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Goldbrich: "Wir werden in die Top vier kommen"

Goldbrich:

"Wir wollen Sturm sehen!"

Mit diesem Chant wollen die Anhänger der Schwarz-Weißen ihre Mannschaft in einem schlechten Spiel wachrütteln.

Das hat zuletzt nicht funktioniert. Beim 0:2 in Mattersburg blieb eine Reaktion des Teams aus. Sturm verlor zum dritten Mal in Folge, ist Siebenter der Tabelle.

Nicht nur wegen den jüngsten sportlichen Leistungen melden sich die Fanklubs vor dem Spiel gegen Austria Wien (16 Uhr im LAOLA1-Liveticker) zu Wort. 

Auch die Verantwortlichen sollen wachgerüttelt werden. Personalentscheidungen, Strukturen, das Thema Karriereplattform und nicht zuletzt Trainer Franco Foda stehen in der umfassenden Kritik (hier im Detail nachzulesen).

General Manager Gerhard Goldbrich widerspricht dieser im LAOLA1-Interview. "Ich würde die Situation nicht überbewerten", sagt der 48-Jährige, kann den Unmut des Anhangs aber nachvollziehen.

LAOLA1: Steht man derzeit zu Recht dort, wo man nach dem bisher Gezeigten hingehört, nämlich nicht auf einem internationalen Startplatz?

Gerhard Goldbrich: Nach den gezeigten Leistungen stehen wir zu weit hinten in der Tabelle, weil wir – mit Ausnahme vom Spiel in Mattersburg – sehr gute Spiele gemacht haben, aber nicht die nötigen Punkte. Die fehlen uns einfach. Es sind erst acht Runden gespielt. Wir werden uns schon wieder nach vorne orientieren.

LAOLA1: Was hat Sie an der Leistung in Mattersburg am meisten gestört?

Goldbrich: Es waren gute und schlechte Phasen dabei, wir haben unsere Chancen gehabt. Es war natürlich nicht zufriedenstellend, wenn du wieder einmal so einen kapitalen Fehler begehst, dadurch das 0:1 kassierst und danach nichts mehr entgegenzusetzen hast. Die letzten 20 Minuten haben wir nicht - wie schon so oft - Druck aufbauen können und alles gegeben. Das war für mich enttäuschend. Das haben wir mit den Jungs besprochen und jetzt kommt die Austria.

LAOLA1: War man taktisch vielleicht statisch? Defensiv offenbart man über die Außen Schwächen, dazu ist man offensiv derzeit nur auf die Fähigkeiten von Donis Avdijaj angewiesen.

Goldbrich: Das sehe ich nicht so. Man darf jetzt nicht alles auf dem Spiel in Mattersburg aufhängen. Wir haben in den meisten Spielen mehr Ballbesitz gehabt, gegen Salzburg sogar über 60 Prozent und 17:10 Torschüsse. Es liegt daran, dass wir nicht treffen.

LAOLA1: Wie erklären Sie sich die Probleme in der Defensive, speziell auf den Außenpositionen?

Goldbrich: Es ist bitter, wenn du einen Dauerbrenner wie den Christian Klem hast, einen Charalampos Lykogiannis aus Piräus holst und dann sind binnen einer Woche beide verletzt. Potzmann, den man für die rechte Außenbahn geholt hat, musste dann links spielen. Auch Spendlhofer hat auf der Außenposition gespielt. Mit fitten Stammverteidigern stehen wir anders außen, das ist klar.

LAOLA1: Martin Ehrenreich hat sich in Mattersburg nicht seinen ersten schweren Fehler in dieser Saison geleistet. Wie erklären Sie sich seine Vorstellungen?

Goldbrich: Möglicherweise ist es auch eine Kopfsache, aber so einem routinierten Spieler wie ihm dürfen solche Fehler nicht passieren. Es wäre aber ein großer Fehler, alles auf Martin Ehrenreich zu schieben. Er hat in Mattersburg aufgrund der Verletzung von Potzmann spielen müssen. Nur wegen ihm haben wir das Spiel nicht verloren. In so einer engen Begegnung tut so ein Eigenfehler aber doppelt weh.

Tanju Kayhan soll Sturms Außenbahn-Probleme beheben

LAOLA1: Mit der Verpflichtung von Tanju Kayhan hat man noch einmal reagiert. Was erwarten Sie von ihm?

Goldbrich: Er ist grundsätzlich körperlich gut drauf und hat im Frühjahr alle Spiele gemacht. Nach den Verletzungen hat sich uns eine Möglichkeit geboten - auf reiner Leistungsbasis. Wir sind sehr froh, dass auch er sich so entschieden hat und damit gegen finanziell lukrativere Angebote. Wenn man drei, vier Wochen kein Mannschaftstraining gehabt hat, ist es etwas anderes von der Belastung her. Aber er wird jetzt soweit sein.

LAOLA1: Es gibt gerade auf der Außenbahn auch Spieler, die vom Trainer komplett ignoriert werden. Zum Beispiel Naim Sharifi. Wie finden Sie das?

Goldbrich: Franco Foda ignoriert niemanden. Da klingt der Unterton der Absicht mit und dagegen muss ich mich verwehren. Jeder Trainer der Welt will seine besten Spieler aufstellen und im Kader haben.

LAOLA1: Das heißt es liegt in diesem Fall an mangelnder Leistung?

