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"Mein Anspruch ist es, jede Partie zu spielen"

Mitspieler und Funktionäre klopften ihm auf die Schultern, Journalisten umringten ihn.

Michael Liendl genoss die Geschehnisse im Kabinengang nach dem 2:1-Sieg gegen den SK Sturm sichtlich.

Kein Wunder, denn an einem Überschuss an Aufmerksamkeit litt der Steirer zuletzt keineswegs. Vielmehr ist es in dieser Saison still um ihn geworden, ein Stammplatz im violetten Ensemble scheint weit entfernt.

"Glücksengerl auf der Schulter"

Doch das war am Samstag-Abend zumindest kurzfristig egal. In der 78. Minute kam der Mittelfeldspieler für Florian Mader ins Spiel. Zwei Minuten später versenkte der 25-Jährige das Leder mit seinem ersten Ballkontakt zum Ausgleich im gegnerischen Tor.

„Dass ich den Ball so treffe, war natürlich perfekt. Oft sitzt das Glücksengerl auf der Schulter, das war diesmal bei mir so“, strahlte Liendl nach seinem Weitschusstor.

Und seine Mitspieler vergönnten es ihm von Herzen. „Das freut mich extrem. Er ist einer meiner sehr guten Freunde und macht momentan eine schwere Zeit durch“, sagte Zlatko Junuzovic.

Wenige Einsätze

Auch Trainer Karl Daxbacher meinte:“ Es freut mich speziell für Michi, denn er muss oft auf der Bank oder sogar auf der Tribüne sitzen.“

Tatsächlich stand der Linksfuß in der laufenden Saison bei Pflichtspielen erst sechs Mal in der Startelf, fünf Mal kam er überhaupt nicht zum Einsatz. Zum Vergleich: 2010/11 lief er noch 31 Mal von Beginn an auf.

Vorwerfen kann sich Liendl aber nichts: „Ich probiere, im Training alles zu geben und versuche immer das Beste, ob ich von Anfang an spiele oder nur zehn Minuten. Der Trainer muss entscheiden, ob es reicht oder nicht.“

"Ihm fehlt grundsätzlich die Dynamik"

Für den FAK-Coach reicht es oft nicht. Und er kann es auch begründen: „Ihm fehlt grundsätzlich die Dynamik im Spiel. Und die wird im modernen Fußball immer wichtiger. Fußballerisch ist er einer unserer besten, aber es ist schwierig, in einem offensiv orientierten System wenig dynamische Spieler zu haben – das ist sein Problem.“

Im aktuell praktizierten System scheint kein Platz: „Wir haben die Außen mit Junuzovic und Barazite – relativ schnelle Spieler – besetzt. Diese Position hat er des öfteren gespielt. Da haben wir aber einfach stärkere Spieler. Im zentralen Mittelfeld ist Defensivarbeit gefragt – das ist sein Problem und seine Schwierigkeit.“

Das klingt nicht danach, als ob sich der ehemalige Nachwuchs-Internationale schon bald wieder einen Platz in der ersten Elf sichern könnte. „Wir haben einen sehr guten Kader, sind auf jeder Position doppelt besetzt. Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Andere trainieren und spielen auch gut“, weiß der Kicker.

Die Joker-Rolle

Doch es ist nicht so, dass Daxbacher für ihn gar keine Verwendung mehr hätte. „In Spielen, in denen der Gegner tief steht, wir eine Idee, einen Schuss oder einen Freistoß brauchen, kann er sehr wertvoll sein“, so der Niederösterreicher.

Ob das den Ansprüchen des Austria-Profis reicht? Vermutlich nicht. „Mein Anspruch ist es, jede Partie zu spielen. Oder zumindest auf meine Einsätze zu kommen“, sagt er.

Zum Abschluss hat Daxbacher noch aufmunternde Worte parat: „Er darf sich einfach nicht hängen lassen.“


Harald Prantl/Martin Wechtl