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Entscheidung pro Ried im großen Familienbund

Entscheidung pro Ried im großen Familienbund

Fließendes Hochdeutsch – ein im Innviertel seltenes Gut.

Das soll keinesfalls abschätzig klingen.

Aber jeder, der in dieser oberösterreichischen Region schon einmal zugegen war, weiß, wie dort gesprochen wird – nämlich fast ausschließlich im Dialekt.

Bienvenue Basala-Mazana – der Name des Neuzugangs der SV Ried verrät schon, dass wir uns im Interview keine Wörter wie „Zü“ (Ziel) oder „Spui“ (Spiel) erwarten dürfen.

Was wir aber in der Folge zu hören bekommen, bestätigt die Aussage von Manager Stefan Reiter („Er kann von uns allen am besten Deutsch“) nicht nur – sie übertrumpft sie auf nie zu erwartende Weise.

Hochdeutsch in Perfektion, eine für einen 19-Jährigen unglaubliche Eloquenz – wir sind vom neuen Mann des 1. FC Köln sprachlich völlig hin und weg.

Noch nie im Kongo

„Ich spreche ganz normal Deutsch“, lächelt der Verteidiger und ist über unser Erstaunen etwas verblüfft.

Basala-Mazana hat kongolesische Wurzeln, ist in Bonn geboren, spielt seit 2004 beim 1. FC Köln und trägt den Spitznamen „Ben“.

Der U17-Europameister von 2009, der Teil der U19-Auswahl ist, war noch nie im Kongo – „nur“ in Nigeria, dank der U17-WM damals.

„Wir hatten früher nicht so viel Geld und sind eine Familie mit sieben Kindern. Die Flüge kosten 1000 Euro pro Kopf“, begründet der Rechtsverteidiger, der in Ried bislang die linke Seite beackert, die noch ausstehende Kongo-Reise.

„Aber diese wird bald in Angriff genommen“, gibt sich der junge Mann mit dem klingenden Namen, der mit zwei Kulturen und dreisprachig aufwuchs, kämpferisch - so auch im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Zwei Spiele sind absolviert, zwei Mal bist du in der Startelf gestanden. Es scheint, du hättest dich schon eingelebt.

Bienvenue Basala-Mazana: Ich fühle mich wohl in Ried. Die Mannschaft vereinfacht mir alles. Ich muss mich aber noch in das System einfinden. Ich spiele hier auf der linken Seite. Das habe ich in Köln zwar auch manchmal getan, aber das war ein anderes System. Ich hoffe, das 3-3-3-1 wird mir von Spiel zu Spiel vertrauter, und dass ich sehr bald sehr gut spielen kann. Aber die Mannschaft versucht mir eben überall zu helfen, auf dem Platz und außerhalb.

LAOLA1: Dem 1:1 gegen Sturm folgte das bittere 1:2 gegen die Austria samt Last-Minute-Gegentor. Bereit für Bröndby?

Basala-Mazana: Wir nehmen aus dem Austria-Match viel mit. Wir werden jeden Spieler genau analysieren und gegen Kopenhagen vieles besser machen. Wir haben in Wien in der ersten Halbzeit nicht ins Spiel hineingefunden. Wir müssen so spielen wie gegen Sturm, da waren wir die klar bessere Mannschaft. Wir müssen von Anfang an wach sein und das dann auch 90 Minuten lang durchhalten.

LAOLA1: Was sagst du bislang zum Niveau in Österreich?

Basala-Mazana: Es wird von vielen unterschätzt. Ich hab bis jetzt zwei Spiele gegen zwei der besten Mannschaften Österreichs gemacht und das ist, auf Deutsch gesagt, kein Bauernfußball. Da sind sehr gute Spieler dabei. Und das sieht man auch in unserer Mannschaft, dass nicht alles locker geht. Du musst auch hier, genauso wie in Deutschland, 100 Prozent geben. Ich habe in Deutschland in der Regionalliga gespielt, aber das ist hier was anderes als Regionalliga. Hier ist ein viel höheres, ein gutes Niveau.

LAOLA1: Hattest du vor etwas mehr als einem Monat eine Ahnung, wo oder was Ried ist?

