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Wie geht es mit Österreichs NHL-Legionären weiter?

Wie geht es mit Thomas Vanek, Michael Grabner und den Raffl-Brüdern weiter? LAOLA1-Scout klärt auf:

Wie geht es mit Österreichs NHL-Legionären weiter?

Die NHL-Saison 2015/16 ist vorbei, die Pittsburgh Penguins kürten sich zum Champion.

Somit geht das Warten auf einen österreichischen Stanley-Cup-Sieger weiter.

Michael Grabner, Thomas Vanek, Michael und Thomas Raffl – vier rot-weiß-rote Exporte standen in der letzten Saison bei NHL-Teams unter Vertrag. Eines haben die vier gemeinsam, ihre Saisonen wurden allesamt vorzeitig beendet. Ihre Vorzeichen für die kommende Saison sind hingegen ganz unterschiedlich.

Wie geht es mit dem ÖEHV-Quartett weiter? LAOLA1-Scout Bernd Freimüller klärt auf:

Thomas Vanek (Minnesota Wild):

Vertrag: Läuft noch bis Ende 2016/17

Zahlen: 3 Jahre mit 19, 5 Millionen US-Dollar gesamt, durchschnittlicher Cap Hit: 6,5 Mio. Gehalt nächste Saison: 7,5 Mio.

Klauseln: No Movement Clause

Der mittlerweile 32-jährige Flügel geht in das letzte Jahr seines Vertrags mit den Wild. Die Saison verlief für Vanek enttäuschend, 41 Punkte in 74 Spielen waren die schlechteste Ausbeute seiner NHL-Karriere. Interimscoach John Torchetti – er wird in der nächsten Saison von Bruce Boudreau abgelöst – machte Vanek dann auch noch mehrmals zu einem „Healthy Scratch“, bevor eine langwierige Rippenverletzung  eine unrunde Saison endgültig beendete.

Wie geht es weiter?

Vanek verfügt über eine „No Movement Clause“, d. h. er kann ohne seine Einwilligung weder getradet noch in die AHL abgeschoben werden. Allzu groß dürfte der Markt für ihn aber ohnehin nicht sein, sein Cap Hit und sein ausständiges Gehalt sind beachtlich.

Wild-GM Chuck Fletcher nahm zwar das Wörtchen „Buyout“ in Zusammenhang mit Vanek in den Mund, wollte sich aber hier noch nicht festlegen. Doch der Wild-GM steht mit dem Rücken zur Wand: Der Cap Hit seines Kaders für die nächste Saison beträgt bereits 64 Millionen für lediglich 15 Spieler, darunter Großverdiener wie Mikko Koivu, Zach Parise und Ryan Suter – ein Kader, den man getrost als „top heavy“ bezeichnen kann. Youngsters wie Jason Zucker und Ryan Dumba brauchen neue Verträge, dazu will man sich natürlich auch verstärken. Die Gehaltsobergrenze pro Team wird von der NHL auf knapp 74 Mio für die nächste Saison geschätzt (endgültige Zahl folgt noch im Juni). Viel Spielraum bleibt da nicht, ein Buyout (Matt Cooke, 1 Mio für die nächste Saison) steht auch schon zu Buche.

Am konkreten Fall von Thomas Vanek: Wann und wie passiert ein Buyout?

Frühestens am 15. Juni oder 48 Stunden nach dem letzten Stanley-Cup-Finalspiel. Spätestens am 30. Juni.

Bevor der Buyout passiert, wird der Spieler auf „Unconditional Waivers“ gesetzt. D. h. jedes Team kann den Spieler ohne Gegenleistung zu den bestehenden Vertragskonditionen erwerben. Vaneks No Movement Clause gibt ihm aber das Recht, das abzulehnen, der Buyout passiert dann trotzdem.

Bei verletzten Spielern sind keine Buyouts möglich, doch Vaneks Rippenverletzung sollte Mitte Juni ausgeheilt sein.

An Vanek auszuzahlen:

2/3 seines ausstehenden Gehalts von 7,5 Mio = 5 Mio. Wäre Vanek unter 26 Jahre alt, wären nur 1/3 fällig.

Die 5 Mio sind über die doppelte Dauer seiner ausstehenden Vertragslänge fällig, also zwei Jahre zu je 2,5 Mio bar auf die Kralle.

Vanek kann nach dem Buyout bei jedem anderen Team (entweder NHL oder Europa) unterschreiben, das Geld bekommt er unabhängig von seinem neuen Vertrag.

Wie errechnet sich das Ganze und was bringt die ganze Chose den Wild?

Jetzt wird es kompliziert: Vaneks Cap Hit über die Vertragsdauer (6,5 Mio) – Gehalt für die Saison 16/17 (7, 5 Mio) + Buyout Salary (2, 5 Mio) = 1, 5 Mio Cap Hit für die Saison 16/17.

Das heißt: Die Wild sparen sich insgesamt 2,5 Mio an Gehalt, Vaneks restlicher Vertrag schlägt nächste Saison nur mit 1, 5 Mio statt mit 6, 5 Mio Cap Hit zu Buche, die Organisation hat also 5 Mio zusätzlichen Spielraum. Im Jahr darauf würden allerdings 2, 5 Mio als „totes Geld“ zu Buche stehen, wie bei Matt Cooke in der nächsten Saison können die Wild über dieses Geld nicht verfügen und Vanek, der in dieser Saison bei einem anderen Team spielen würde, näme noch Cap Room weg.

