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Gründe für ÖEHV-Aufstieg - Blick in die Zukunft

Scout Freimüller erklärt die Erfolge des Nationalteams und blickt in die Zukunft.

Gründe für ÖEHV-Aufstieg - Blick in die Zukunft

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Österreich zählt wieder zu den 16 besten Eishockey-Nationen der Welt – und das im großen Stil: Mit vier Siegen in fünf Spielen und als Gewinner des Turniers der Division 1A in Kiew kehrt das ÖEHV-Team nach zwei Jahren Absenz in die A-Gruppe zurück.

Ab sofort laufen beim ÖEHV die Vorbereitungen für die 82. Auflage der Titelkämpfe in Herning und Kopenhagen vom 4. - 20. Mai 2018.

Erfolgs-Coach Roger Bader wird wohl den Finnen Suhonen als Vollzeit-Sportdirektor ablösen und weiter die Jugend forcieren.

LAOLA1 nennt zum Abschluss der heimischen Hockey-Saison noch einmal die Gründe für die Erfolge des Nationalteams und wagt einen Blick in die Zukunft:

Österreich mit imposantem Torverhältnis von 22:4

Nach der knappen 2:3-Niederlage zum Auftakt gegen Turnier-Favorit Kazachstan steigert sich die Truppe von Teamchef Roger Bader kontinuierlich und spielt sich zum Ende hin in einen wahren Rausch - 3:1 gegen Ungarn, 1:0 gegen die Ukraine, 5:0 gegen Mitaufsteiger Südkorea und zum Abschluss ein 11:0 gegen Polen.

Österreich überzeugt mit einem Schützenfest gegen denselben Gegner (und jämmerlichen Goalie) also, gegen den das ÖEHV-Team im Vorjahr keinen einzigen Treffer zustande brachte.

Das Endresultat der B-WM in der Ukraine: 12 Punkte und ein imposantes Torverhältnis von 22:4.

Schlüsselspiel gegen Gastgeber Ukraine

Das Schlüsselspiel im Turnier war sicher das Spiel gegen Gastgeber Ukraine: Ohne die früh angeschlagenen Top-Spieler Thomas Raffl, Stefan Ulmer und Layne Viveiros war die Bader-Truppe zwar über 60 Minuten klar überlegen, aber schon ein Gegentor hätte das ganze Turnier zum Kippen gebracht.

Bader musste hier auch von seinem sonstigen Konzept von relativ ausgeglichener Eiszeit abgehen. In Abwesenheit von Viveiros und vor allem Ulmer schien Dominique Heinrich nie von der Platte zu gehen. In und nach diesem Spiel erinnerte Heinrich erstmals nach seiner Rückkehr aus Schweden wieder an den mobilen Offensiv-Verteidiger, der er vor seinem Abgang nach Schweden war.

Goalie Bernd Starkbaum präsentiert sich bärenstark

Ähnliches gilt auch für den zweiten Schlüsselspieler im österreichischen Team: Goalie Bernhard Starkbaum hatte ebenfalls eine schwache erste Saisonhälfte zu verdauen, ehe er schon in den EBEL-Playoffs wieder zu alter Form auflief. In Kiew agierte er grundsolide – auch während längerer Phasen der Untätigkeit blieb er mental scharf und ließ vor allem so gut wie keine Rebounds zu.

Turnier-MVP Thomas Raffl war nach einem Spiel Absenz durch eine Knöchelverletzung natürlich nicht wieder hundertprozentig fit, seine körperliche Präsenz sticht aber in dieser Gruppe auch gehandicapt hervor. Ebenfalls zum Turnierende wieder in der benötigten Form: Konstantin Komarek, Lukas Haudum, Fabio Hofer und Brian Lebler, der endlich wieder im Slot gefunden wurde.

Doch wie immer in einem Bader-Team waren auch die Rollenspieler weit mehr als bloße Mitläufer und nahmen wichtigere Rollen als in ihren Klubteams ein. Beispiele dafür die beiden Defender Martin Schumnig und Erik Kirchschläger.

EBEL-Akteure können sich ins Rampenlicht spielen

Neben erhöhten IIHF-Zahlungen hat der Aufstieg für Österreichs Eishockey einen weiteren wichtigen Nebeneffekt: Vor allem die EBEL-Akteure können sich wieder ins Rampenlicht spielen. Ein starkes Turnier oder vielleicht sogar nur ein Handvoll guter Spiele können selbst bei einem schwachen A-Team neue Türen öffnen.

Bestes Beispiel dafür: Ungarns Teamtorhüter Adam Vay – bis dahin ein völlig unbekannter MOL-Liga-Goalie – brachten zwei solide Spiele bei der A-WM 2016 in St. Petersburg einen NHL-Vertrag bei den Minnesota Wild ein, obwohl sein Team umgehend wieder abstieg. Eine Cinderalla-Story, die eine B-WM eher nicht produziert.

