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"Erfahrung gemacht, ganz unten zu sein"

Wie ein Phönix aus der Asche.

Andreas Lukse galt vor knapp einem Jahrzehnt  als eines der größten Tormanntalente Österreichs.

Mit dem ÖFB-U20-Team erreichte er bei der WM 2007 in Kanada den vierten Platz, kam dabei in zwei Begegnungen zum Einsatz.

Neun Spiele durfte der Wiener bei seinem Stammverein Rapid absolvieren, ehe er 2009 an Sturm verliehen wurde.

Ohne einen Einsatz für die Grazer landete der mittlerweile 27-Jährige ein Jahr später bei der Vienna und im darauffolgenden Jahr sogar beim AMS.

„Da hat es Klick gemacht“, gesteht Lukse, der daraufhin seine Einstellung zum Sport änderte. Im Oktober 2011 gab Damir Canadi dem ehemalige Nachwuchs-Teamspieler „eine zweite Chance“, holte ihn zum FC Lustenau.

Seit 2014 sind die beiden auch beim SCR Altach wieder vereint. Der Aufsteiger sorgt aktuell in der Bundesliga für Furore, ist am Weg, sich für den Europacup zu qualifizieren. Mittendrin statt nur dabei: Andreas Lukse, der seit dem Frühjahrsstart Martin Kobras als Nummer eins abgelöst hat.

Im LAOLA1-Interview spricht Lukse über seine Situation in Altach, blickt in die Vergangenheit und gesteht Fehler ein.

LAOLA1: Bei euch in Altach scheint derzeit alles eitel Wonne zu sein. Spekuliert ihr schon ein bisschen mit einem Europacup-Startplatz?

Andreas Lukse: Ja natürlich. Wir haben uns intern als Mannschaft Ziele gesetzt – pro Quartal einen Punkteschnitt ausgemacht. Und da sind wir voll auf Kurs.

LAOLA1: Auch für dich persönlich ist alles eitel Wonne. Du spielst und das sehr gut.

Lukse: Diese Einsätze habe ich mir aber auch verdient. Ich habe zuletzt gute Leistungen bringen können. Auch die paar Partien im Herbst waren in Ordnung. Es läuft super.

LAOLA1: Ein Tormannwechsel findet in der Regel für einen längeren Zeitraum statt. Gehst du also davon aus, dass es dein Frühjahr werden wird?

Lukse: Man darf sich nie sicher sein bzw. darauf ausruhen. Aber der Trainer plant mit den Tormännern immer halbjährig. Deswegen gehe ich davon aus, dass ich bis Sommer durchspielen werde. Die Grundvoraussetzung ist natürlich, dass meine Leistungen passen.

LAOLA1: Hat sich dein Einser-Spot in der Vorbereitung herauskristallisiert, oder war das bereits vorab ausgemacht?

Lukse: Der Wechsel hätte schon im Herbst im letzten Match gegen Sturm stattfinden sollen. Leider habe ich mich im Abschlusstraining verletzt, als ich einen Ball draufbekommen und mir dadurch ein Schleudertrauma zugezogen habe. Im Winter hat es geheißen, dass es ein offener Kampf ist und jeder die gleichen Chancen besitzt. Kobi (Martin Kobras, Anm. d. Red.) und ich hatten beide eine gute Vorbereitung, aber ich habe ein bisschen mit einem Einsatz spekuliert, weil ich eben schon gegen Sturm spielen hätte sollen. Schlussendlich habe ich es eine Stunde vor dem Match gegen die Admira erfahren, dass ich die Nummer eins bin.

LAOLA1: Hat sich dadurch das Verhältnis zu Martin Kobras verändert?

Lukse: Wir verstehen uns gut, gehen sehr professionell miteinander um. Er wird wahrscheinlich nicht erfreut über die Entscheidung sein, aber das ist normal. Aber Unruhe zwischen uns beiden gibt es nicht.

LAOLA1: Als du 2011 vereinslos warst, holte dich Trainer Damir Canadi zum FC Lustenau, im vergangenen Jahr lotste er dich nach Altach. Habt ihr eine spezielle Beziehung bzw. ist er so etwas wie ein Ziehvater von dir?

