Schuss resultierten, bemängelten sie das eigene Spiel nach vorne und die hohe Anzahl an Salzburger Chancen.

„Die Variante hätten wir eigentlich nicht so schlecht gefunden, weil wir wissen, dass die Salzburger vorne extreme Qualität haben, spielerisch sehr stark sind und viel durchs Zentrum spielen. Deswegen wollten wir das Zentrum zu machen. Das ist uns erste Halbzeit besser gelungen als in der zweiten. Da konnten sie zu leicht durchkombinieren“,  monierte Torschütze Simon Piesinger

„27 Torschüsse können wir so nicht stehen lassen“

Spendlhofer ergänzte: „Salzburg kommt mit den vier offensiven Spielern oft auf das Zentrum. Wir wollten dort mit der Dreierkette eine Überzahl haben, plus den zwei Außen wollten wir variabel auf Fünf umstellen können. Mit Viererkette und den zwei äußeren Mittelfeldspielern wären es Sechs gewesen, das wäre offensiv gar nichts mehr. Leider hat uns so oft der Umschaltspieler gefehlt. Aber ich denke, im Vergleich zu anderen Spielen ist uns das im Zentrum mit dieser taktischen Ausrichtung besser gelungen.“

Wobei Salzburg eben reagierte und es diesmal mehr als sonst üblich über die Seite probierte. Die Anzahl der Chancen war dem Innenverteidiger jedenfalls ein Dorn im Auge: „Viele Torschüsse waren aus der Distanz, richtige Topchancen gab es nicht so viele. Aber ganz klar, 27 sind viel zu viel. Das können wir so nicht stehen lassen.“

Sabitzers Eindruck, dass sich die Sturm-Spieler in diesem System nicht wohl fühlten, will Spendlhofer so nicht stehen lassen. Dass es eine Gewohnheitssache sei, unterschreibt er: „Es hat nicht immer eines ins andere gegriffen, aber jeder hat gewusst, was er tun soll. Die Botschaft des Trainers, wie wir es anlegen müssen, war klar, da gab es überhaupt kein Problem. Aber sicher, wenn man es zehn Mal spielt, ist es etwas anderes.“

„Hätten selbst viel mehr ins Spiel investieren müssen“

Variabilität schadet im Fußball nie, deswegen will die Inter-Leihgabe weitere Versuche nicht ausschließen: „Es hat trotzdem nicht so schlecht funktioniert, wie es die Torschüsse sagen. Wenn man variabel ist, ist das nie schlecht. Dann kann man sich auf jeden Gegner einstellen, und ich denke, auf Salzburg muss man sich ein bisschen einstellen.“

Die eine oder andere Chance, den Lucky Punch zu setzen, fanden die Grazer vor. Alles in allem ärgerten sie sich jedoch über ihre offensive Performance.

„Wir haben uns zu sehr auf das Verteidigen konzentriert, hätten selbst viel mehr ins Spiel investieren müssen“, kritisierte Piesinger. Michael Madl meinte: „Das hat leider nur in manchen Phasen gut ausgeschaut. Wir hätten uns gewünscht, dass wir unsere Konterchancen besser zu Ende spielen, mehr Ballbesitz haben.“

„Hätte nicht gedacht, dass solche Torjäger-Qualitäten habe“

Dieses Duo war es auch, das beim Ausgleich für das einzige zählbare Ausrufezeichen in der Offensive verantwortlich war. Piesinger glänzte erneut als Goalgetter und entwickelt sich daher immer mehr zum Mann der Stunde bei Sturm.

„Ich hätte mir selbst nicht gedacht, dass ich solche Torjäger-Qualitäten habe. Aber am meisten freue ich mich, wenn ich ein Tor mache und wir gewinnen“, konnte sich der 22-Jährige über sein fünftes Saisontor nicht so recht freuen.

Nach drei Siegen in Folge bedeutet die Niederlage natürlich einen Rückschlag im Kampf um das zweite CL-Quali-Ticket, wie Roman Kienast verdeutlichte: „Wir wollen um Platz zwei mitspielen, natürlich ist das jetzt ein bisschen ein Dämpfer. Aber wir wussten, wir spielen gegen die stärkste Mannschaft in Österreich.“

Am kommenden Wochenende folgt das Kontrastprogramm, wenn mit der Admira das Schlusslicht in Graz-Liebenau gastiert – und Sturm tendenziell wieder mit der gewohnten Spielanlage agiert.

Peter Altmann/Bernhard Kastler