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Ex-Hirscher-Manager: Das ist Marcels Geheimnis

Mentor und Ex-Manager über Hirschers Erfolgsgeheimnis, Maier-Vergleich und Zukunft:

Ex-Hirscher-Manager: Das ist Marcels Geheimnis

Marcel Hirscher holt sich beim Weltcup-Finale in Aspen (USA) seine 6. große Kugel in Folge ab.

Bei seinem 1. Triumph war Michael Holzer hautnah dabei. Der Manager, der sich mit seiner Agentur "Mensch & Marke" um Spitzensportler wie Julia Dujmovits kümmert, betreute den Annaberger damals.

"Das Erfolgsgeheimnis ist das stabile und schützende Umfeld. Dazu kommt das wirklich bewundernswerte Maß an Disziplin. Die berühmte Extra-Meile geht er ganz natürlich", verrät Holzer im LAOLA1-Interview.

Nach nur einer Saison trennten sich die Wege der beiden, da ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel die Agenden des aufstrebenden Salzburgers zur Chefsache erklärte. Wie der Berater und Mentor heute darüber denkt, welchen Seitenhieb gegen den ÖSV er sich nicht verkneifen kann, wie er Hirscher mit Hermann Maier vergleicht, warum Hirscher kein „Rockstar“ sein kann, und wie er über die Zukunft des ÖSV-Stars denkt, erzählt Michael Holzer im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Erinnerst du dich eigentlich noch an deine erste Begegnung mit Marcel Hirscher?

Michael Holzer: Sicher! Das war unmittelbar nach seiner Kahnbeinverletzung im Februar 2011 in Hinterstoder. Er war Atomic-Athlet, ich als Berater von Atomic dort. Er hat mich gebeten, für ihn einen PR-Termin abzusagen. Das fand ich bemerkenswert, weil ihm das vor der Abfahrt ins Spital noch eingefallen ist. Erstmals über eine Zusammenarbeit nachgedacht haben wir dann erst viele Wochen später, als seine Verletzung ausgeheilt war. Er wusste genau, er braucht für seine Zukunft ein individuelles Setup in Sachen Marke und Kommunikation – dem ÖSV war das damals nicht klar. Dort bekam er den Klassiker zur Antwort: „Fahr einmal g´scheit.“ Also kam er über Vermittlung zu mir. Wir haben mit einem gemeinsamen Workshop gestartet. Marcel war sich anfänglich nicht absolut sicher, ob er in seine eigenen „Softskills“ für seine damaligen Verhältnisse richtig Geld investieren soll. Ich war mir nicht sicher, ob ich zusätzlich zu Rainer Schönfelder, Felix Gottwald, Julia Dujmovits und all meinen anderen Beratungsprojekten richtig Energie investieren soll. Also haben wir uns ausgemacht: Wir tun drei Monate so, als ob wir zusammenarbeiten würden und wenn es uns dann noch freut, machen wir weiter.

Der offizielle Marcel-Hirscher-Song:
(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

LAOLA1: Damals hatte der junge Hirscher drei Weltcupsiege auf dem Konto, aber etwa noch keine Kristallkugel gewonnen. War dir dennoch klar, dass er ein ganz Großer werden könnte?

Holzer: Viele meinten: Der Bursche kann ein Großer werden! Das war auch meine Meinung. Wie wohl ich ja weit weniger auf den Skifahrer, als auf Marcel als Typen, als Charakter geschaut habe. Dass er dann sechs Mal in Folge das Ding gewinnt, ist für niemanden absehbar gewesen. Ich habe mich damals gemeinsam mit meinen Kollegen darauf vorbereitet, dass Marcel sehr schnell sehr gut werden kann. Er hat daran geglaubt, ich auch. Und wir haben auch von Anfang an so getan, als würde in der nächsten Saison – 2011/12 als er die erste Kugel geholt hat – die neue „Ära Hirscher“ im Skisport beginnen. Wir haben das wie ein Mantra wiederholt. Ich weiß noch, wie ich bei „Dale Carnegie“ einen Vortrag gehalten und gesagt habe: „Seinen Namen kennt ihr noch nicht, in einem Jahr kennt ihn jeder.“ Wir haben uns bewusst voll reingesteigert und eine ikonische Sonderedition an Startnummern produziert mit seinem Gesicht und einem großen Einser drauf. Pures Start-Up-Feeling, das war echt eine großartige Zeit…

LAOLA1: Nach nur einer Saison kam es 2012 zur Trennung. Wie siehst du das heute?