Michael Raffl (Philadelphia Flyers)

Vertrag: Drei Jahre bis Ende Saison 2018/19.

Die Zahlen: Insgesamt 7,05 Mio, Gehalt und Cap Hit pro Saison sind ident (2,35 Mio)

Klauseln: keine bekannt

Die Flyers nahmen Raffl kurz vor der Trading Deadline vom Markt und gaben ihm einen neuen Dreijahres-Vertrag, ließen ihn also heuer im Sommer gar nicht in den Free-Agent-Markt gehen. Der 27-Jährige konnte sich über eine Verdopplung seines bisherigen Gehalts von 1,1 Mio freuen. Ohne No-Trade oder No-Movement-Klausel kann der Villacher natürlich jederzeit getradet werden, wahrscheinlich ist das aber vorläufig nicht.

In der NHL-Cap-Hit-Skala für die nächste Saison liegt Raffl derzeit an 298. Stelle von 488 Spielern. Zum Vergleich: Das NHL-Durchschnittsgehalt der letzten Saison lag knapp bei 2,9 Mio. Raffls Vorzüge: Er kann überall im Lineup spielen und auch jederzeit zwischen Center und Flügel wechseln.

Michael Grabner (noch Toronto Maple Leafs)

Vertrag: Fünf-Jahres Vertrag, ursprünglich mit den Islanders abgeschlossen, läuft aus

Die Zahlen: 15 Mio über fünf Jahre, Cap Hit pro Saison damit 3 Mio. Der ausgezahlte Betrag steigerte sich jährlich um eine Million von einer auf fünf Millionen Dollar.

Klausel: Keine bekannt

Grabners Speed gehört weiterhin zur NHL-Spitze, seine Scorerzahlen allerdings nicht mehr. Er entwickelte sich immer mehr zu einem PK-Spezialisten, der die Gegner mit seiner Geschwindigkeit unter Druck setzen kann und den Teamspeed erhöht, bei 5-5 aber weniger Offensive einbringt als früher und von ihm erlaufene Breakaways zu selten verwandelt.

Welches NHL-Team traut ihm diese oder eine bessere Rolle im nächsten Sommer zu?

Schwer zu sagen, die Maple Leafs werden wohl eher mit jüngeren und billigeren Spielern für diesen Spielertyp in die Saison gehen. Dazu wird erwartet, dass die Leafs der aggressivste Bieter um Superstar Steven Stamkos sein werden.

Grabner könnte im Juli etwas an Geduld benötigen, bis die Situation am Free-Agent-Markt sich für ihn aufklärt. Ein eventuelles Gehalt wird natürlich weit unter seinem bisherigen liegen, er muss sich eher mit Checkern als mit Scorern vergleichen lassen. Doch Speed wird bei vielen Teams weiter hoch eingeschätzt und mit 28 Jahren gehört er sicher noch nicht zu den älteren Semestern. Überraschend und etwas nachdenklich stimmend: Zur Trading Deadline fand sich kein Abnehmer, der den Speedster für den Rest der Saison unter Vertrag genommen hätte.

Thomas Raffl (noch Winnipeg Jets)

Vertrag: Ein-Jahres-Vertrag läuft aus

Die Zahlen: Ein-Weg-Vertrag mit 575.000 Dollar

Klausel: Keine

Es war die Cinderella-Story des letzten Sommers: Im Alter von 29 Jahren bekam der ältere der Raffl-Brüder eine Einladung zum Camp der Winnipeg Jets, Salzburg erteilte ihm trotz einer Verletzung des IIHF-NHL-Agreements die Freigabe. Raffl erspielte sich tatsächlich einen Vertrag, die Jets-Führungsriege war vom Villacher sehr angetan. Allerdings lief der bullige Flügel bereits in seinem ersten AHL-Spiel in einen fürchterlichen Check, der ihn lange außer Gefecht setzte und ihn auch danach noch behinderte. Eine daraus resultierende Rückenverletzung beendete seine Saison vorzeitig, sodass er nicht zu den zahlreichen Call-ups der Jets gehörte.

Aus Winnipeg kann er kein Vertragsangebot mehr erwarten – ob in seinen 31 AHL-Spielen ein Scout eines anderen Teams Interessantes sah? Sein Alter und die Verletzungen der Vorsaison machen einen weiteren NHL-Vertrag zu einem hohen Ziel. Wenn doch, kann es nur ein Two-Way-Contract werden.

Für Thomas Raffl und Michi Grabner gilt: Derzeit können nur ihre bisherigen Teams mit ihnen verhandeln. Als Unrestricted Free Agents können sie erst ab 25. Juni mit anderen Organisationen sprechen, Verträge ab 1. Juli unterschreiben. Ein Trade ihrer Vertragsrechte zum Zwecke von vorzeitigen Verhandlungen wäre zwar derzeit theoretisch möglich, praktisch aber völlig unwahrscheinlich...

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