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"Domestic Players": Was bringt die Regelung im Vergleich?

Wie würde sich die Regel in Deutschland und der Schweiz auf das Nationalteam auswirken?

Foto: © GEPA

Wie groß ist das Potenzial an Nationalspielern in der deutschen DEL, Schweizer NL und der win2day ICE Hockey League?

Wie viele Plätze sind durch nicht für das jeweilige Nationalteam spielberechtigen Cracks belegt?

Eine Übersicht über die "Domestic Players" dieser drei Ligen von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:

Der ÖEHV und die ICE brüteten im letzten Frühjahr eine Regelung aus, die die Punkteregelung einerseits ersetzen, andrerseits einheimische Spieler fördern sollte. Einfach zusammengefasst: Wenn du zu Beginn der Saison nicht für das österreichische Nationalteam (lassen wir die anderen drei ICE-Länder einmal weg) spielberechtigt bist, giltst du als "Non-Domestic Player", also quasi als Legionär. Doppelstaatsbürgerschafen, Einheimischen-Status durch Spiele im Nachwuchs – alles egal, nur die Berechtigung für das ÖEHV-Team gilt.

Was wäre, wenn diese Regel auch in der Schweiz und Deutschland gelten würde? Eine Gegenüberstellung unter den folgenden Kriterien:

Pro Team der höchsten Spielklasse wird ein Kader von 24 Mann (2 G/8 D/14 F) angenommen. Nachwuchsspieler, die nicht zum engeren Kader gehören, sind also ausgenommen.

Datum für die Nationalteamberechtigung ist der jeweilige Saisonstart, also Mitte September. Das ist deshalb wichtig, weil in der DEL einige Spieler am Ende der Saison theoretisch bei der WM spielen könnten, zu Ligabeginn aber noch als Non-Domestic Player agiert hätten.

Es gelten die Regeln der IIHF für die Nationalteams: Es muss ein Pass für das jeweilige Nationalteam vorliegen, der Spieler muss ununterbrochen 480 Tage in diesem Land gemeldet sein und in dieser Zeit keine WM für ein anderes Land bestritten haben. Hat er bereits eine WM oder Olympia für ein anderes Land absolviert, erhöht sich diese Zeit auf 1.460 Tage. Das gilt etwa für einen Brendan Maxwell, der in der Saison 2017/18 noch zum Olympiakader der USA gehörte.

Ob die Spieler wirklich ein Thema für die jeweiligen Teamchefs sind, ist zum Zweck der Gegenüberstellung egal. Natürlich kommen die unzähligen ältlichen Deutsch-Kanadier nie für das DEB-Team in Frage, aber sie erfüllen den Status des Domestic Players. Auch in Österreich ist John Hughes, der nach langem Warten endlich seinen Pass bekam, kein Thema für Roger Bader, gilt aber trotzdem als Domestic Player.

Bei allen Teams wird die Höchstgrenze der Legionäre am Spielbericht (DEL: 9, NL: 6, ICE: 10) angenommen. Ausnahmen sind nur Red Bull München, die Vienna Capitals und die Black Wings Linz, die heuer weniger Legionäre gemeldet bzw. eingesetzt haben. Verletzungsausfälle bzw. Ersatzausländer werden nicht berücksichtigt.

ICE

Acht Teams mit insgesamt 77 echten Legionären, dazu kommt noch Peter Hochkofler, der zwar für das italienische Nationalteam aufläuft, per Ausnahmegenehmigung jedoch für Salzburg als Domestic Player gilt.

Da die Regel dieser Liga entstammte, ist sie hier auch am einfachsten nachzuvollziehen. Von den 192 Kaderplätzen der acht Teams sind 78 von Spielern belegt, die nicht für das ÖEHV-Team spielen können. Es bleiben also 114 einheimische Cracks über, also 14,25 pro Team.

DEL

Unzählige Doppelstaatsbürger in der Liga, das deutsche Recht erlaubt im Gegensatz zum österreichischen zwei Pässe nebeneinander. Im Gegensatz zur ICE spielt sich die DEL nicht als Über-Behörde auf – wer einen deutschen Pass hat, ist damit uneingeschränkt als Inländer anerkannt. Natürlich wird auch der Nachfolger von Toni Söderholm nicht auf Spieler wie Will Weber, Garrett Festerling oder Colton Jobke zurückgreifen – sie wären aber für den DEB spielberechtigt.

