news

"Ich würde meine Karriere gerne in Salzburg beenden"

Ja, wenn es ginge, würde Ibrahim Sekagya das Jahr 2011 gerne aus seinem Gedächtnis streichen.

Sportlich war es äußerst durchwachsen, aber das hätte er verkraften können.

Seine privaten Probleme hingegen, die konnte der 31-Jährige nur schwer verkraften.

Sekagya musste mitansehen, wie seine Mutter im Sommer den Kampf gegen ihre schwere Krankheit verlor, gegen den Krebs letztlich keine Chance hatte.

Davor sah er sich auch noch mit rassistischen Beleidungen von Wacker-Profi Inaki Bea konfrontiert.

Im LAOLA1-Interview spricht das "Salzburg-Urgestein" erstmals über sein schwerstes Jahr, die Vorwürfe an Bea und sagt, wie es sich anfühlt, der "älteste Bulle" zu sein.

LAOLA1: Ibrahim, die Vorbereitung ist in vollem Gange und mit Soriano und Cristiano sind zwei neue Spieler bei Salzburg. Wie ist dein Eindruck von ihnen?

Ibrahim Sekagya: Wir hatten noch nicht so viele Vorbereitungsspiele, aber sie machen einen guten Eindruck. Soriano kommt von einem großen Klub, daher können wir uns sehr auf ihn freuen. Auch Cristiano ist ein hervorragender Fußballer.

LAOLA1: Bei Salzburg sind nun 28 Spieler im Kader. Ist das nicht zu viel?

Sekagya: Das kann ich nicht beantworten. Ich bin nicht der, der die Spieler verpflichtet. Aber der Trainer hat alles im Griff. Er weiß, was unserem Kader gut tut. Außerdem belebt die Konkurrenz das Geschäft.

LAOLA1: Die Hinrunde verlief für Salzburg äußerst kurios. Nach einem guten Start hattet ihr eine sieglose Serie von sieben Spielen. Was war im Herbst los?

Sekagya: Es war tatsächlich ein kurioser Herbst. Wir haben auch in diesen sieben Spielen alles versucht, aber es hat einfach nicht geklappt. Positiv war, dass wir uns als Mannschaft wieder zurückgekämpft und die Hinrunde noch als Dritter abgeschlossen haben.

LAOLA1: Wie kann es sein, dass ein Klub wie Salzburg sieben Spiele sieglos bleibt und 0:3 in Mattersburg verliert?

Sekagya: So etwas ist in der Geschichte von Red Bull noch nie passiert – wir konnten es selbst kaum glauben. Aber das ist schon wieder Vergangenheit. Wir sollten nicht zurück, sondern nach vorne blicken. Wir können noch drei Bewerbe gewinnen – und das zählt.

LAOLA1: Für dich persönlich war es ein sehr schweres Jahr. Wie siehst du 2011 in der Retrospektive?

LAOLA1: Du hattest nicht nur den Tod deiner Mutter, sondern auch etwas anderes zu verkraften. Inaki Bea soll dich im Westderby rassistisch beleidigt haben. Was ist da genau vorgefallen?

Sekagya: Er hat sehr schlimme Sachen zu mir gesagt. Ich habe dann für meine Tätlichkeit drei Spiele Sperre bekommen, er dagegen ist so davon gekommen. Die Liga hat gesagt, es gäbe keine Zeugen für meine Behauptungen. Aber man sieht auf der ganzen Welt, dass solche Dinge immer wieder vorkommen. Überall werden diese Spieler bestraft, hier in Österreich offenbar nicht.

LAOLA1: Hast du danach je mit Inaki gesprochen?

Sekagya: Nein, ich konnte nicht mit ihm reden, da er ja behauptete, nichts gesagt zu haben. Ich habe versucht, diesen Vorfall zu vergessen und weiter zu gehen.

LAOLA1: Was hat er genau gesagt?

Sekagya: Er hat etwas über meine Herkunft und Hautfarbe gesagt. Leider gab es keine Zeugen, aber ich weiß, was er gesagt hat. Ich habe ja nicht grundlos so reagiert. Dafür habe ich auch meine Strafe bekommen, ich bin drei Spiele gesessen. Er ist jedoch ohne Strafe davon gekommen.

