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"Als Eigenbauspieler ist es bei jedem Klub schwierig"

Marco Meilinger weiß schon Bescheid, wie es in Wien läuft.

Lieber mal absurd früh wegfahren, wenn man quer durch die Stadt zum Training muss, um auf einen Stau vorbereitet zu sein.

Lieber ein wenig mehr Geduld mit den neuen Kollegen haben, wenn das Pressing mal wieder nicht wie geplant klappt.

Lieber die Spiele gewinnen, weil die Fans sonst unbequem werden können.

„Für mich war das neu. Ich habe das davor nur bei anderen Vereinen im Fernsehen gesehen. Es war eine komische Situation, vor den Fans, die sauer sind, zu stehen“, sagt der 23-Jährige im LAOLA1-Interview.

Der Austria-Neuzugang, der seit der dritten Runde einen Stammplatz hat, spricht zudem über die Probleme von Eigenbauspielern, unterschiedliche Drucksituationen in Wien und Salzburg sowie seine früheren Erfahrungen mit Trainer Gerald Baumgartner.

LAOLA1: Was war die wichtigste Lektion, die du in deinen ersten Wochen bei der Austria gelernt hast?

Marco Meilinger: Ich habe es davor noch nie so arg erlebt, wie es mit den Fans sein kann, wenn es einmal nicht so gut läuft. Klar, wenn du als Austria hinten drinnen stehst, sogar Letzter bist, geht das nicht. Aber wie das dann abläuft, war neu für mich.

LAOLA1: Was ist in dir vorgegangen, als euch die Fans damals beim Training besucht haben?

Meilinger: Für mich war das neu. Ich habe das davor nur bei anderen Vereinen im Fernsehen gesehen. Es war eine komische Situation, vor den Fans, die sauer sind, zu stehen. Als Spieler haben wir uns zu diesem Zeitpunkt ja selbst hinterfragt. Du gibst alles, aber es klappt einfach nicht. Für den Kopf ist das negativ. Aber jetzt sind wir ja wieder auf einem ganz guten Weg. Allgemein muss ich aber sagen, dass ich den Hut vor jenen Fans, die neben ihrer Arbeit so viel Zeit in den Verein, in Choreographien, und so weiter investieren, ziehe. Da ist es dann auch klar, dass sie angefressen sind, wenn es mal nicht so läuft.

LAOLA1: Ihr habt – gemeinsam mit Fan-Vertretern – auch das Vereinsmuseum besucht. Als Österreicher kennst du die Austria natürlich. Hast du trotzdem etwas mitnehmen können?

Meilinger: Das Museum ist wirklich schön gemacht. Für uns als Neuzugänge war die Führung gut. Wir wissen jetzt wirklich, welche Spieler früher mal für diesen Klub gespielt und welche Erfolge sie gefeiert haben. Da merkt man, für welchen Verein man da spielt.

LAOLA1: In den ersten Spielen hatte ich den Eindruck, es hat dich ein bisschen angezipft, wenn du draufgegangen bist und dann gemerkt hast, dass deine Hinterleute nicht mitgepresst haben, weshalb deine Meter praktisch umsonst waren.

Meilinger: (lacht) Ja, es war oft schwierig. Es ist ein aufwendiges System, dass eben nur funktioniert, wenn alle mitmachen. Jeder muss sich trauen, zu attackieren. Ein Beispiel ist Jens Stryger Larsen: Ich habe sehr oft versucht, ihm zu erklären, was er machen muss. Und mittlerweile verstehen wir uns richtig gut und werden von Spiel zu Spiel besser.

LAOLA1: Thema Fitness. Bist du jetzt fitter, als zu Salzburg-Zeiten?

Meilinger: In etwa gleich. Der Trainer ist ganz verbissen darauf, dass wir sehr fit sind. Weil wir das System ja sonst auch nicht spielen können. Ich merke persönlich aber, dass ich wieder im Spielrhythmus drinnen bin, was in Salzburg nicht so der Fall war. Es wird immer besser, ich kann schon 90 Minuten lang volle Power geben. Es stimmt schon, dass das Training wichtig ist, aber man braucht auch Spielpraxis. Ich habe es am Anfang hier in Wien gemerkt. Nach 90 Minuten in einem Vorbereitungsspiel habe ich schon ordentlich geschnauft und mir gedacht: ‚Was ist da eigentlich los? Ich habe ja immer mittrainiert und bin trotzdem fix und fertig.‘

LAOLA1: Ist der Druck bei einem Traditionsklub, wie die Austria einer ist, anders als bei Salzburg?

Meilinger: Ja, schon. Bei Salzburg musst du jedes Spiel gewinnen. Da ist der Druck vom Fußballerischen her da. Bei der Austria kommt der Druck vom Verein und von den Fans.

LAOLA1: Hat es dich überrascht, dass ihr als Mannschaft so lange gebraucht habt, um Gerald Baumgartners Spielidee zu verinnerlichen? Du kennst dieses Problem ja aus Salzburg schon.

Meilinger: Für mich war es unter Roger Schmidt am Anfang genauso schwer. Ich habe auch meine Zeit gebraucht. Es ist klar, dass eine Mannschaft ein bisschen Zeit benötigt, um das zu lernen. Der eine Spieler braucht etwas länger, der andere kapiert es schneller. Wobei eben wirklich jeder zu 100 Prozent draufpressen muss. Wenn einer stehen bleibt, entstehen Räume und Chancen für den Gegner. Man muss sich auf jeden seiner Mitspieler verlassen können. Das klappt auch immer besser.

