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"Vanek hat seinen Ruf in Detroit wieder repariert"

Steve Bartlett gewährt im LAOLA1-Talk Blick hinter die Kulissen von Thomas Vaneks Karriere.

Das Monster-Angebot von den Edmonton Oilers, die Trades zu den New York Islanders, nach Montreal und nun zu den Florida Panthers, der Buyout bei den Minnesota Wild:

Steve Bartlett hat in seiner langjährigen Zusammenarbeit mit Thomas Vanek schon viel erlebt.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller ist mit dem Agenten des besten österreichischen Eishockey-Spielers aller Zeiten seit vielen Jahren befreundet und blickt gemeinsam mit ihm in diesem exklusiven Interview hinter die Kulissen der erfolgreichen Karriere des Steirers.

Bartlett ist seit 1985 als NHL-Agent tätig. 1990 unterlag er in einer Kampfabstimmung um den Job des Bosses der Spielergewerkschaft NHLPA Bob Goodenow.

Der 66-Jährige lebt in Pittsford, einem Vorort von Rochester im Bundestaat New York. Zu seinen weiteren NHL-Klienten gehören unter anderem Brian Gionta (Buffalo Sabres), Joonas Donskoi (San Jose Sharks), Ryan Callahan (New York Rangers), Justin Faulk (Carolina Hurricanes) und der Linemate von Michael Grabner bei den New York Rangers, J. T. Miller.

"Er ist auf jeden Fall mehr als ein Klient, eigentlich ist er ein dritter Sohn für mich."

Bartlett über Thomas Vanek

LAOLA1: Steve, wie lange geht deine Beziehung mit Thomas Vanek schon zurück?

Steve Bartlett: Ich habe Thomas erstmals kennengelernt, als er 15 Jahre alt war. Er ist damals gerade aus Alberta nach Rochester übersiedelt und hat in meinem Haus Unterschlupf gefunden. Aus schulischen Gründen hat das aber nicht lange angedauert und er ist nach Sioux Falls in die USHL gegangen. Wir sind dort und auch während seiner College-Zeit in Kontakt geblieben (Anm: College-Spieler dürfen offiziell keine Agenten haben). Wie der Zufall so spielt, wurde er von Buffalo gedraftet und hat dann während des Lockouts 2004/05 wieder vor meiner Haustür in Rochester in der AHL gespielt. Eine meiner Lieblings-Stories über ihn ist die, dass er einen Führerschein für den Staat New York gebraucht hat. Normalerweise dauert es hier lange, bis man einen Termin kriegt, Thomas hat sich aber am Computer so lange herumgespielt und Codes eingegeben, bis er ganz vorne auf der Liste war. Statt drei Monaten hat es für ihn 28 Stunden gedauert.

LAOLA1: Wie würdest du Thomas als Mensch und Klienten charakterisieren?

Bartlett: Er ist auf jeden Fall mehr als ein Klient, eigentlich ist er ein dritter Sohn für mich (Anm: Brian und Scott Bartlett arbeiten auch für Steves Agentur „Sports Consulting Group“). Wir kennen uns eben schon seit seiner Jugend und unsere Beziehung geht weit über das Geschäftliche hinaus. Das Wichtigste ist, dass er überall auf seinen Stationen als Mensch nur eine gute Nachrede hat. Erst vor kurzem hat mir der Zeugwart der Sabres wieder gesagt, wie korrekt Thomas im Umgang mit ihm war – nie fordernd, immer höflich. Er steht auch meinen beiden Söhnen sehr nah, er liegt im Alter genau zwischen ihnen und ihre Familien sind immer im Kontakt. Egal, mit wem er zu tun hat, er tritt immer bescheiden auf und hat dadurch immer eine gute Nachrede als Mensch.

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LAOLA1: Wenn es um das Aushandeln von Verträgen wie zuletzt etwa in Detroit geht: Bleibt er sehr am Ball oder überlässt er das alles dir?

Bartlett: Im Allgemeinen überlässt er uns das Verhandeln, fragt nur ab und zu nach, aber er kennt uns und vertraut uns eben schon seit vielen Jahren. Er ist sicher ein pflegeleichter Klient. Wir legen ihm dann eben die verschiedenen Alternativen vor und geben ihm Ratschläge, worüber er sich Gedanken machen soll und worüber nicht. Natürlich gab es im Verlaufe der Jahre einige Ups und Downs für ihn – etwa das gigantische Offer Sheet von den Edmonton Oilers und der daraus resultierende Vertrag in Buffalo, umgekehrt den doch enttäuschenden Buyout bei den Minnesota Wild. Aber er hat sich nie beklagt oder sich von irgendeinem Team schlecht behandelt oder gar verfolgt gefühlt, er bleibt immer positiv.