Holzer: Das war ja nichts, was Marcel oder ich uns ausgesucht hätten! Überraschend war es allerdings auch nicht, wir waren ja beide nicht neu im ÖSV-Milieu. Deshalb war uns auch von vornherein klar, dass ein Paradoxon zum Tragen kommen kann – nämlich: Je besser Marcel seinen Job auf und abseits der Piste machen würde - und er hat ihn genial gemacht - desto größer die Gefahr, dass die Führung im Verband in ihre rigide, autoritäre Haltung verfällt, ihn „unter Kontrolle halten zu müssen“. Führen nach dem Prinzip des äußeren Feindes, die Devise lautet: Wer nicht denselben Anorak anhat wie wir, kann nur bedrohlich sein. Ein bisschen ist diese diffuse Angst der Entscheidungsträger in Zusammenhang mit den großen Namen auch nachvollziehbar: Nachdem es ja im ÖSV eine Uniformitäts- und keine Indivdualitätskultur gibt, braucht der Verband die wenigen „High Potentials“ à la Marcel Hirscher umso notwendiger, damit sich das finanziell weit überdimensionierte Rad im Skisport überhaupt noch weiterdrehen lässt. Das hat damals, wie später auch bei Anna Veith, bemerkenswerte Kräfte und Energien im Skiverband freigesetzt. Wie auch immer: Nach zahllosen Versuchen, der Irrationalität mit sachlicher Argumentation zu begegnen, wofür sich auch die Sponsoren von Marcel engagiert hatten, mussten wir alle irgendwann anerkennen, das zu tun, was zwischen uns besprochen war: Wenn es zu mühsam wird, lassen wir es. Immerhin ist es gelungen, das ohne öffentliche Aufwallungen professionell abzuwickeln. Und für Marcel hatte die Lösung auch eine Menge Vorteile: Erstens hatte er seine Ruhe, sobald der Präsident seinen Frieden hatte. Zweitens hat er prompt einen neuen Werbedeal über ihn bekommen, drittens musste er selbst kein Geld mehr für Beratung ausgeben, weil dafür dann samt und sonders der ÖSV alle Kosten übernommen und dafür neue Jobs im Verband geschaffen hat. Mag sein, dass das in Zukunft einmal anders laufen wird (müssen), weil natürlich in dem Ansatz ein Modell steckt, dass gutverdienende Athleten für einen Teil ihres Betreuungs-Umfelds auch selbst aufkommen und so den Verband entlasten können.

"Überraschend war es allerdings auch nicht, wir waren ja beide nicht neu im ÖSV-Milieu. Deshalb war uns auch von vornherein klar, dass ein Paradoxon zum Tragen kommen kann – nämlich: Je besser Marcel seinen Job auf und abseits der Piste machen würde - und er hat ihn genial gemacht - desto größer die Gefahr, dass die Führung im Verband in ihre rigide, autoritäre Haltung verfällt, ihn 'unter Kontrolle halten zu müssen'."

LAOLA1: Wie ist der Kontakt zwischen Marcel und dir jetzt?

Holzer: Wir haben nach wie vor ein sehr gutes, freundschaftliches Verhältnis. Es waren in Summe glaube ich 2.500 Stunden, die wir in dem einen wichtigen Jahr gemeinsam verbracht haben. Eine sehr wichtige Phase für Marcel, eine sehr intensive Zeit für uns beide, deswegen ist die Verbindung geblieben. Es war ein Senkrechtstart, er war ziemlich gechallengt, aber er ist toll in die Rolle hineingewachsen. Über Atomic kooperieren wir ohnehin nach wie vor und auch sonst stehen wir regelmäßig in Kontakt. Ich freue mich sehr für ihn über seine Erfolge, weil ich weiß, was er dafür einsetzt und was sie ihm bedeuten.

>>> HIER GEHT ES WEITER: Im zweiten Teil zieht Holzer einen Vergleich zu Hermann Maier, klärt die Frage des „Größten Skifahrers aller Zeiten“, verrät Hirschers Erfolgsgeheimnis und erzählt lustige Anekdoten aus der gemeinsamen Zeit <<<

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