Lukse: Ziehvater wäre übertrieben. Aber es war schon etwas Besonderes, dass er mich von der Arbeitslosigkeit zurück in den Profi-Fußball geholt hat. Dafür bin ich ihm sehr, sehr dankbar. Vor meiner Zeit in Lustenau habe ich ihn aber nicht so gekannt. Wir haben uns vor dem Lustenau-Engagement drei Mal getroffen und nach dem letzten Treffen sind wir am nächsten Tag gemeinsam nach Lustenau gefahren. Er hat mir aber auf jeden Fall eine zweite Chance ermöglicht.

LAOLA1: Ist es zugleich deine letzte Chance?

Lukse: Naja, ich bin in der Saison 2012/13 in Kapfenberg zum bester Torhüter der Liga gewählt worden. Schlimm war die Zeit nach Rapid, als ich bei Sturm und danach bei der Vienna war. Und ganz bitter war die Zeit beim AMS. Seitdem ich bei Lustenau unterschieben habe, ist es stetig bergauf gegangen. Das ist vier Jahre her. Ich habe in Lustenau meine Spiele gemacht – auch sehr erfolgreich im ersten halben Jahr, denn wir sind von Platz neun auf vier geklettert. Es war jedenfalls eine sehr lehreiche Zeit, auch wenn die Erste Liga nicht das Nonplusultra ist. Doch ich habe mich durchgekämpft. Lustenau war vielleicht meine letzte Chance. Doch jetzt in Altach kann ich zeigen, dass ich genug Potenzial für die Bundesliga habe. Das gelingt mir auch ganz gut.

LAOLA1: Das heißt, du bist jetzt wieder glücklich und zufrieden?

Lukse: Natürlich bin ich mit meiner aktuellen Situation zufrieden. Ich weiß aber auch, wie es hätte laufen können, wenn ich professioneller gewesen wäre und mehr Respekt vor meinem Beruf gehabt hätte. Aber es bringt nichts, in der Vergangenheit zu leben. Ich habe eine zweite Chance bekommen und die versuche ich zu nutzen.

LAOLA1: Apropos Professionalität: Hat es einen Zeitpunkt gegeben, wo es Klick gemacht hat?

Lukse: Klar. Und zwar in der Zeit beim AMS, als ich vereinslos und noch dazu verletzt war. Da macht man sich dann schon viele Gedanken: Soll ich in den Amateur-Bereich gehen und nebenbei einer Arbeit nachgehen? Da hat es dann auf jeden Fall Klick gemacht.

LAOLA1: Was hast du daraufhin geändert?

Lukse: Es reicht halt nicht, wenn man nur zum Training fährt, die Einheit abspult und sich danach nicht mehr mit Fußball beschäftigt. Es hört sich vielleicht blöd an, aber man muss schon danach leben – auch wenn kein Training ist. Du musst dich ab Montag auf das Spiel am Wochenende vorbereiten und nicht erst einen Tag vorher. Und man muss natürlich nach den Spielen gut regenerieren. Das habe ich als Teenager bzw. mit Anfang 20 nicht hinbekommen. Trainiert habe ich immer gut, doch jetzt gelingt es mir auch das ganze Drumherum in die richtige Richtung zu steuern.

LAOLA1: In deiner Zeit bei Rapid hat es also zu viel Ablenkung gegeben.

Lukse: Ja. Es ist nicht leicht, wenn du schon als 20-Jähriger gutes Geld verdienst und deine eigene Wohnung hast. In Wien lässt es sich noch dazu sehr gut leben. Und das habe ich auch in vollen Zügen genossen. Doch das kann man dann eben nicht gut mit dem Profi-Sport kombinieren.

LAOLA1: Wie sehr bereust du deine Fehler?

Lukse: Ich würde es sehr bereuen, wenn ich nicht mehr als Fußball-Profi tätig wäre. Das würde ich mehr sehr vorwerfen. Gott sei Dank habe ich jetzt die Möglichkeit, es besser zu machen. Und man kann sehr viel von Fehlern lernen. Ich habe die Erfahrung gemacht, ganz unten zu sein. Davon profitiere ich. Man kann es sowieso nicht mehr ändern und es ist ein Teil meiner Persönlichkeit. Ich bin froh, dass ich die Kurve gekratzt habe.

 

Das Gespräch führte Martin Wechtl