LAOLA1: Wenn wir in das Jahr 2007 zurückgehen: Die Oilers haben damals Vanek ein Offer Sheet gelegt, das du verhandelt hast. Das war nicht nur für Thomas richtungsweisend, sondern auch für andere Spieler.

Bartlett: Vor dem Cap-System sind Offer Sheets immer gematcht worden, da es eben keine Gehaltsobergrenze gab. Doch als die Oilers dieses Offer Sheet machten, hätte ich nicht damit gerechnet, dass die Sabres es matchen würden. Die Länge (sieben Jahre) und Höhe (50 Millionen Dollar) waren ja von uns deswegen so hoch angesetzt worden, damit die Sabres eben nicht mithalten konnten. Doch Buffalo hatte damals schon zwei Schlüsselspieler (Chris Drury und Daniel Briere) verloren und wollte sich noch ein PR-Desaster ersparen, deswegen haben sie dieses Offer zähneknirschend gematcht. Seitdem nehmen viele NHL-Teams ihre RFAs (Restricted Free Agents) oft früh und langfristig unter Vertrag, um so etwas zu vermeiden, noch dazu wo man schon mit 27 Jahren UFA (Unrestricted Free Agent) werden kann. Ich als Agent sollte das ja nicht sagen, aber ich glaube nicht, dass das Ganze für die NHL so gesund war, für Thomas war es natürlich eine glückliche Fügung.

"Der Preis war eigentlich nur so hoch angesetzt, um Buffalo vom Gleichziehen abzuhalten. Für Thomas zu dieser Zeit seiner Karriere war das Gehalt sicher sehr hoch, wohl auch zu hoch."

Bartlett über den Edmonton-Deal

LAOLA1: Für Europa unvorstellbar, aber durch die NHL-Regularien so vorgesehen: Du hast den Buffalo-Vertrag mit Thomas also eigentlich mit den Oilers ausverhandelt?

Bartlett: Genauso war es. Der Preis war eigentlich nur so hoch angesetzt, um Buffalo vom Gleichziehen abzuhalten. Für Thomas zu dieser Zeit seiner Karriere war das Gehalt sicher sehr hoch, wohl auch zu hoch, aber er hätte es eben bei den Oilers genauso bekommen wie bei den Sabres. Solche Situationen passieren sehr selten, aber dieser Deal war damals exorbitant und hat viele GMs zum Agieren gezwungen. Nicht, dass er aus Buffalo wegwollte, er hat sich dort sehr wohl gefühlt, aber das Ganze war halt ein geschäftliches Manöver, bei dem er in der Mitte gestanden ist und das für ihn sehr gut ausgegangen ist.

LAOLA1: Von 2007 zum letzten Sommer und zu Minnesotas Buyout: Bekommst du da eine Vorwarnung oder werden Thomas und du einfach mit den Fakten konfrontiert?

Bartlett: Ich habe mit Minnesota-GM Chuck Fletcher ein gutes Verhältnis und er hat mich immer auf dem Laufenden gehalten. Er ist in dieser Sache hin- und hergerissen gewesen, es war dann irgendwie eine Last-Minute-Entscheidung. 18 Tore sind ja schließlich auch nicht so einfach zu erzielen, noch dazu bei verringerter Powerplayzeit, die Saison war ja alles andere als ein Desaster. Aber es war ein Business-Deal, die Wild waren an der Cap-Grenze und hatten noch einiges zu erledigen. Daher ergab der Buyout für sie Sinn.

LAOLA1: Wie verlief dann die Free Agency für euch?

Bartlett: Nun, wir mussten natürlich die Gehaltsforderungen reduzieren, nach einem Buyout wird man irgendwie als beschädigte Ware angesehen. Es ist uns darum gegangen, dass sich Thomas wieder in einem positiven Licht präsentieren kann. Zwei oder drei Teams waren interessiert, aber ich glaube, dass die Unterschrift bei den Red Wings ein guter Move war. Thomas hat dort auch wieder zu seinem Spiel gefunden, das Feedback von Detroit-GM Kenny Holland war sehr positiv. Der Trade zur Trading Deadline war wieder eine reine Business-Entscheidung, es kann durchaus sein, dass Detroit im Sommer wieder interessiert ist.

LAOLA1: Wie sehr wurdest du von Detroit zur Trading Deadline auf dem Laufenden gehalten?

