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Entscheidung mit Potenzial

Entscheidung mit Potenzial

Es war wohl seine letzte große Personalentscheidung im Dienste von Rapid. Und sie hat durchwegs Potenzial, irgendwann als gelungen in die Geschichte einzugehen.

Im Herbst 2013 wird sich Rudolf Edlinger als Präsident zurückziehen. Zwar ist das Fußball-Geschäft schnelllebig, die führenden Verantwortlichen sollten sich trotzdem bis dahin halten können.

Vor allem natürlich Helmut Schulte (Präsentation im Wortlaut). Der neue Sportdirektor der Hütteldorfer hat für ein Jahr unterschrieben, für den Zeitraum danach habe man sich auf einen unbefristeten Vertrag geeinigt.

Vor fünf Wochen hatte Edlinger einen Fehler eingeräumt: „Wir haben vor eineinhalb Jahren zu kurz gedacht“, meinte der 72-Jährige und machte sich auf, den Sportdirektor-Posten wieder zu besetzen.

„Es ist notwendig, dass ein so großer Sportverein wie Rapid einen Sportdirektor hat. Hinsichtlich der Unterstützung des Trainers, auf der anderen Seite für die längerfristige Perspektive und letztlich auch für die Gesamtverantwortung des sportlichen Bereichs von den Kindern bis zur Kampfmannschaft.“

So formulierte es Edlinger am Donnerstagvormittag, als er seinen neuen starken Mann präsentierte.

In Hearings überzeugt

Mit der Bestellung des 55-jährigen Schulte gelang dem Boss samt seinen Entscheidungsträgern zweifellos ein Überraschungscoup. Niemand hatte den Deutschen wirklich auf der Rechnung.

Nicht zwingend ein Grund für einen Erfolg, aber auch nicht das Gegenteil. Die Entscheidungsfindung  hört sich in jedem Fall sinnvoll an. Zwölf Kandidaten soll es gegeben haben, die engere Auswahl wurde vergangene Woche an zwei Tagen zu Hearings eingeladen. Schulte setzte sich durch.

„Ich denke, wir haben eine gute Wahl getroffen“, zeigte sich Edlinger vor der versammelten Presse glücklich. „Seine Erfahrung in nahezu allen Bereichen des Fußballsports war ausschlaggebend.“

Klarheit und Bestimmtheit in dessen Aussagen sollen zusätzlich überzeugt haben. Edlinger: „Wir haben den Eindruck gewonnen, dass er auch wegen seiner Geschichte weiß, wovon er spricht.“

Konkret auf Inhaltliches angesprochen, haben dem Präsidenten vor allem zwei Aussagen gefallen.

Erstens: „Er meint, dass von U6 bis zu den Profis eine bestimmte Kontinuität durchzugehen hat. Das ist ganz wichtig.“ Zweitens: „Er sehe sich als erster und wesentlicher Unterstützer des Trainers. Seine These: Nur ein starker Trainer kann gute Arbeit leisten. Das  hat mich beeindruckt.“

Schöttel gefällt die Art der Bestellung

Nicht nur der Präsident zeigt sich überzeugt, auch der Trainer. Schöttel sagte während der Pressekonferenz, dass ihm selbige gefalle. Freilich in erster Linie der Aussagen Schultes wegen.

Der 45-Jährige war in die Bestellung nicht eingebunden, traf seinen neuen Kollegen am Mittwoch zum ersten Mal. „Er ist in seiner Branche sehr anerkannt, von seinen Tätigkeiten in Deutschland wird der Verein sicherlich profitieren“, spricht der Wiener über jenen Mann, der vor allem jahrelang bei St. Pauli und Schalke arbeitete.  Schöttel: „Dem Klub ist eine sehr wichtige Verpflichtung gelungen.“

Zudem gefällt dem Coach die Tatsache, dass ein völlig Unbefangener seine Zelte hier aufschlägt.

„Das finde ich gut und interessant. Für mich war es auch einmal wichtig, von Rapid wegzugehen. Man sieht den Verein von außen ganz anders.  Er kommt jetzt frisch dazu, kann sich seine Meinung bilden und seine Aktionen setzen“, so Schöttel, der Schulte schon früher im Fernsehen als sympathisch empfand.

Schulte: „Bin Verfechter gemeinsamer Arbeitsweise“

Stefan Ebner (Sportmanager) und Carsten Jancker (Nachwuchschef) bleiben indes. Seit Peter Pacult und Alfred Hörtnagl gibt es nun wieder ein Trainer/Sportdirektor-Duo im Westen der Hauptstadt.

Was braucht es für eine erfolgreiche Arbeit? Schöttel: „Man muss auf der persönlichen Ebene können. Auf der fachlichen müssen die Kompetenzbereiche klar abgesteckt sein, aber ich denke wir zwei sind vernünftige Menschen, die beide wissen, dass wir nur im Team erfolgreich sein können.“

Pacult und Hörtnagl konnten auf persönlicher Ebene bekanntlich weniger, der Erfolg war dennoch gegeben. Nichtsdestoweniger dürfte es hier wirklich auf eine gemeinsame Arbeitsweise rauslaufen.

Schließlich hält Schulte fest: „Ich bin großer Verfechter, gemeinsame Entscheidungen zu treffen.“

Gemeinsam in der Öffentlichkeit zu stehen, das freut sicherlich auch Schöttel. Der hatte sich seit seinem Arbeitsantritt im Sommer 2011 in erster Linie immer an die vorderste Front stellen müssen.

„In den 20 Monaten, die ich nun hier bin, war man sportlich gesehen schon sehr auf eine einzelne Person fokussiert. Es ist gut, wenn man so viel sportliche Kompetenz wie möglich im Verein hat.“

Nicht unwichtig für Schöttel: Ex-Trainer Schulte kennt die Situation als Coach nur allzu gut.

Wie es bei einem Traditionsklub geht

Weitere Kompetenzen scheinen mit den Anforderungen übereinzustimmen. Allen voran: Schulte ist mit Situationen bei Traditionsklubs bestens vertraut. Ob St. Pauli, Schalke, Dresden – der Norddeutsche weiß, was es braucht, um mit kritischen Situationen umgehen zu können.

„Man sollte keine Angst vor Leidenschaft haben und dass diese mit dem einen oder anderen mal durchgeht. Das gehört dazu, sonst würde es nicht so viele interessieren. Fußball ist Sport und da gibt es Gewinner und Verlierer, da muss man damit klar kommen. Wie im echten Leben auch.“

Zusatz: „Klasse zeigt sich nur im Umgang mit Niederlagen, gewinnen kann jeder.“

Die kommenden Monate werden zeigen, wohin der grün-weiße Weg mit seinem neuen Sportdirektor geht. Nachdem er sich einen Überblick verschafft hat, gilt es mit Fortlauf seine Arbeit zu bewerten.

Bei seiner Präsentation mögen mehr flotte Sprüche als Kernaussagen gefallen sein, das ist kurz nach solch einer Jobzusage und ohne vollständiges Wissen wenig überraschend.

Die (noch) wenigen inhaltlichen Aussagen lassen aber die Vermutung zu, dass Edlinger und seine Vertrauten eine Entscheidung gefällt haben, die durchaus Potenzial hat.

 

Bernhard Kastler