Basala-Mazana: Nein. Es gab den Anruf von Sportdirektor Volker Finke, der mir sagte, es gäbe etwas Interessantes in Österreich – nämlich Ried. Ich kannte den Verein nicht, das wissen hier aber auch alle und sie nehmen es mir auch nicht übel, weil sie es vermutet hatten. Ich war dann eine Woche hier, habe es mir angekuckt und nach drei Tagen zu Hause bin ich wieder hier.

LAOLA1: Wie leicht oder schwer war die Entscheidungsfindung?

Basala-Mazana: Ich habe mit den Verantwortlichen von Ried und Köln sowie mit meiner Familie gesprochen. Wir sind dann zum Beschluss gekommen, dass ich nach Ried gehe. Trainer Paul Gludovatz hat mir drei Tage Bedenkzeit gegeben, das hat sich dann ein wenig verzögert.

LAOLA1: Wie sehr hast du gezögert?

Basala-Mazana: Es hing nicht davon ab, ob die Stadt gut ist oder mir die Leute gefallen. Wir haben einfach im Familienbund entschieden, was das Beste für meine Entwicklung wäre – nicht nur sportlich gesehen, sondern auch als Mensch. Es herrscht hier eine ganz andere Mentalität als in Köln. Die ganze Stadt ist familiärer, hier kennt fast jeder jeden. Wir hatten auch Angebote aus der zweiten deutschen Bundesliga, aber der FC-Sportdirektor, mein Berater, meine Familie und ich haben uns hierfür entschieden.

LAOLA1: Was erhoffst du dir durch diesen Wechsel?

Basala-Mazana: Ried hatte mit Herbstmeister- und Cupsieger-Titel eine sehr gute Saison. Jetzt besteht die Möglichkeit, hier Europa League zu spielen und das ist auch ein spezieller Grund, warum ich hierhergekommen bin. Ich habe mir dann auch die Mannschaft angesehen – vor allem in den drei Tagen Bedenkzeit – und mir gedacht, dass hier genügend Potenzial vorherrscht, um die Qualifikation zu schaffen. Für mich selbst erhoffe ich, dass ich mich sportlich und persönlich gut weiterentwickle sowie der Mannschaft weiterhelfen kann. Ich will Erfahrung und Spielpraxis in einer Profiliga sammeln. Hauptsache, Minuten machen!

LAOLA1: Die Saison ist noch jung: Auf welche deiner Stärken dürfen sich die Rieder Fans noch freuen?

Basala-Mazana: Das sollen lieber andere beurteilen. Ich versuche natürlich, die Leute mit meiner Spielart irgendwie zu beeindrucken und sie eben für Ried zu gewinnen. Ob das gelingt, könnt ihr in einem Monat selber beurteilen.

LAOLA1: Du wurdest bereits U17-Europameister und bist aktuell U19-Nationalspieler. Die Nachwuchs-Auswahlen sind wohl ein weiteres Ziel, die es weiter zu verfolgen gilt.

Basala-Mazana: Natürlich. Wenn man einen Titel gewonnen hat, will man dieses Gefühl öfters genießen. Ich hatte schon einmal das Glück und habe Hunger auf mehr – auch hier. Es wäre schön, wenn wir wieder Cupsieger werden würden. Ich will einfach Titel gewinnen und im Nationalteam dranbleiben.

LAOLA1: In Köln hattest du auch mit Nationalspieler zu tun. Wie war das Training?

Basala-Mazana: Es gibt in Köln viele gute Spieler, wir waren drei aus der Jugend, die in die erste Mannschaft hochgezogen wurden. Da herrscht natürlich eine viel größere Qualität vor. Da sind super Spieler von Pedro Geromel bis Lukas Podolski dabei, die im Training ihr Können auch unter Beweis stellen.

LAOLA1: Wie tickt Spaßvogel „Prinz Poldi“?

Basala-Mazana: Er ist ein super Kerl, der am Boden geblieben ist und uns jungen Spielern oft geholfen hat. Das gilt auch für die ganze Mannschaft, man muss alle Spieler loben. Es ist ein super Team.

LAOLA1: Und Thomas Häßler war dein Techniktrainer?

Basala-Mazana: Richtig. Er hat mit den jungen Spielern der ersten Mannschaft Einzeltraining gemacht. Wenn man als Jugendspieler raufkommt, muss man natürlich mehr machen als die Älteren. Ich kenne ihn seit der U15, er ist ein super Trainer, der das macht, was einem viel Spaß macht.

 

Das Gespräch führten Bernhard Kastler und Susanne Brunnmair