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Schröcksnadel fordert Flutlicht auf Streif

Schröcksnadel über Flutlicht auf der Streif, Stürze und Vorteile die er dem ÖSV ermöglicht:

Schröcksnadel fordert Flutlicht auf Streif

Eine turbulente Woche liegt hinter dem Ski-Zirkus.

Die Hahnenkamm-Rennen wurden heiß diskutiert wie lange nicht mehr. Heftige Stürze, schwere Verletzungen, zahlreiche Hubschrauber-Abtransporte. War das Werbung für den Skisport?

"Uninteressant war das Wochenende sicher nicht. Dass es Werbung für den Sport war, glaube ich auch – aber mit Einschränkungen", blickt Peter Schröcksnadel zurück. Gleichzeitig fordert der mächstigste Mann im ÖSV aber Veränderungen. Welche das sind, warum er nie wieder ein Rennen aufgrund eines Wetterberichts verschieben würde und warum der ÖSV Vorteile durch exklusive Deals genießt, verrät der ÖSV-Präsident im Interview:

Frage: Blicken wir zurück auf die vergangene Kitzbühel-Woche. Würden Sie sagen, das war Werbung für den Skisport?

Peter Schröcksnadel: Der Freitag war super. Schönes Wetter, das hat gepasst. Der Samstag mit den Stürzen war nicht so lustig. Man muss analysieren, ob die Menschen wirklich abgeschreckt waren. Es gibt auch solche, die darauf warten, bis etwas passiert. Das ist leider der Fall. Der Slalom war zu hart, es wurde zu viel Wasser gespritzt. Das war unnötig. Dadurch entsteht oben eine Schicht, die wegbricht. Sonst war der Slalom auch interessant. Es gibt solche und solche Wochenenden. Uninteressant war das Wochenende sicher nicht. Dass es Werbung für den Sport war, glaube ich auch – aber mit Einschränkungen.

Frage: Der Vorwurf lautete von vielen Seiten, dass die Show wichtiger sei als die Sicherheit der Athleten.

Schröcksnadel: Das war der Grund, warum ich nach Svindals Sturz abbrechen wollte. Die Show darf nicht im Vordergrund stehen. Sie kann schon im Vordergrund stehen, aber nicht wenn man sich weh tut. Die Show ist okay, aber ohne sportliche Leistung funktioniert sie nicht. Nur weiterfahren, weil 40.000 Leute anwesend sind, ist nicht unsere Linie. Wir wollen immer etwas für die Sicherheit tun. Bestes Beispiel ist der Airbag. In zwei bis drei Fällen hat er jetzt sicher schon Schlimmeres verhindert.

Frage: Das Entsetzen bei "Nicht-Fachmännern" ist dennoch groß. Gibt es Lösungsansätze?

Schröcksnadel: Du musst mit den Geschwindigkeiten heruntergehen. Die FIS wollte immer vermeiden, dass man 140 oder 150 km/h erreicht. Die Geschwindigkeit zu drosseln ist eine Möglichkeit. Die Schwierigkeit soll gleichzeitig hinaufgehen, dass nicht jeder alles mit vollem Speed fahren kann. Da ist man auf dem richtigen Weg. Man muss sagen, es gibt viele Verletzungen, aber zum Glück wenige, die wirklich ans Leben gehen. Jimmy Steiner hat mich gefragt, warum ich mich aufrege und einen Abbruch fordere. Bei ihnen wurden vier Fahrer gleichzeitig ins Krankenhaus eingeliefert. Es ist früher genauso passiert wie heute. Die Medienlandschaft ist aber eine andere. Man zeigt den Sturz drei- oder fünfmal im Fernsehen, das erhöht die Dramatik. Früher gab es das nicht. Dadurch wird auch das Publikum beeinflusst. Skifahren ist irrsinnig gefährlich, am Ende aber doch nicht so gefährlich, wie es aussieht. Zum Glück haben wir selten wirklich richtig schwere Unfälle, ein Kreuzband ist in einigen Monaten wieder okay.

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Frage: Dennoch haben viele Leute das Gefühl, dass schwere Stürze zunehmen. Wieso?