LAOLA1: War das das erste Mal, dass du mit rassistischen Beleidigungen konfrontiert wurdest?

Sekagya: Auf dem Platz schon. Schmährufe von den Fans gibt es immer wieder. Das habe ich auch in Argentinien erlebt. Aber von einem Spieler bin ich noch nie beschimpft worden.

LAOLA1: Ist dieser „Trash Talk“ am Feld schon Teil des Geschäfts?

Sekagya: Natürlich gibt es immer wieder Beschimpfungen zwischen den Spielern. Aber das hatte eine andere Dimension. Ich konnte das nicht einfach so hinnehmen. Es war eine sehr schwere Zeit für mich. Meine Mutter lag im Sterben, darum war alles noch emotionaler.

LAOLA1: Vor zwei Jahren hast du als einer der besten Verteidiger der Liga gegolten. Was ist seitdem passiert?

Sekagya: Ich will nicht, dass das wie eine Ausrede klingt: Aber durch meine privaten Probleme konnte ich mich nicht mehr auf das Sportliche konzentrieren. Ich habe auch mit keinem außer meiner Familie darüber gesprochen. Ich bin nicht der Typ, der viel über sich redet.

Sekagya: 2011 war mein schlimmstes Jahr. Ich habe meine Mutter verloren. Sie ist an Krebs gestorben. Ich habe zwar versucht, mich zurück zu kämpfen, aber es war nicht einfach. Ich konnte es nicht ausblenden. Dann sind auch noch Verletzungen hinzugekommen.

LAOLA1: Wie schwierig war es für dich, wieder in den Alltag zurück zu kehren?

Sekagya: Ich hatte zum Glück den ganzen Verein hinter mir. Alle haben mir geholfen. Natürlich kannst du so einen Schicksalsschlag nicht einfach vergessen, aber es war Gottes Wille. So etwas passiert auf der ganzen Welt.

LAOLA1: Früher warst du als Kapitän unumstritten in der Innenverteidigung. Nun wird es mit einem Stammplatz eng.

Sekagya: Das stimmt, aber im Fußball kann es nicht immer nach oben gehen. Ich werde im Training weiter alles geben, den Rest entscheidet der Trainer. Bei uns kann sich keiner sicher sein.

LAOLA1: Du bist seit 2007 im Verein und mit Christoph Leitgeb der längstdienende Salzburg-Spieler. Wie siehst du die letzten Jahre?

Sekagya: Es ist schon eigenartig, dass wir nur mehr zwei Spieler von damals sind. Wir vermissen jeden, der gegangen ist. Aber bei einem großen Klub wie Salzburg ist es normal, dass viele kommen und viele gehen.

LAOLA1: Ist das nicht eines der Hauptprobleme, dass bei Red Bull kaum Kontinuität herrscht?

Sekagya: Es steht mir nicht zu, das zu beurteilen. Das muss die Vereinsführung beantworten. Man muss den Spielern auch die Chance geben, zu einem anderen Klub zu gehen. Du kannst sie nicht aufhalten.

LAOLA1: Wie siehst du deine eigene Zukunft? Dein Vertrag läuft im Sommer 2013 aus.

Sekagya: So weit denke ich noch nicht vor. Mein nächstes Ziel ist, dass 2012 besser wird als das vergangene Jahr. Dann werden wir sehen, was mit meinem Vertrag ist. Ich möchte wieder so stark werden, wie ich schon einmal war. Die Fans sollen den Sekagya sehen, den sie aus den letzten Jahren gewohnt waren.

LAOLA1: Kannst du dir vorstellen, deine Karriere in Salzburg zu beenden?

Sekagya: Absolut. Wenn es möglich ist, würde ich meine Karriere gerne in Salzburg beenden. Viele Leute wollen es nicht so sehen, aber Red Bull ist ein guter Klub. Auch meiner Familie gefällt es in Salzburg sehr gut, das ist das Wichtigste.

Das Interview führte Kurt Vierthaler