LAOLA1: Man kann aber schon sagen, dass du durch deine Zeit in Salzburg einen Startvorteil hattest.

Meilinger: Ja, natürlich. Aber das bringt genau gar nichts, wenn deine Mitspieler das System noch nicht spielen können. Ich war es gewohnt, dass ich attackiere und nicht nach hinten schauen musste, weil die auch automatisch draufpressen.

"In Salzburg musst du zuschauen, wie immer neue Spieler gekauft werden"

LAOLA1: Was sehr schnell gegangen ist.

Meilinger: Gott sei Dank! Ich bin sehr zufrieden mit meinem Wechsel und fühle mich sehr wohl in Wien.

LAOLA1: Merkst du, dass du hier einen anderen Stellenwert hast als in Salzburg, wo du ein Eigenbauspieler warst?

Meilinger: Stimmt, als Eigenbauspieler ist es bei jedem Verein schwierig. Speziell in Salzburg, wenn du einfach nichts machen kannst und zuschauen musst, wie immer wieder neue Spieler gekauft werden. Nach meiner Zeit als Leihspieler in Ried, die sehr wichtig für mich war, hat Salzburg die Option auf mich gezogen. Ich hatte damals ein sehr positives Gespräch mit Roger Schmidt. Am Anfang hat es ganz gut geklappt. Nach der Systemumstellung, als Christoph Leitgeb wieder ins Mittelfeld gekommen ist, musste ich mich aber gegen Sadio Mane und Kevin Kampl durchsetzen. Da ist es schwierig, einen Stammplatz zu erobern. (lacht)

LAOLA1: Die Gewerkschaft hat unlängst eine Studie veröffentlicht, in der man sieht, wie viel bzw. wenig die Bundesliga-Kicker verdienen. Findest du das positiv, dass mit dem Vorurteil, ihr wärt alle Millionäre, aufgeräumt wird?

Meilinger: Es ist ein Wahnsinn, dass immer alle glauben, man sei Millionär, wenn man in der Bundesliga spielt. Wie die Zahlen beweisen, ist es nicht so. Vielleicht werden die „Scheiß Millionäre“-Rufe jetzt weniger. (grinst)

LAOLA1: Hast du dir in der Zeit vor deinem Durchbruch überlegt, was du machst, wenn es nicht klappt?

Meilinger: Nie! Ich wollte immer schon Fußballer werden und habe alles dafür gegeben. Ich habe immer Extraschichten eingelegt. Wenn du mich jetzt fragen würdest, was ich sonst gerne machen würde, könnte ich dir keine Antwort geben. Gott sei Dank hat es geklappt. Viele haben diesen Traum, aber es ist nicht so einfach. Da muss auch viel Glück dabei sein. Ich kenne viele Spieler, die im Nachwuchs richtig gut waren, den Sprung zu den Profis aber nicht geschafft haben. Ich bin glücklich und stolz drauf, dass es bei mir so reibungslos geklappt hat. Aber die Austria soll noch nicht das Ende der Fahnenstange sein, natürlich ist das Ausland auch mein Ziel, an dem ich hart arbeiten werde.

LAOLA1: Bist du aus einer Sportlerfamilie?

Meilinger: Mein Vater hat früher bei Austria Salzburg gespielt, bis er sich verletzt hat und aufhören musste. Mein kleiner Neffe fängt auch schon zum Kicken an. Und der Bruder meiner Freundin, Max Tittler, spielt bei den Ried-Amateuren. Auch der Vater meiner Freundin hat Fußball gespielt. Es sind also alle ziemlich fußballverrückt. Meine Eltern haben mich immer toll unterstützt. Sie haben sich jedes Training angeschaut, bei jedem Wetter. Ich habe ihnen einen großen Teil zu verdanken.

Das Gespräch führte Harald Prantl

LAOLA1: Du kennst den Trainer ja schon aus gemeinsamen Zeiten bei den Red Bull Juniors. Wie siehst du seine Entwicklung?

Meilinger: Er war damals zunächst Co-Trainer unter Niko Kovac und hat uns dann als Chefcoach übernommen. Er ist eigentlich immer noch so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Die Entwicklung, die er gemacht hat, ist sehr gut – über den Cupsieg mit Pasching, danach St. Pölten, bis zur Austria. Er weiß genau, wie er eine Mannschaft einstellen muss. Alle Teams, mit denen er gearbeitet hat, sind sehr gut dagestanden – speziell im Bereich Fitness. Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist klar.

LAOLA1: Hat ihn der Druck verändert? Bei der Austria ist das ja natürlich ganz anders als bei den Red Bull Juniors.

Meilinger: Es ist immer ein bisschen etwas anderes, wenn du unter Druck stehst. Aber er war zu uns im Training immer gleich und hat uns immer gesagt, dass wir ein Team mit viel Potenzial sind. Wir müssen es nur abrufen. Im Nachhinein hat sich das als richtig herausgestellt.

LAOLA1: Wann hast du in der vergangenen Saison die Erkenntnis, dass du Salzburg verlassen willst, gewonnen?

Meilinger: Wenn man die Chance in Salzburg kriegt, muss man sie nutzen. Wenn ich regelmäßig gespielt hätte, wäre ich auch nicht weggegangen. Aber es war eben nicht so. Und für mich als junger Spieler ist es wichtig, meine Spiele zu bekommen. In Salzburg habe ich gesehen, dass das schwierig wird. Ich wollte zu einem Spitzenklub in Österreich wechseln, um mich zeigen zu können. Mir war wichtig, dass ich mir hier einen Stammplatz erkämpfe.