Schröcksnadel: Früher waren Strohballen auf den Seiten. Auf die hat es geregnet und das Wasser ist gefroren, die Strohballen waren wie Beton. Es ist aber nicht mehr passiert, als heute. Warum? Weil der Rennläufer genau wusste, wenn es ihn auf so einen Strohball wirft, überlebt er es wahrscheinlich nicht. Heute denkt er sich, dass überall Netze sind. Also geht er volles Risiko, wenn er stürzt, fliegt er ins Netz und hat das Kreuzband ab - aber so viel ist nicht passiert. Deswegen fahren alle Läufer jede Passage in vollem Tempo, auch wenn sie es nicht können. Die äußere Sicherheit ist so hoch, deswegen sinkt die subjektive Wahrnehmung. Da muss man aufpassen. Es wird schon entgegengesteuert, indem man die Pisten unruhiger macht. Das ist der richtige Weg. Der Läufer hat aber einfach auch eine eigene Verantwortung.

Frage: Wie erklären Sie sich die vielen Stürze an der selben Stelle in Kitzbühel?

Schröcksnadel: Die Kompression war schon immer da. Zwei Meter höher als sonst war sie nicht. Die ganz guten Läufer fahren die engste Linie, die riskieren alles. Es ist auch in der Abfahrt nicht verboten zu bremsen, das tut aber keiner. Ist ja klar, weil jeder gewinnen will. Deswegen wird viel riskiert. Wir müssen die äußere und innere Sicherheit erhöhen. Die äußere sind Netze und das ganze Rundherum, die innere das eigene Sicherheitsgefühl. Wenn ich merke, es wird gefährlich, werde ich zurücknehmen. Wenn ich nichts merke, werde ich nicht zurücknehmen. Wir hatten früher sehr viele Stürze im flachen Bereich bei hoher Geschwindigkeit. In Kitzbühel war es eine massive Anhäufung an einer Stelle, das hat es so dramatisch gemacht.

Frage: Auffällig ist, dass wieder einmal viele Läufer Kreuzbandrisse erleiden. Was sind die Ursachen dafür?

Schröcksnadel: Die müssen wir herausfinden. Es kann nicht nur an falschem Training liegen, weil es nicht nur unsere Leute erwischt hat. Es hat auch einen Svindal und einen Razzoli mit den Knien erwischt. Man muss sich alles ansehen, auch das Material. Im Riesenslalom gibt es seit der Ski-Umstellung deutlich weniger Knieverletzungen. Dort sind dafür die Rückenschmerzen mehr geworden, aber die Unfälle haben sich reduziert. Für die Zukunft muss man sich etwas überlegen.

"Man könnte auch wieder Tannenreisig streuen, denn die blaue Farbe ist problematisch. Sie weicht den Boden auf, man weiß aber nicht genau wo."

Frage: Was zum Beispiel, speziell auf Kitzbühel bezogen?

Schröcksnadel: In Kitzbühel könnte man in der Traverse ein Flutlicht aufstellen, so schwer ist das nicht. Generell könnte man schwere Stellen beleuchten. In Norwegen und Schweden fahren sich auch am Tag mit Flutlicht, so verbessert man die Sicht enorm. Das ist nur ein Vorschlag. Man könnte auch wieder Tannenreisig streuen, denn die blaue Farbe ist problematisch. Sie weicht den Boden auf, man weiß aber nicht genau wo. Das ist aber die Abfahrt, im Riesentorlauf wurde es schon wesentlich sicherer. Man muss sich auch in der Abfahrt überlegen, was man mit Material und Geschwindigkeit tun kann. Die Geschwindigkeit sieht man sowieso nicht, da kann man immer runter gehen.

Frage: Auffällig sind in letzter Zeit die vielen pickelharten Eis-Pisten. War das in Kitzbühel zu viel des Guten?

Schröcksnadel: Das hat mit den Unfällen weniger zu tun. Im Grunde bin ich ein Verfechter der unruhigen Piste, weil es sicherer ist. Wenn die Sicherheit durch die schlechte Sicht gefährdet wird, wird es kritisch. Solange man eine halbwegs gute Sicht hat, ist die unruhige Piste sicherer. Du kannst dann nicht alles in der Hocke durchfahren und spürst nicht, dass du bei 140 km/h bist. Wenn es unruhig ist, sind die Läufer konzentrierter, weil sie etwas spüren, und das Unfallrisiko ist geringer.

Frage: Was kann man sonst noch tun?

