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"Man kann alles erreichen, wenn man daran glaubt"

„Ich bin erst 20, also trotzdem noch ein junger Spieler!“

Marco Djuricin ist schon so lange im Profigeschäft präsent, dass man beinahe vergessen könnte, dass er dem Teenager-Alter erst seit einem halben Jahr entwachsen ist.

Schon im zarten Fußballer-Alter von 17 Jahren zierten seine Jubelbilder die Titelseiten der Berliner Gazetten – ein Doppelpack beim Debüt für Hertha BSC ist auch eine dankbare Story. Der „Baby-Bomber“ war geboren.

Ein Höhenflug, der vielleicht zu früh kam, wie er mit dem Wissensstand von heute glaubt. Denn in den vergangenen Jahren lernte der Stürmer, teilweise verletzungsbedingt, auch die Schattenseiten kennen.

Missen will der Wiener all diese Erfahrungen jedoch keineswegs und sie nun bei seinem neuen Arbeitgeber Sturm Graz einbringen. Djuricin ist jedenfalls voller Tatendrang, wie er im LAOLA1-Interview unterstreicht.

LAOLA1: Marco, wie ist dein Wechsel nach Graz zustande gekommen?

Marco Djuricin: Wir hatten schon vor cirka fünf Wochen Kontakt. Es war damals jedoch schwierig, weil nicht sicher war, ob Markus Schopp Trainer bleibt oder nicht. Danach herrschte kurze Zeit Funkstille. Als Herr Milanic Trainer wurde, hat Sturm weiterhin Interesse bekundet. In dieser Woche wurde es dann konkreter, auch mit der Hertha hat alles gepasst. Jetzt bin ich bei Sturm.

LAOLA1: Wie froh bist du über den Tapetenwechsel?

Djuricin: Ich freue mich, dass ich zurück in Österreich bin. Hier muss ich mich neu beweisen. Ich bin topmotiviert, freue mich auf die Herausforderung und hoffe, dass ich dem Team helfen kann.

LAOLA1: Du bist in der abgelaufenen Saison mit Regensburg abgestiegen. Einerseits hast du Einsatzzeit bekommen (16 Spiele, 3 Tore), andererseits durch erneutes Verletzungspech einige Spiele verpasst. Wie fällt dein Resümee aus?

Djuricin: Was mir mit der Zehe passiert ist, war ein Wahnsinn – das passiert ein Mal in fünf Jahren, und mir ist es natürlich wieder einmal passiert. Es ist schwer zu erklären: Die Zehe selbst war nicht gebrochen, sondern das Sesambein – ein kleines Stück, das die Sehne zum Bewegen braucht. Das ist vielleicht einen oder zwei Millimeter groß, davon musste die Hälfte entfernt werden. Es war ein komisches Gefühl: Die Zehe schaut nach oben, als ob sie aus dem Schuh rausbrechen würde (grinst).

LAOLA1: Ein Rückschlag, denn bis dahin hast du vergangenen Herbst meistens von Anfang an gespielt…

Djuricin: Ich habe danach eh noch ein paar Spiele gemacht, aber ohne Verletzung hätte ich wahrscheinlich an die 30 Spiele bestritten. Das wäre natürlich besser gewesen. Aber das ist Vergangenheit, ich kann es ohnehin nicht ändern und hoffe, dass ich jetzt gesund bleibe.

Ein Bild aus der U17: Djuricin mit Alaba, rechts sein Sturm-Mitspieler Tobi Kainz

LAOLA1: Wenn es um eine mögliche Rückkehr nach Österreich ging, wurdest du in der Vergangenheit meist mit der Austria in Verbindung gebracht. Hat sie sich auch diesmal um dich bemüht?

Djuricin: Die Austria war auch ein Thema, aber bei Sturm haben sich Herr Goldbrich und Herr Milanic sehr um mich bemüht. Das war für mich das Wichtigste. Ich bin ein junger Spieler und will jetzt so viele Spiele wie möglich machen. Letztes Jahr war es durch die Verletzung in Ordnung, aber davor bei der Hertha habe ich nicht so viel Spielzeit bekommen – und Spielpraxis ist wirklich das Wichtigste. Das sehe ich immer wieder, wenn ich zum U21-Team komme. Wenn beispielsweise sogar ein Raphael Holzhauser keine Spielpraxis hat, sieht man gleich, dass er ganz anders spielt. Deshalb zählt für mich in erster Linie, dass ich spielen kann.

LAOLA1: Vom U21-Team kennst du zum Beispiel Florian Kainz oder Daniel Offenbacher, dazu Daniel Beichler aus der gemeinsamen Hertha-Zeit. Wie wichtig ist es, auf bekannte Gesichter zu treffen?

