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"Bitter, wenn du so ein blödes Tor kriegst"

Allzu viele unzufriedene Gesichter waren am Tivoli nach Schlusspfiff nicht zu finden. Die Frage nach dem unglücklichsten Akteur ist daher leicht beantwortet.

„Das bin natürlich ich“, ärgerte sich Christian Schilling, „dieses Eigentor darf nie und nimmer passieren. Wir waren klar die bessere Mannschaft und aus dem Nichts macht Sturm das 2:2. Nichtsdestotrotz: Unsere Leistung hat gestimmt und das stimmt mich positiv für die kommenden Aufgaben.“

Ausgerechnet der gebürtige Grazer verhalf mit seinem Lapsus nach einem Freistoß von Daniel Offenbacher Sturm Graz zu einem glücklichen Punkt bei Wacker Innsbruck.

„Blöd für ihn“

Ein Zähler, den die Steirer nach den jüngsten Reisestrapazen – erst nach Island, dann nach Innsbruck – gerne mitnahmen. „Die Erleichterung ist natürlich groß. Wir haben über 90 Minuten hervorragend gekämpft“, betonte Christian Gratzei.

Vor allem der Keeper durfte über den späten Ausgleich aufatmen, denn beim 2:1-Führungstreffer des FC Wacker machte Sturms Neo-Kapitän eine unglückliche Figur, als er einen Freistoß-Hammer von Roman Wallner passieren ließ.

Dass der Ball flatterte, ließ er nicht als Entschuldigung gelten: „Das war aus meiner Sicht so, aber natürlich muss man trotzdem schauen, die Hände irgendwie so hinzukriegen, dass man den Ball über die Latte oder auf die Seite wehrt. Diesmal war einfach Roman der Glücklichere.“

„Der Ball hat sich schön weggedreht. Blöd für ihn“, grinste Wallner nach dem Sieg im „Privatduell“ mit Gratzei, „ich wollte eigentlich über die Mauer heben. Aber dadurch, dass er in der Mitte sehr gut gestanden ist, habe ich mir gedacht, jetzt haue ich drauf.“

Ereignisreiche Schlussphase

Letztlich die goldrichtige Entscheidung und ein Höhepunkt einer ereignisreichen Schlussphase vor 7324 Zuschauern, die vor allem von der Heimmannschaft verwöhnt wurden.

Nachdem Sturm in Minute 60 durch Imre Szabics aus einem Konter in Führung gegangen war, sorgten Joker Stjepan Vuleta (81.) und eben Wallner (86.) vermeintlich für die Wende.

„Natürlich ist es bitter, wenn man das Spiel dreht, die Stimmung super ist und dann kriegst du so ein blödes Tor, aber das kann immer wieder passieren“, ärgerte sich Wallner, dass das Blackout in Minute 89 zwei Punkte kostete.

Grundsätzlich überwog jedoch auch beim routinierten Stürmer das Positive. Denn in einer Form wie gegen Sturm sollten die Innsbrucker in dieser Saison nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben.

„Brutal schwer, weil Innsbruck sehr gut gepresst hat“

„Wir können jetzt befreiter aufspielen, weil wir nicht mehr den Druck haben, dass wir kein Match verlieren dürfen, weil es sonst aus ist. Wir können zwar nicht mit einer zu großen Lockerheit, aber entspannter in die Spiele gehen. Ich glaube, das sieht man auch“, verdeutlichte Wallner, welch schwere Last ihm und seinen Kollegen von den Schultern fiel.

So konnte Wacker das Konzept von Trainer Roland Kirchler, der wegen seiner Sperre von Co-Trainer Florian Klausner vertreten wurde, durchziehen, Sturm mit aggressiven Pressing unter Druck setzen und dabei vor allem die numerische Überzahl im Mittelfeld geschickt nutzen. 19:4 lautete letztlich die Torschussbilanz für die Hausherren.

„Es war brutal schwer, weil Innsbruck sehr gut gepresst hat“, fand Gratzei und zeigte Verständnis, dass Sturms Feldspielern im Spiel nach vorne nicht allzu viel gelingen wollte: „Aber wenn man aus vier Torchancen zwei Tore macht, waren wir zumindest sehr effektiv.“

„Dass wir noch viel zu tun haben, steht außer Frage“

Dass die Steirer zwar defensiv wesentlich kompakter stehen, aber in der Offensive Probleme haben, Torszenen zu kreieren, ist eine Erkenntnis der noch jungen Spielzeit.

Für Michael Madl ist es ein logischer Prozess, nach dem verkorksten Frühjahr als ersten Schritt die Defensive zu stabilisieren. „Wir haben wieder ein bisschen zu wenige Torchancen kreiert, obwohl das besser geworden ist. Hinten sind wir ganz kompakt gestanden. Dass wir noch viel zu tun haben, steht aber außer Frage“, erklärte der Innenverteidiger.

Trainer Darko Milanic darf sich in seiner Einschätzung, dass es noch ein wenig dauern wird, bis seine Mannschaft seine Spielanlage intus hat, bestätigt sehen. Umso wichtiger war es dem Slowenen, dass dieser Punkt mit großer Moral erkämpft wurde.

„Froh, dass wir Sturm in der ersten Runde erwischt haben“

„Die Mannschaft hat Charakter gezeigt. Ein Tor in letzter Minute ist sehr wichtig für meine Spieler. Fußball ist nicht immer ein schönes Spiel“, dozierte der 45-Jährige.

Bis Sturm wieder schöneren Fußball fürs Auge zeigt, kann es also noch ein wenig dauern. Für Kirchler ist dies jedoch nur eine Frage der Zeit.

„Ich bin froh, dass wir Sturm in der ersten Runde und nicht in der neunten erwischt haben“, meinte der Wacker-Coach, „denn ich glaube, dass diese Mannschaft, wenn sie länger zusammenspielt und unter Darko trainiert, auf alle Fälle unter den Top 3 steht und vielleicht sogar ganz vorne mitspielen kann. Red Bull Salzburg wird heuer dominieren, aber Sturm hat Potenzial.“

Peter Altmann

Wacker Sturm
Torschüsse Wallner 7 Madl 2
Torschuss-Vorlagen Hinterseer 5 Beric 2
Ballkontakte Schilling 79 Todorovski 60
Zweikampfquote Schilling 73,1 % (19/7) Madl 73,9 % (17/6)
Passqoute Schütez 100 % (18/0) Beric 90,9 % (10/1)