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"Es können nicht alle Freunde sein"

Fakt ist, dass so mancher Austria-Fan Roman Kienast aufgrund seiner Rapid-Vergangenheit durchaus kritisch beäugt.

Doch am Sonntag-Nachmittag hat der Stürmer mit Sicherheit einige violette Herzen für sich gewonnen. Sein Doppelpack im 302. Wiener Derby war maßgeblich für den 3:0-Erfolg der Veilchen.

Erstmals in der neuen Saison von Beginn an dabei, wusste der Blondschopf zu überzeugen.

Seine Teamkollegen nehmen das mit mehr als nur Wohlwollen zur Kenntnis. „Ich habe mich so für ihn gefreut“, strahlt Manuel Ortlechner.

Keine einfache Zeit

Der FAK-Kapitän weiß, dass der 28-Jährige keine einfache Zeit hinter sich hat. Eine Verletzung am Sprunggelenk sorgte bereits gegen Ende des Frühjahrs für Probleme, er musste im Sommer operiert werden und hatte auch Folgen für die Vorbereitung auf die aktuelle Spielzeit.

„Roman hat hart daran gearbeitet, wieder zurück zu kommen. Diesmal hat er sich den Lohn abgeholt. Beim Derby war für ihn Erntezeit“, lacht Ortlechner.

Aufgrund seines Trainingsrückstands war der Angreifer auch für die Startaufstellungen der ersten beiden Ligapartien kein Thema. Selbst nach dem Derby gesteht Kienast: „Mir fehlt noch ein bisschen der Saft für 90 Minuten.“

Weil das Training zählt

Doch er konnte Trainer Peter Stöger davon überzeugen, im Duell mit dem Erzrivalen auf ihn zu setzen. Ortlechner bestätigt: „Er hat die ganze Woche schon im Training aufgezeigt.“ Auch im Test gegen Mainz 05 lieferte Kienast eine starke Vorstellung ab.

„Spieler müssen das Gefühl haben, dass Trainingsleistungen und Testspiele Sinn haben. In diesem Fall war es so, dass Roman eine Tendenz, die nach oben geht, gezeigt hat“, begründet Stöger seine Entscheidung. Er sollte sie nicht bereuen.

Rapid? Egal!

„Keine Frage, dass ich mich irrsinnig über diese Tore gefreut habe“, grinst der Doppelpack-Schütze. Aber nicht, weil er sie gegen seinen früheren Arbeitgeber erzielt hat. „Das ist schon so lange her“, winkt der elffache Internationale ab.

Er ergänzt: „Ich bin ein Stürmer. Und ein Stürmer wird an Toren gemessen. Gegen wen ich treffe, ist mir egal.“

Dass er von den Rapid-Fans während des Spiels mehrfach beschimpft wurde, lässt Kienast kalt: „Ich habe das nur am Rande mitbekommen. Das ist unser Beruf. Und so ist es im Fußball eben. Es können nicht alle Freunde sein.“

„Einer der besten Stürmer in Österreich“

Tomas Simkovic und er aber schon. Die beiden teilen sich bei Austrias Auswärtsspielen stets ein Zimmer. „Wir verstehen uns super. Deshalb freue ich mich, dass auch er ein Tor gemacht hat“, sagt Kienast.

„Simko“ streut dem Stürmer Rosen: „Jetzt wissen wieder alle, was er kann. Für mich ist er einer der besten Stürmer in Österreich.“

Der Mittelfeldspieler spricht sich auch dafür aus, dass der Derby-Matchwinner in der Startelf bleibt: „Es ist einfacher mit ihm zu spielen. Er lässt die Bälle gerne prallen und fordert sie auch sehr oft. Außerdem ist er mehr im Spiel.“

Linz nicht abgeschrieben

Schwere Zeiten für Roland Linz, der diesmal Platz machen musste. Der Vergleich der bisherigen Vorstellungen fällt für den Steirer nicht gerade positiv aus. Während er in 120 Minuten 32 Ballkontakte, einen Torschuss und drei Torschussvorlagen aufweist, sind es bei Kienast in 90 Minuten 41 Ballkontakte, sechs Torschüsse und zwei Torschussvorlagen.

Doch Stöger schreibt Linz nicht ab: „Er hat ein bisschen unglücklich gespielt. Das heißt nicht, dass es für ihn keine Chance mehr gibt, wieder in die Mannschaft zu kommen.“

Wenn Kienast weiterhin derartige Leistungen bringt, dürfte das aber nicht allzu bald passieren.


Harald Prantl/Alexander Karper/Martin Wechtl