Schröcksnadel: Es ist ein Freiluftsport, alle Einflüsse auszuschalten geht nicht. Jeder, der Rennen gefahren ist, weiß, dass man selbst im Slalom eine Sekunde langsamer fährt, sobald eine Wolke die Sonne verdeckt. Darauf muss man sich bei einem Freiluftsport einstellen. Skifahren ist ein großes Risiko, der Grat ist sehr schmal. Deswegen war ich für den Abbruch. Es war nicht abzusehen, dass das Wetter besser wird.

Frage: Wäre es nicht möglich gewesen, die Rennen bzw. das Programm bereits vor dem Wochenende zu ändern?

Schröcksnadel: Am nächsten Tag (Sonntag/Anm.) war es zur selben Zeit genau gleich schlecht. Auf einen Wetterbericht hin ein Rennen zu verschieben werden wir nie wieder tun. Wir sind einmal zu Hermann Maiers Zeiten den Super-G nicht am Freitag gefahren, sondern haben ihn auf Montag verschoben, weil es geheißen hat, das Wetter wird am Freitag schlecht. In den zwei Stunden, wo das Rennen stattgefunden hätte, war tolles Wetter. Der Montag war vom Wetter her dafür sowas von schlecht. Der Wetterbericht stimmt nicht immer. Nur aufgrund dieser Vorhersage Rennen zu verschieben, finde ich nicht gut.

Frage: Was sagen Sie generell zum dichten Programm in Kitzbühel? Es ist nicht unbedingt optimal, wenn am Abend vor der wohl wichtigsten Abfahrt des Jahres ein Kombi-Slalom ansteht, oder?

Schröcksnadel: Ich bin nicht der Meinung, dass die Alpine Kombination am Freitag eine glückliche Lösung ist. Absolut. Ich war von Anfang an dagegen. Die FIS wollte das so, weil man eine Kombination in Hinblick auf die Olympischen Spiele gerne im Weltcup hat. Sie wollen die besten Orte – Kitzbühel und Wengen – weil man dann sagen kann, es hat auch für Olympia einen Wert. Das Programm ist aber so dicht gedrängt, dass man kaum eine Verschnaufpause hat. Wenn jemand mehrere Bewerbe fährt, wie soll er dann die Konzentration aufrechterhalten? Aksel hat es im Kombi-Slalom auch schon erwischt, das ist ja kein Zufall. Die Belastung wird einfach zu hoch. Ich werde dafür plädieren, dass man das Programm umstellt. Man wird ja einen Ort finden, der eine Kombination austrägt. Das muss ja nicht in Kitzbühel sein. Du hast die Siegerehrung und anschließend die Startnummernauslosung, das wird alles wahnsinnig eng. Ich bin nicht dafür. Ich habe im FIS-Vorstand zugestimmt, es zu testen und zu versuchen. Jetzt sollte man es sich wirklich überlegen, ob man das Programm so beibehält.

Frage: Weg von Kitzbühel, wie fällt Ihr Halbzeit-Resümee der Saison aus?

Schröcksnadel: Vor der Saison dachten viele Leute, dass wir nicht reüssieren können. Einige Stars wie Benjamin Raich und Mario Matt sind zurückgetreten, andere wie Anna Fenninger verletzt. Wir haben schon damals gesagt, dass die Jungen in die Bresche springen werden. Das ist passiert, man muss sich nur das Slalom-Team der Herren ansehen. Leider haben wir aber eine stark reduzierte Mannschaft, vor allem in der Abfahrt.

Frage: Zuletzt wurde die Zusammenarbeit mit dem Logistik-Unternehmen DB Schenker um fünf Jahre verlängert. Was macht diese Partnerschaft so besonders?

Schröcksnadel: Um diese Partnerschaft beneiden uns sehr viele. Früher sind wir auf Trainingslager nach Neuseeland gefahren und das Material war nicht da. Seit wir diese Partnerschaft haben, funktioniert das einwandfrei. Wir haben keine verschenkten Trainingstage mehr. Andere Nationen haben angefragt, ob sie unseren Partner mitbenützen dürfen. Den Deutschen haben wir es jetzt ein Jahr gestattet, weil sie ein Problem hatten. Auf die Dauer geht das aber nicht. Wir wollen einen Vorteil haben, den hat man durch solche Kleinigkeiten. Exklusivität ist sehr wichtig.

 

Aufgezeichnet von Matthias Nemetz

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