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Konstantin Komarek: "Die Familie ist größer"

Seit 2019 lief der Lulea-Legionär nicht mehr für Österreich auf. Bei LAOLA1 spricht er über Prioritäten, Marco Kasper und den nie verwirklichten NHL-Traum.

Konstantin Komarek: Foto: © GEPA

Konstantin Komarek ist in seiner Karriere schon viel herumgekommen.

Im zarten Alter von 15 Jahren verließ er seine Heimatstadt Wien, um seine Nachwuchskarriere in Schweden fortzusetzen. Bei Lulea HF kämpfte er sich über die U18 und U20 bis zu den Profis hoch, für die er mit 18 Jahren schließlich sein Debüt feiern sollte.

Schon bald ging es allerdings zurück nach Österreich, diesmal wurde der heute 30-Jährige in der Mozartstadt ansässig. Zwei Meistertitel errang Komarek gemeinsam mit dem EC Red Bull Salzburg, ehe er seinen Lebensmittelpunkt wieder nach Schweden verlegte.

In Malmö, Karlskrona und schließlich erneut Lulea zählte er stets zu den Leistungsträgern, auch beim ÖEHV-Nationalteam, mit dem ihm bei der WM 2018 der erstmalige Klassenerhalt nach über 14 Jahren gelang. Beim Abstieg aus der A-WM 2019 war er ebenfalls zugegen, doch seitdem zierte sein Name das ÖEHV-Dress kein einziges Mal mehr.

Warum Komarek in der "Blüte seiner Karriere" nicht mehr für Österreich aufläuft, erklärt er im LAOLA1-Interview genauso wie den Grund, weshalb er unter seine ÖEHV-Laufbahn noch keinen Strich setzen will.

Darüber hinaus spricht der Angreifer über die bisherige Saison in der SHL, Marco Kasper, das bevorstehende CHL-Viertelfinale und warum sein früherer Traum von der NHL nie wahr wurde.

LAOLA1: In der SHL läuft es nicht nach Wunsch. Lulea liegt mit 31 Punkten auf Rang neun, ihr habt die letzten fünf Spiele verloren. Wie lautet dein Fazit?

Komarek: Ich finde, wir haben halbwegs gut gespielt bis jetzt. Wir haben aber enorme Probleme mit der Effizienz, weil bei Schüssen aus dem Slot und weiteren Statistiken sind wir eigentlich gut unterwegs, haben jedes Spiel auch viele Torchancen. Aber wir bringen die Scheibe einfach nicht rein, das ist unser größtes Problem. Defensiv sind wir die drittbeste Mannschaft der Liga, da machen wir einen guten Job. Wir müssen offensiv einfach besser werden, im Powerplay auch. Das war bislang eher enttäuschend. Wenn wir diese Punkte verbessern, werden wir wieder ein Top-Team sein. Wir sind zwar Neunter, aber auf den Sechsten (Anm: letzte direkte Playoff-Platzierung) fehlen uns nur vier Punkte.

LAOLA1: Musst du dich in puncto Effizenz selbst in die Pflicht nehmen? Ein Tor aus 22 Liga-Spielen kann deinen Ansprüchen nicht genügen.

"Es schmerzt immer noch. Man weiß nicht, ob man auf so einer großen Bühne noch einmal die Chance hat, so ein wichtiges Spiel zu spielen."

Komarek über das verlorene SHL-Finalspiel 7

Komarek: Ich hätte natürlich gerne mehr produziert. Wenn ich mir aber anschaue, was ich heuer aufs Eis bringe und die Resultate beiseite lasse, habe ich meiner Meinung nach bislang eine gute Saison gespielt. Die Stats reflektieren das oft nicht. Natürlich würde ich gerne viel besser dastehen, vor allem bei den Toren. Ein Tor nach 22 Spielen ist nicht das, was man sich erhofft. Auf der anderen Seite gibt es in einer Saison immer so Phasen. Letztes Jahr habe ich nach zehn Spielen elf Punkte gehabt, dafür ist später eine schwächere Phase gekommen. Man hat Ups and Downs in einer Saison. Es muss nichts Schlechtes sein, am Ende des Jahres musst du dein bestes Eishockey spielen.

LAOLA1: Das habt ihr letzte Saison gemacht, habt das SHL-Finale erreicht. Der Meistertitel wurde aber denkbar knapp verpasst, in Spiel 7 musstet ihr euch Färjestad BK geschlagen geben. Wie blickst du darauf zurück?