In der neuen Saison werden die Karten natürlich wieder neu gemischt. Bader ist auch kein nachtragender Mensch - Spieler, die heuer absagten, werden wieder ein Thema sein. Klar ist aber, dass die Aufstiegstruppe im Zweifelsfall bessere Karten besitzen wird.

Doch der Wiederaufstieg darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das ÖEHV-Personalkostüm weiter äußerst eng geschnitten ist. EBEL- und Nationalteam-Erfolge korrelieren nur selten – der souveräne und verdiente Meister Vienna Capitals stellte mit Backup-Goalie David Kickert lediglich einen Teamspieler. Eine der wichtigsten Aufgaben Baders wird es sein, ÖEHV-Präsident Gernot Mittendorfer zu einer aktiveren Rolle zu bewegen.

Österreicher-Topf in der EBEL sollte Teamchef Bader helfen

Der geplante Österreicher-Topf wurde ligaintern dilettantisch eingeleitet und sank dann auch, ohne je vom Stapel gelaufen zu sein. Doch er könnte leicht durch eine einfachere Variante ersetzt werden, was – beim Desinteresse der EBEL-Funktionäre bzw. Vereine – halt auf Edikt des ÖEHV-Präsidenten und gleichzeitigen Erste-Bank-Liga-Vertreters Mittendorfer geschehen müsste.

Auf eine Selbstbeschränkung der rot-weiß-roten Teams zu setzen, erwies sich in den letzten Jahren als nicht zielführend, im Gegenteil: Die Capitals, Innsbruck und der Villacher SV etwa erhöhten sogar ihren Legionärsanteil, Dornbirn mit 13 Gastarbeitern ist ohnehin ein eigenes Kapitel.

Dass umgekehrt der österreichische Nachwuchs auch noch nicht dort ist, wo er sein sollte, bewies das U18-Nationalteam, das bei der C-WM den Aufstieg unter die Top-16 der Welt verpasste – Turniersieger Slowenien war keineswegs ein übermächtiger Gegner.

Wie geht es jetzt mit dem ÖEHV-Betreuerstab und vor allem mit Roger Bader weiter?

Der heute 52-jährige Schweizer kam vor drei Jahren auf Antrieb von Sportdirektor Alpo Suhonen mit dem Ruf eines exzellenten Mannes für Nachwuchsprogramme nach Österreich. Kurios, dass ausgerechnet die Arbeit als Headcoach von Seniorenteams den Weg der beiden letzten Endes splitten sollte: Suhonen, immerhin der erste europäische Headcoach in der NHL, setzte sich selbst als Nachfolger von Dan Ratushny für die Olympia-Qualifikation ein.

Inferiore Leistungen und Resultate in Riga beendeten dann aber Suhonens Coachingkarriere umgehend wieder. Danach übernahm Bader für das November-Turnier in Budapest interimistisch, seine Karriere als Coach von Seniorenteams war bis dahin aber höchst überschaubar. Doch gute Leistungen in Ungarn ließen das "Interims"-Schild schnell in der Schublade verschwinden, der Sieg beim Heimturnier in Graz sowie der Aufstieg in Kiew machten den Winterthurer natürlich zum "Mann der Stunde".

Roger Bader bald auch Vollzeit-Sportdirektor und weiter U20-Teamchef?

Bader wird – so es nicht zu unerwarteten Volten bei den Vertragsverhandlungen kommt – den scheidenden Suhonen als Vollzeit-Sportdirektor ablösen und natürlich auch als Coach des A-Teams bleiben.

Ob der Schweizer auch weiter das U20-Team betreuen sollte, kann zwiespältig betrachtet werden. Einerseits kommt es zu Termin-Konflikten (vor allem beim letzten Tune-Up im November), andrerseits braucht gerade die Kombination der schwachen Jahrgänge 1998 und 1999 den besten Mann an der Bande, um den Abstieg zu vermeiden. So sehr in den letzten Jahren Suhonen und Bader österreichische Coaches auch fördern wollten, drängte sich keiner von ihnen so recht auf, ein EBEL-Headcoach-Posten scheint für sie auch in den nächsten Jahren so weit entfernt zu sein wie ein NHL-Job.

Auch hier gilt: Teams, die österreichische Coaches beschäftigen, sollten finanzielle Unterstützung erfahren – auch das ein geplanter und nie umgesetzter Teil des implodierten Österreicher-Topfes.

Nach dem Abstieg von Prag und dem verpassten Wiederaufstieg in Katowice kann Österreichs Eishockey endlich wieder einmal mit einem guten Gefühl in die Sommerpause gehen. Bald schon wieder werden EBEL-Transfers sowie die Saisonvorbereitung die Eishockeyfans beschäftigen, das Nationalteam tritt dann erst wieder im November 2017 in Erscheinung.

Doch die Entscheidungen der nächsten Wochen werden den Werdegang des rot-weiß-roten Eishockeys nachdrücklich beeinflussen …

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