Bartlett: Kenny Holland hat sich wunderbar verhalten und mir schon knapp einen Monat vor der Deadline Bescheid gegeben, dass ein Trade wahrscheinlich sein könnte. Allerdings hing das noch vom sportlichen Abschneiden ab – wenn die Red Wings im Playoff-Rennen verblieben wären, wäre auch eine Vertragsverlängerung durchaus möglich gewesen. Wir haben dann jede Woche miteinander gesprochen, jedes Spiel hätte die Entscheidung beeinflussen können. Drei oder vier Tage vor der Deadline hat er mich aber informiert, dass er Thomas traden müsse, schließlich gehe es für seine Organisation darum, noch etwas für jemanden, der eigentlich schon ein UFA ist, herauszuschlagen. Ich habe dann mit seiner Erlaubnis einige Teams kontaktiert, eines davon waren die Florida Panthers, wo ich den GM auch sehr gut kenne. Wir haben dann über Thomas als Mensch gesprochen. Die endgültige Entscheidung, wohin er getradet würde, hat aber dann natürlich Detroit getroffen, Thomas ist aber schon auf gepackten Koffern gesessen.

"Derzeit bin ich sein Cheerleader und Vertrauter, wir sprechen oft über seine Spiele. Er weiß natürlich, dass seine Zukunft von seinen Leistungen in Florida sehr abhängt."

Bartlett über die nahe Zukunft

LAOLA1: Kann man sagen, dass deine Arbeit für Thomas jetzt bis Ende Juni erledigt ist?

Bartlett: Nicht ganz – ich muss jetzt seine Steuererklärung zusammenstellen (lacht). Das gehört bei mir zum Teil des Vertrags, den ich mit den Spielern habe. Aber ja, in Gespräche können wir erst Ende Juni wieder eintreten. Bis dahin liegt es an Thomas, seine Leistung abzuliefern. Die Panthers sind im Rennen um die Playoffs, da kann alles passieren. Vielleicht schießt er sie ja zum Stanley-Cup und sie wollen mit ihm unbedingt verlängern. Derzeit bin ich sein Cheerleader und Vertrauter, wir sprechen oft über seine Spiele. Er weiß natürlich, dass seine Zukunft von seinen Leistungen in Florida sehr abhängt. Aber er hat seinen Ruf, der doch etwas gelitten hat, in Detroit schon wieder repariert. Wenn er darauf in Florida aufbauen kann, macht das meinen Job im Sommer um einiges einfacher.

LAOLA1: Was sind eigentlich die Unterschiede darin, einen Vertrag in der NHL oder in Europa auszuhandeln?

Bartlett: Nun, in der NHL ist durch den CBA (Rahmentarifvertrag) alles ziemlich vorgegeben, du handelst eigentlich nur die Zahlen aus. In Europa gibt es doch ab und zu eine kleine Sprachbarriere und dann musst du alle Details ausverhandeln, zum Beispiel die Flüge, Bonuszahlungen oder etwa, wer das Übergepäck beim Flug nach Europa bezahlt. Da gibt es eben viele kleine Details zu beachten, die sich dann zu einem großen Ganzen summieren. Aber grundsätzlich möchte ich da wie dort einen Vertrag aushandeln, der beiden Seiten gefällt – nicht alle Wünsche können immer erfüllt werden…

LAOLA1: Wie sehr bist du in der DEL bzw. EBEL vertreten und verfolgst diese Ligen?

Bartlett: Ich habe mehr Klienten in der DEL als in der EBEL, so etwa Brady Lamb (Augsburg), Norm Milley (Düsseldorf), Mark Voakes (Wolfsburg), Derek Whitmore (Straubing, vorher Vienna Capitals) und Steve Reinprecht (Nürnberg), der für mich der Jaromir Jagr von Europa ist - jedes Jahr sagt er mir, dass dies seine letzte Saison sei und immer muss ich ihm sagen, dass er zu gut spielt, um aufhören zu können. Dazu kommen noch Spieler wie Matt D’Agostini in der Schweiz oder John Albert in Finnland. Die EBEL kenne ich nicht ganz so gut, ich war aber über die Jahre in allen Städten und Hallen. Derzeit vertrete ich dort Rick Schofield (Linz).

LAOLA1: Irgendwelche Klienten, die nächste Saison in diesen Ligen auftauchen könnten?

Bartlett: Sowohl Mark Van Guilder als auch Dan Kissel gehören zu den Top-Spielern in Norwegen. Van Guilder ist ganz einfach ein toller Charakter und Teamleader, der auch die Scorerwertung anführt. Kissel ist ein Speedster, der sich mit seinen Beinen Chancen erarbeitet. Beide wären sehr gute Spieler für die DEL oder EBEL, egal ob im Paket oder alleine.

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