Komarek: Es schmerzt immer noch. Man weiß nicht, ob man auf so einer großen Bühne noch einmal die Chance hat, so ein wichtiges Spiel zu spielen. Der Stellenwert hier in Lulea ist enorm. Da ist Eishockey das größte, was es gibt. Die Stimmung in der Stadt, diese Elektrizität – das war spürbar. In den ganzen Playoffs, aber bei der Final-Serie überhaupt und noch mehr vor Spiel 7. Da bin ich sehr dankbar, dass ich das erleben durfte. Umso schmerzhafter macht es aber den Fakt, dass wir dann verloren haben. Ich weiß eben nicht, ob ich das nochmal erleben darf.

LAOLA1: Du hast davor in der Saison 2020/21 in Lettland bei Dinamo Riga und der Schweiz beim EHC Biel gespielt.

Komarek: Die KHL war eine sehr coole Liga. Sehr viele unglaublich gute Spieler, eine andere Kultur. Bei meinem ersten Auswärtsspiel hatten wir acht Stunden Zeitverschiebung von daheim. Solche Sachen ist man vom Rest in Europa überhaupt nicht gewohnt. Es war eine coole Sache, für mich persönlich war es aber durchwachsen. Der Trainer in Riga (Anm: Peteris Skudra) war dafür bekannt, dass er die Spieler jedes Jahr rauswirft. Im Schnitt hatte er immer über 30 Stürmer, das ist besonders im Eishockey sehr viel. Das war ein bisschen zach, er war auch sehr offen damit, sagte während Spielen: "Wenn du nicht besser spielst, hau ich dich raus." Biel war dafür eine tolle Zeit, dort hat es mir sehr gut gefallen. Es war sehr schade, dass es das Corona-Jahr war und es keine Zuschauer gab. Die Schweiz hat mir extrem gefallen, Biel war auch ein super Verein. Familiär war es auch toll, die Auswärtsreisen sind kurz, das Land ist sehr schön. Das war optimal.

LAOLA1: Warum bist du dann wieder nach Schweden zurückgekehrt?

Komarek: Mein Agent meinte, dass es in der Schweiz sicher Angebote geben wird, aber wir noch etwas warten müssen. Ich habe dann das Angebot von Lulea erhalten und wusste, was man dort vor hat, wie gut die Mannschaft in den Vorjahren war. Ich wollte die Chance nicht verpassen, in einer führenden Rolle zu spielen. Dort, wo ich die wichtigsten Jahre in meiner Nachwuchs-Karriere verbracht habe und meine ersten Profi-Schritte gegangen bin.

LAOLA1: Was macht Lulea für dich so besonders?

Komarek: Als ich mit 15 Jahren von Wien weggegangen bin, war das ein surreales Erlebnis. Es ist einfach anders als bei uns, vor allem in dem jungen Alter. Es ist viel professioneller. Die Stadt ist eishockeyverrückt, der Sport hat hier einen ganz anderen Stellenwert. Es hat sicher seine Vor- und Nachteile, aber es taugt mir extrem, dass Eishockey hier so wichtig ist. Es ist sicher eine Kombination aus den zwei Sachen, dass ich ein wenig nostalgisch bin und die Stadt Eishockey lebt und atmet.

"Einerseits ein bisschen ein "Pain in the Ass" für den Gegner zu sein und gleichzeitig hat er den Skill, dass er offensiv produziert. "

Komarek über Marco Kasper

LAOLA1: Du bist nicht der einzige Österreicher in der SHL. Mit Marco Kasper gibt es bei Rögle BK einen jungen, aufstrebenden Center. Wie beobachtest du seine Entwicklung? Und wie unangenehm ist er zu bespielen?

Komarek: Er ist ein super Spieler, ein extrem großes Talent und die Zahlen sprechen für sich. Er hat in dieser Saison nochmal einen ordentlichen Schritt gemacht. Ich kann mich nicht genau erinnern, wie oft ich gegen ihn am Eis war. Aber ich habe schon einige Spiele von ihnen gesehen. Man sieht, dass er sehr viel "Grit" in seinem Spiel hat, Checks fährt und in die heißen Situationen geht. Er ist sicher ein Spieler, der das gerne hat und auch gut kombiniert – einerseits ein bisschen ein "Pain in the Ass" für den Gegner zu sein und gleichzeitig hat er den Skill, dass er offensiv produziert. Und das mit 18 Jahren.

LAOLA1: Warst du damals in deiner Entwicklung schon so weit?

Komarek: (lacht) Nein. Ich habe auch mit 18 in der SHL gespielt, aber so weit war ich nicht. Er macht auch sehr wenig Fehler, spielt sehr erwachsen. Man sieht nicht, dass er erst 18 ist.