Djuricin (schmunzelt): Das ist auf alle Fälle gut – genau wie wieder einmal in der Heimat zu sein, da tue ich mir mit der Sprache ein bisschen leichter. Ich freue mich darauf – Daniel Beichler ist seit der Hertha-Zeit ein guter Freund von mir. Wir haben schon miteinander telefoniert. Mal schauen, was wir erreichen können.

LAOLA1: Du hast in Deutschland Höhen, aber auch Tiefen erlebt. Wie lehrreich war diese Zeit?

Djuricin: Disziplin, positives Denken – diese Jahre haben mir schon sehr geholfen. Ich hatte auch sehr viele Trainer, das war vielleicht nicht so gut für einen jungen Spieler. Aber ich konnte wirklich viel lernen. Das will ich jetzt alles mitnehmen und bei meiner neuen Mannschaft einbringen.

LAOLA1: Du warst bereits mit 17 damit konfrontiert, wie es sich anfühlt, in den Himmel gelobt zu werden. Nach deinem Doppelpack beim Hertha-Debüt wurdest du als „Baby-Bomber“ gefeiert. Wie blickst du auf diese Zeit zurück?

Djuricin: Wenn ich jetzt zurückblicke, denke ich, dass es im Endeffekt ein bisschen zu schnell war. Ich war erst 17, eine Woche davor habe ich noch in der U19 gespielt und dann auf einmal vor 60.000 Leuten. In Berlin gibt es eben viele Medien - elf oder zwölf Tageszeitungen, in denen du dann plötzlich stehst. Das werde ich nie vergessen, aber es war vielleicht zu früh.

LAOLA1: Du hast deine vielen Trainer erwähnt, darunter Markus Babbel, Michael Skibbe oder Otto Rehhagel…

Djuricin: …in Regenburg kam dann unter anderem noch Franciszek Smuda, der bei der EM Polens Teamchef war, dazu. Es waren schon viele Trainer, aber dennoch war es überall eine super Erfahrung. Ich bin erst 20, also trotzdem noch ein junger Spieler und will jetzt zeigen, was ich kann.

LAOLA1: Sturm hat eine schlechte Saison hinter sich. Inwiefern spürst du trotzdem Aufbruchstimmung?

Djuricin: Sturm hat mit Daniel Offenbacher, Anel Hadzic und Daniel Beichler super Transfers gemacht. Letztes Jahr war natürlich keine gute Saison von Sturm, aber zum Glück haben sie noch die Qualifikation für die Europa League erreicht. Vielleicht können wir dort etwas reißen. Wir sind eine junge Mannschaft, die viel erreichen will, und werden alle Gas geben. Dann werden wir schauen, was herauskommt.

LAOLA1: Welches Image verkörpert Sturm für dich in der Außenwirkung?

Djuricin: Ein sympathisches. Man denkt an Spieler wie Mario Haas oder Ivica Vastic, die früher dort gespielt haben und zu denen man aufgeschaut hat. Diese Spieler haben viel erreicht. Das will man natürlich auch erreichen und irgendwann ebenfalls mit Sturm in der Champions League spielen.

LAOLA1: Ein anderer guter Freund von dir ist auch David Alaba. Regensburg ist nicht allzu weit von München entfernt. Wie oft konntet ihr euch in den vergangenen Monaten sehen?

Djuricin: Natürlich hat man Kontakt, wir kennen uns schon lange. Wir haben uns ab und zu getroffen, aber jetzt zum Schluss war es natürlich stressig für ihn. Über David braucht man nicht viel zu sagen: Er ist unser bester Fußballer. Überragend, was er geschafft hat. Ich freue mich sehr für ihn.

LAOLA1: Inwiefern ist er ein Ansporn? Immerhin habt ihr euch schon in der Jugendzeit miteinander messen können.

Djuricin: Man kann alles erreichen, wenn man daran glaubt. David ist das beste Beispiel. Er ist fünf Minuten von mir entfernt aufgewachsen. Man sieht: Auch wenn man aus Aspern kommt, kann man die Champions League gewinnen. Aber es gehört auch viel Glück dazu, man muss am richtigen Ort sein. David hat alles richtig gemacht, der Schritt zu Bayern war super, und er hat auch viel Vertrauen bekommen. Inzwischen hat er fast alles gewonnen, was man gewinnen kann.

LAOLA1: Wie lange habt ihr in der Jugend zusammengespielt?

Djuricin: Ein Jahr in der U14 der Austria. Das war sowieso ein verrücktes Jahr, da wir gegen jeden Gegner 16:0 oder 20:0 gewonnen haben. Alaba, Christoph Knasmüllner oder Alexander Aschauer – das war ein super Jahrgang!

Das Gespräch führte Peter Altmann