Zu den 134 Legionären der 15 Teams kommen noch einige Spezialfälle dazu, die zwar (noch) nicht für den DEB spielberechtigt wären, das Ausländerkontingent ihrer Teams aber nicht belasten. Neben Maxwell, der erst in seiner dritten DEL-Saison steht, sind das Vladimir Eminger (nach Spielen für Tschechien ebenfalls erst in seiner dritten Saison), Goalie Oleg Shilin (in seiner zweiten Saison in Deutschland), Marcel Barinka (bestritt im Frühjahr 2019 noch eine U18-WM für Tschechien) oder die beiden Italiener Peter Spornberger und Alex Trivellato bei Schwenningen.

Dominik Uher absolvierte vor zehn Jahren eine Junioren-WM für Tschechien, ein Nationenwechsel wäre also während seiner fünf Jahre in Bremerhaven längst möglich gewesen. Mit ihm macht diese Riege der Non-Domestic Players sieben Cracks aus.

Also 15 Teams mit jeweils 24 Spielern, insgesamt 360. Davon 141 nicht für das DEB-Team spielberechtigte Spieler abgerechnet bedeuten 219 theoretische Nationalteamkandidaten, 14,6 pro Team und damit etwas mehr als in Österreich.

NL

Jahrelang rühmte man sich, pro Team nur vier Legionäre zu beschäftigen. Heuer wurde diese Zahl auf sechs erhöht. Wären ja immer noch wesentlich weniger als die neun bzw. zehn in der DEL und ICE. Nur: Die Eidgenossen lassen die "Eishockey-Schweizer" gerne unter den Tisch fallen. Ein Nordamerikaner, frisch aus der AHL angereist: Böse, kann einem Schweizer den Job kosten. Ein Österreicher oder Lette, der durch Jahre im Nachwuchs keinen Ausländerplatz belegt, aber keinen Pass hat und daher nicht für die Schweiz spielberechtigt ist: Kein Problem, nur herein mit ihm.

Diese Gruppe, die sich vor allem aus Österreichern (acht), Franzosen, Italienern und Letten zusammensetzt, umfasst nach meiner Rechnung 22 Cracks, die zu den 84 "echten" Legionären der 14 Teams dazugerechnet werden müssen.

336 Spieler–106=230, also 16,43 pro Team. Knapp zwei mehr als in der DEL oder ICE also, zwei Drittel jedes Kaders sind also potentielle Schweizer Nationalspieler.

Fazit

Eine Zahlenspielerei oder doch mehr? Nur weil in der DEL ein Team mehr als in der NL spielt (und gleich sieben mehr als in der ICE), erhöht das nicht automatisch die Anzahl der potentiellen Nationalspieler. Ein Mitläufer in der höchsten Spielklasse kann weniger Potential aufweisen als ein (jüngerer) Leistungsträger in der zweithöchsten Spielklasse, daher ist das Etikett "DEL/NL/ICE-Spieler" nicht unbedingt ein Adelsprädikat.

Und wie dünn etwa der österreichische Spielermarkt ist – nicht zuletzt auch durch den Abgang der Eishockey-Schweizer – kann an den Einzel- und Teamleistungen der Pioneers Vorarlberg abgelesen werden. Würde eine Aufstockung der österreichischen Teams – ohnehin nicht realistisch – automatisch mehr potentielle Teamspieler bedeuten? Wohl kaum. Die Leistungen und Resultate der Schweizer Junioren-Nationalteams der letzten Jahre lassen mir schon die NL mit ihren 14 Teams als äußerst aufgebläht erscheinen.

Der ÖEHV und die ICE hat mit dem Status der Domestic Player die schützende Hand über die Österreicher legen wollen. Andere Ligen, die das nicht tun (eben die NL und DEL), stehen in absoluten Zahlen nicht übermäßig anders da. Ein Indiz für die Leistungsstärke des Nationalteams kann daraus nicht abgeleitet werden. Die Schweiz hat in den letzten Jahren eine Seitwärtsbewegung hingelegt, während Deutschland (bei immer gleichbleibender Legionärszahl) sie zumindest zeitweise überholte.

Österreich wiederum produzierte in den letzten Jahren einige Highlight-Player, zu denen heuer auch David Reinbacher gehört. Doch mit dem Status der Domestic Players hat das alles wenig zu tun, viel mehr mit verbesserter Nachwuchsarbeit (vor allem in Deutschland) und starken bzw. schwachen Jahrgängen, von denen diese drei Länder im Gegensatz zu Finnland oder Schweden etwa gleichermaßen abhängig sind.

 

LAOLA1 zeigt jetzt Spiele der Schweizer NL LIVE! Die ersten Übertragungen:

Genf - Ambri-Piotta: Freitag, ab 19:45 Uhr LIVE>>>

Kloten - Genf: Samstag, ab 19:45 Uhr LIVE>>>

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