LAOLA1: Ihr steht beide mit euren Klubs im Viertelfinale der Champions Hockey League. Im Achtelfinal-Rückspiel gegen die Grizzlys Wolfsburg hast du den wichtigen 1:1-Ausgleich erzielst und groß gejubelt.

Komarek: Da steckt eine Geschichte dahinter.

LAOLA1: Welche?

Komarek: Wir haben im Powerplay das ganze Jahr über schon Probleme. Ein paar Partien davor haben wir die Linien getauscht und haben genau dieses Play mehrmals trainiert. Ich habe kein einziges Mal getroffen. Mein Jubel war so groß, weil es genau dieses Play war, das wir eingeübt haben und nie funktioniert hat – obwohl die anderen es immer super gemacht haben. Nur ich hab den Schuss nie reingehaut. Das war eine Last, die mir von den Schultern gefallen ist. Ich habe mich gefreut, dass es endlich funktioniert hat.

LAOLA1: Im Viertelfinale trifft ihr auf Mikkelin Jukurit aus Finnland. In der Gruppenphase habt ihr beide Spiele gewonnen. Wie sind sie einzuschätzen?

Komarek: Sie spielen ein sehr schnelles Eishockey, mit etwas weniger Struktur als wir es aus unserer Liga gewohnt sind. Ihr Spiel ist auf "Hit and Run" ausgelegt, sie fahren viele Konter. Sie sind gefährlich, wenn wir uns in ihr Spiel reinziehen lassen. Wenn wir unser Spiel durchziehen, gut spielen und vor allem mit Disziplin, dann haben wir sehr gute Chancen, ins Halbfinale einzuziehen.

"Die SHL ist die beste Liga in Europa, eine Stufe über der Schweiz einzuordnen."

LAOLA1: Birgen die zwei Gruppensiege eine gewisse Gefahr?

Komarek: Es gibt beide Seiten. Wir haben womöglich mehr Selbstvertrauen, weil wir in den zwei Begegnungen gut gegen sie gespielt haben, um einiges besser waren. Das kann einem helfen. Aber es kann schon gefährlich sein, wenn man dann glaubt, dass es von alleine gehen wird. Wenn wir konzentriert sind, uns an den Gameplan halten, dann ist das Selbstvertrauen sicher ein Vorteil. Die Gefahr, zu relaxt in das Spiel zu gehen, ist aber da.

LAOLA1: Vier von acht CHL-Viertelfinalisten kommen aus Schweden. Warum?

Komarek: Die SHL ist die beste Liga in Europa, eine Stufe über der Schweiz einzuordnen. Die Top-10-Spieler in der Schweiz sind vielleicht besser einzustufen als jene hier, aber diese Mittelschicht bzw. die zweite, dritte, vierte Linie ist hier so eng beieinander. Du findest hier wirklich nur gute Spieler, die ihr extrem hohes Niveau halten. Es gibt nur enge Spiele. Ich kann mich letztes Jahr vielleicht an zwei erinnern, die "easy wins" waren. Aber selbst bei 3:1 oder 4:1 ist das Spiel meistens hart umkämpft. Das ist in den meisten anderen Ligen nicht so.

LAOLA1: Wie intensiv verfolgst du das ÖEHV-Nationalteam?

Komarek: Bei der letzten WM habe ich fast keine Spiele live geschaut. Natürlich habe ich die Ergebnisse gesehen und mich gefreut, dass die Jungs den Klassenerhalt geschafft haben.

LAOLA1: Es ist ein Aufwärtstrend erkennbar, zuletzt überzeugte man beim Deutschland-Cup.

Komarek: Natürlich. Für mich sind diese November-Turniere aber immer mit Vorsicht zu genießen. Die WM ist der absolute Gradmesser. Dort haben wir super gespielt, sind oben geblieben und haben viele Punkte gesammelt. Ich war bei diesen Turnieren im November oder Februar selbst oft dabei, die Mannschaften sehen völlig anders aus als bei der WM. Da ist es schwierig, Schlüsse zu ziehen. Man kann total super sein und gegen Dänemark drei Mal gewinnen, bei der WM haben sie aber eine ganz andere Mannschaft. Da bin ich vorsichtig.

LAOLA1: Du warst beim bis dorthin letzten WM-Klassenerhalt 2018 dabei, heuer aber nicht.

"Ich habe Roger Bader im Sommer 2021 schon gesagt, dass ich vorerst nicht mehr zum Nationalteam komme und es eine Zeit lang so bleiben wird."