Goldbrich: Naim ist seit einer Woche am Innenband im Knie verletzt. Er ist ein Pechvogel. Irgendwie scheint es uns immer genau auf diesen Positionen zu erwischen. Das ist besonders bitter.

LAOLA1: Die Fangruppen der Nordkurve haben auf ihrer Website www.kollektiv1909.at eine Aussendung veröffentlicht, in der sie in mehreren Punkten den Verein kritisieren. Einer davon handelt von Sturm als Karriereplattform. Man bemängelt den Einsatz von hoffnungsvollen Talenten. Als Beispiel wird Sandi Lovric angeführt, der als Riesentalent gepriesen wurde, aber auch keine Rolle spielt. So wird man der Bezeichnung Karriereplattform nicht gerecht, oder?

Goldbrich: Franco Foda hat mit Sicherheit das richtige Auge und die richtige Hand für junge Spieler. Ein Florian Kainz zum Beispiel hat auch mit 17 Jahren bei ihm debütiert. Den Zeitpunkt, wann er soweit ist, bestimmt nur er. Ich kann mich nur wiederholen: Kein Trainer wird jemanden nicht spielen lassen, der besser wäre. Jung alleine ist auch nicht immer alles. Es gehört dazu, dass man sich reinarbeitet und zeigt, dass man soweit ist. Das gilt nicht nur für den Sandi, sondern für alle.

LAOLA1: Aber den Vorwurf können Sie nachvollziehen, oder? Lovric wurde mehrfach nicht als bloßes Talent sondern als Ausnahmespieler bezeichnet, um den sich bereits internationale Topklubs bemühen.

Goldbrich: Ich habe für 13- und 14-Jährige schon aus Köln, aus England oder aus Turin von Juventus Anfragen. Auch die großen Länder und Vereine schauen sich die internationalen Turniere und die Länderspiele an. Auch wenn er U17-Nationalteamspieler ist, heißt das noch nicht, dass er sofort in der ersten Liga spielt. Aber der Sandi wird schon noch kommen. Es ist unser Credo, dass wir unsere eigenen Spieler in die Kampfmannschaft bringen wollen. Wie gesagt, wann es soweit ist, entscheidet der Trainer.

LAOLA1: Die Aussendung der Fangruppen schließt damit, dass man gegen die Austria 19 Minuten und 09 Sekunden auf organisierten Support verzichten wird. Verstehen Sie den Unmut?

Goldbrich: Ich verstehe die Fans. Ich glaube, dass das auch auf das fehlende Aufbäumen der Mannschaft in den letzten Minuten in Mattersburg bezogen ist. Wir haben tolle Fans, die uns tagein, tagaus unterstützen. Wenn sie der Meinung sind, ein Zeichen setzen zu wollen, dann steht ihnen das auch zu.

LAOLA1: Im Durchschnitt kann man mit der Zuschauerbilanz nach den ersten vier Liga-Heimspielen wohl zufrieden sein - wenn auch zwei Topspiele gegen Rapid und Salzburg ausschlaggebend für mehr Besucher waren. Ist das Spiel gegen die Austria aber jetzt auch aus emotionaler Sicht eine Schnittpartie für den weiteren Verlauf der Saison?

Goldbrich: Ich würde die Situation nicht überbewerten, nur weil wir drei Spiele verloren haben. Im Fußball geht es relativ schnell. Vor vier Wochen waren wir Zweiter. Da haben schon sehr viele wieder vom Geheimfavoriten oder sonst etwas gesprochen. Spielerisch waren die Partien sehr gut. Die Punkte fehlen. Ich würde überhaupt nicht von einer Schnittpartie sprechen. Es kommt mit der Austria eine Mannschaft, die sehr gut drauf ist. Wir haben unsere spielerischen Qualitäten, jetzt müssen wir die Tore machen.

LAOLA1: Das heißt, man war Ihrer Meinung nach vor der Saison nicht ein bisschen zu übermütig mit diversen Aussagen?

Goldbrich: Wieso? Wir haben es realistisch gesehen und gesagt, dass wir in die Top vier wollen. Und wir werden auch in die Top vier kommen. Da mache ich mir keine Sorgen.

LAOLA1: Abschließend noch zum Dauerthema Stadion. Gibt es vonseiten der Stadt Graz irgendetwas Neues?

Goldbrich: Die 5,5 Millionen Euro sind abgesegnet. Dieses Geld wird investiert. Nach letzten Informationen hat der Bürgermeister einen zusätzlichen Sponsor aufgetrieben, sodass noch einmal etwa drei bis dreieinhalb Millionen ins Stadion fließen werden. In Summe sollen es also etwa 8,5 Millionen sein. Da geht es Schritt für Schritt. Es ist ein öffentliches Gebäude, da finden Ausschreibungen statt. Das dauert eine Zeit. Man kann auch nicht so viel im laufenden Betrieb machen, aber in der Winterpause sollen Dinge saniert, renoviert oder erneuert werden.

LAOLA1: Wie sehr nervt Sie diese Causa mittlerweile?

Goldbrich: Natürlich ist es nervig, weil es sich ewig zieht. Es ist auch für uns ein Kampf, um Verbesserungen zu erhalten. Aber jetzt ist es wenigstens einmal soweit, dass es losgeht.

 

Das Interview führte Andreas Terler