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Wacker und der Traum von Brasilien

Wacker und der Traum von Brasilien

Was hat Wacker Innsbruck mit brasilianischer Fußball-Kunst zu tun?

Auf den ersten Blick nicht viel.

Wenn es nach Sportdirektor Oliver Prudlo geht, soll sich das in Zukunft aber ändern.

Die Tiroler, bislang eher für soliden Fußball mit Einsatzwillen und Leidenschaft bekannt, sind eine Partnerschaft mit dem Comercial Futebol Clube eingegangen.

Prudlo selbst befand sich vergangene Woche in Brasilien, genauer gesagt im 9.645 Kilometer entfernten Riberao Preto, um die dafür nötigen Verträge zu unterzeichnen.

Traditionsverein aus Sao Paulo

Aufmerksamen Beobachtern der Bundesliga und vor allem der Vorbereitungs-Spiele in der Sommerpause dürfte der Name Comercial durchaus vertraut sein.

Gleich drei Mal testete der 1911 gegründete Verein gegen österreichische Mannschaften. Gratkorn (3:0) und Kapfenberg (3:1) konnten besiegt werden, gegen den LASK setzte es eine 1:3-Niederlage.

Genau in dieser Phase entstand auch der Kontakt zwischen dem Bundesligisten und dem brasilianischen Verein, der ab 2012 wieder in der Serie A1 des Campeonato Paulista, also in der ersten Liga des Bundesstaats Sao Paulo, spielt.

Es war einmal im Sommer

„Der Sportdirektor von Comercial und ich haben die Gedanken gehegt, zusammenzuarbeiten“, formuliert Prudlo die Kontaktaufnahme simpel.

Die vergangene Woche verbrachte der 43-jährige dann in Südamerika, um sich selbst ein Bild zu machen. Er hospitierte bei Trainingseinheiten und Spielen und sah den Kickern von Trainer Marcio Fernandes auch in einem Bewerbsspiel auf die Beine.

Oliver Prudlo fädelte den Deal mit Comercial ein

Die Gegebenheiten beim Klub wussten den Tiroler dermaßen zu überzeugen, dass am Ende des Aufenthalts im Beisein brasilianischer Medien besagter Kooperations-Vertrag zwischen beiden Vereinen unterschrieben wurde.

„Es hat auf mich einen sehr seriösen und auch professionellen Eindruck gemacht. Für uns als Verein in Europa ist es natürlich schon interessant, dort vor Ort einen Partner zu haben, der uns vielleicht den einen oder anderen guten Tipp geben oder einschätzen kann, welche Spieler nach Europa passen und welche weniger“, definiert Prudlo zugleich, was unter Kooperation zu verstehen ist.

Sprungbrett Innsbruck

Es geht also darum, „gegenseitig Spieler auszutauschen, beziehungsweise sich im Scouting zu unterstützen“. Das heißt, dass nicht nur brasilianischen Talenten über Wacker der Sprung nach Europa gelingen soll, sondern auch auf der Gegenseite junge Innsbrucker in Brasilien Erfahrungen sammeln könnten.

Laut der Online-Ausgabe der brasilianischen Zeitung „A cidade“ werden die ersten Transaktionen bereits im Dezember  durchgeführt.

Von Tiroler Seite will man sich aber nicht festlegen. „Wir denken über Veränderungen in der Winterpause nach, definitiv beschlossen ist allerdings noch nichts“, so Prudlo.

Geheimniskrämerei oder Contenance?

Auch aufgrund dieses Mangels an konkreten Zeitplänen hat man bei Wacker auf die Veröffentlichung der Kooperation bislang verzichtet und nicht etwa aus Angst vor schlechter Öffentlichkeitswirkung.

„Wir haben vor überhaupt nichts Angst. Aus meiner Sicht soll man so etwas verlautbaren, wenn die ersten Schritte beschlossene Sache sind, davor braucht man das nicht großartig ankündigen“, rechtfertigt der Wacker-Sportdirektor die Zurückhaltung.

Schließlich gibt es in der Vergangenheit schon genügend Beispiele, in denen sich Partnerschaften mit ausländischen Vereinen als Verlustgeschäfte oder gar Hirngespinste herausgestellt haben.

Austrias Next Diego

Der bekannteste Spieler aus Reihen des Vereins, dem der Durchmarsch von der dritten in die erste Liga gelungen ist, hört auf den Namen Diego Ribas da Cunha und ist hierzulande besser bekannt unter seinem Kurznamen Diego.

Der ehemalige Mittelfeldspieler von Werder Bremen und Juventus Turin, mittlerweile in Diensten Atletico Madrids, spielte von 1991 bis 1994 in der Jugendabteilung Comercials.

Dass auch im aktuellen Kader ein derartiges Juwel zu finden ist, welches dann bei Wacker in der Bundesliga begeistern wird, ist selbstverständlich eine Hoffnung am Bergisel.

„Das ist ohnehin das, was sich viele Vereine in Europa wünschen. Aber viele trauen sich einfach nicht drüber“, erklärt der ehemalige Abwehrspieler.

Ein wenig Mut und Einsatzwillen sind in diesen Worten unverkennbar.

Also doch typisch Wacker.


Christian Eberle