Komarek: Das war für mich die ganze Saison über klar, dass ich nicht mitfahre.

LAOLA1: Weshalb?

Komarek: Ich habe Roger Bader im Sommer 2021 schon gesagt, dass ich vorerst nicht mehr zum Nationalteam komme und es eine Zeit lang so bleiben wird. Ich will mich auf das Eishockey in meiner Mannschaft und auf meine Familie konzentrieren. Ich habe zwei Kinder, das jüngste ist im März auf die Welt gekommen. Da stelle ich die Familie in den Vordergrund. Wir haben im Playoff jeden zweiten Tag gespielt, das über zwei Monate hinweg. Die Auswärtsreisen in Schweden sind gleich einmal zwei Stunden im Flieger, nicht zwei Stunden im Bus. Da war ich sehr viel weg von der Familie, dann noch einmal drei bis vier Wochen komplett weg sein – das war für mich klar, dass es nicht funktionieren wird.

LAOLA1: Ist die WM 2023 ein Thema für dich?

Komarek: Nein. Ich will nicht sagen, dass ich nicht mehr für das Nationalteams spiele. Ich bin dafür noch zu jung, gerade in der Blüte meiner Karriere. So wie es jetzt ist, ist die Familie wichtiger für mich. Wir sind mit Lulea extrem viel weg, bei jedem Auswärtsspiel sind wir drei Tage unterwegs. Durch das ganze Jahr gezogen, ist das schon so viel Zeit weg von der Familie. Da muss ich Prioritäten setzen. Meine Kinder sind so klein, ich will das einfach nicht aufopfern.

LAOLA1: Was müsste passieren, damit du nochmal für Österreich auf das Eis gehst?

Komarek: Es wäre etwas anderes, wenn ich in der Schweiz spielen würde, wo man kein einziges Mal in einem Hotel schläft und jeden Tag daheim ist. Dann bist du, außer bei einer WM, nie von der Familie weg. Es kommt daher darauf an, wo ich spiele, wie es auch dort im Klub ausschaut. Es ist etwas komplexer. Ich will einfach nicht noch ein oder zwei Monate nach der Saison weg sein. Wenn sich die Vereinssituation ändern sollte, dann würde ich das nochmal anschauen. Ich spiele sehr gerne für das Nationalteam, es schmerzt auch, nicht dabei zu sein. Für mich ist die Familie aber größer.

LAOLA1: Dein Vertrag in Lulea läuft im Sommer aus. Ist ein Verbleib ein Thema?

Komarek: Ja, schon. Aber ich will von meinem Agenten nur wissen, wenn etwas am Tisch liegt. Früher wollte ich das immer genau wissen, wenn etwas gesagt wird. Ich weiß, dass es Gespräche gibt, aber nicht, wie weit die sind bzw. wie konkret es ist. Ich kann mir schon sehr gut vorstellen, dass ich hier bleibe.

"Da habe ich für mich entschieden, dass die NHL kein Thema ist."

LAOLA1: Kannst du dir auch vorstellen, nochmal in der Heimat zu spielen?

Komarek: Ja, auf jeden Fall. Ich habe eine super Zeit in Salzburg gehabt, bin mit vielen Spielern noch sehr gut befreundet und schaue viele Spiele von ihnen. Ich bin immer up to date, was dort passiert. Es muss aber das Richtige sein. Wann das passiert, kann ich nicht sagen.

LAOLA1: Abschließend: 2016 hast du in einem LAOLA1-Interview noch von der NHL geträumt. Du warst damals 24 Jahre alt. Warum wurde es nie mehr als ein Traum?

Komarek: Ich habe nach meinem zweiten Jahr in Schweden (Anm: 2017/18) eigentlich einen Strich darunter gesetzt und für mich entschieden, dass die NHL nichts für mich ist. Natürlich hätte ich gerne dort gespielt. Ich bin aber ein offensiver Spieler und will in den ersten zwei Linien spielen. Ich habe eingesehen, dass ich für das Eishockey, das ich spielen will, nicht gut genug bin, um in der stärksten Liga der Welt in den ersten beiden Linien zu spielen. Dass ich in der AHL kämpfe, dann funktioniert es sowieso nicht, der Eishockey-Stil auch. Da habe ich dann einfach damit abgehakt. Ich bin nicht gut genug, dass ich in der NHL jemals in einer Powerplay-Rolle spielen hätte können. Da habe ich für mich entschieden, dass die NHL kein Thema ist. Es ist auch nie etwas gekommen, und selbst wenn, hätte ich für mich selbst entschieden gehabt, dass es nicht der richtige Weg wäre.


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