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Freimüllers Abgesang auf die "Flop 4" der ICE

Darum befinden sich Linz, Dornbirn, Innsbruck und Graz bereits im Urlaub:

Freimüllers Abgesang auf die Foto: © GEPA

Während Salzburg, VSV, KAC und die Vienna Capitals derzeit noch in den Playoffs der win2day ICE Hockey League stehen, ist für vier österreichische ICE-Teams schon die Off-Season angebrochen.

Die Black Wings Linz mussten sich als klares Schlusslicht nach dem Grunddurchgang ebenso frühzeitig in den Urlaub verabschieden wie die Dornbirn Bulldogs, der HC Innsbruck und die in den Pre-Playoffs am HC Znojmo gescheiterten Graz99ers.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf die Saisonen der jeweiligen Teams und erklärt, was dort über den Sommer passieren muss:

Black Wings Linz

Es war für mich unvorstellbar, dass dem "Winter unseres Missvergnügens" ein zweiter folgen würde. Aber genauso kam es, die Black Wings liefen von Beginn an der Musik hinterher und jegliche Hoffnungen auf eine (Pre)-Playoff-Teilnahme hielten nicht einmal bis zum Weihnachtsfest.

General Manager Gregor Baumgartner versuchte alles, tauschte den Coach (für Dan Ceman kam Schreihals Raimo Summanen, der aber nicht bis zum Saisonende blieb), mehrere Legionäre (Umicevic, Dzerins sowie der verletzte Josh Roach) mussten gehen, außer Spesen nichts gewesen war das Fazit.

Präsident Peter Nader, der Baumgartner (weiß Gott mit vielen schlechten Legionärsauswahlen) in einem Interview nichts Gutes nachsagte, selbst natürlich aber auch in einige Personalentscheidungen involviert war, setzt nun mit Philipp Lukas auf eine Lösung in Personalunion als Coach und Sportlicher Leiter. Die langgedienten Mark Szücs und Jürgen Penker bleiben in ihren Positionen.

Das bringt natürlich positive Gefühle bei den (übriggebliebenen) Fans und in der Zusammenarbeit mit den (stadtnahen) Sponsoren, nur: Wie in Villach vor Jahren gesehen, kann auch eine Vereinslegende wie Gerhard Unterluggauer schnell Kredit verspielen.

Es kann in Linz fast nur besser werden

Nach zwei desaströsen Saisonen muss es in Linz umgehend nach oben gehen. Hilfreich dabei: Die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. Hat etwa Baumgartner den löchrigen Goalie Jared Coreau wirklich ohne jeglichen Input seines Goalie-Trainers verpflichtet?

Der Großteil des Österreicher-Kerns dürfte bleiben, was einen brauchbaren Kader-Grundstock ergibt. Allerdings: Bis auf Brian Lebler sind doch die meisten von ihnen scorertechnisch berechenbar, selbst die eine oder andere Breakout-Saison könnte die Nadel für das Team nicht zum Ausschlagen bringen. Mit anderen Worten: Zu Leuten wie Marco Brucker und Julian Pusnik sollten halt nicht wieder Tiefencenter wie Andris Dzerins und Dalibor Bortnak geholt werden.

Auch wenn Lukas gerade erst mit den Steel Wings die AlpsHL-Saison beendet hat, erscheint der Weg in eine bessere Zukunft klar: Im Vergleich zu Innsbruck, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten immer über Top-Ausländer verfügen, brauchen die Black Wings eine wesentlich bessere Hand bei der Legionärsauswahl als zuletzt.

Bei den Steel Wings waren die Ausländer wirklich die Antreiber, allerdings ist der AlpsHL-Markt natürlich ein ganz anderer als der eine Stufe darüber, schon alleine von den anbietenden Agenten her. Lukas ist intelligent und strukturiert genug, um diesen Unterschied zu erkennen. Die Umsetzung davon wird aber über die Zukunft des Linzer Eishockeys entscheiden.

Dornbirn Bulldogs

Zwei Teams, zwei völlig verschiedene Herangehensweisen, aber das gleiche Resultat: Während die im Treibsand versinkenden Linzer wild um sich herumschlugen, begnügten sich die Bulldogs damit "Näher, mein Gott, zu dir" zu singen und verzichteten auf größere Personalrochaden. Eine der beiden Nachverpflichtungen, Center Shawn O'Donnell, zog es vor allem wegen einer Herzensbande nach Ravensburg ins unweit entfernte Dornbirn.

Mit Linus Lundin kam noch ein Goalie, der allerdings nur, um nach dem Karriereende von Lukas Herzog wenigstens einen zweiten Torhüter zu haben. Das Experiment mit zwei österreichischen Goalies war ehrenhaft, aber erfolglos, nicht nur wegen Herzogs desolater Hüfte spannte man hier zwei Karriere-Backups zusammen.

Wie in Linz sind die Einheimischen berechenbar, wenn auch von der Anzahl her geringer. Das Trio Macierzynski-Häussle-Schwinger braucht sich nichts vorzuwerfen. Goalie Felix Beck, zeitweise aus Bregenzerwald ausgeliehen, zeigte sich bei seinen Einsätzen mehr als nur solide und sollte in der nächsten Saison den Sprung aus der AlpsHL schaffen.

Davis Vandane überzeugte durch Schussstärke, Kevin Hancock durch gute Beine und schnellen Abschluss, Defender Matthew Spencer und Winger Colton Beck waren auch absolut ok. Aber die Legionärsauswahl ist meines Erachtens nach seit dem Abgang von Langzeit-Coach Dave MacQueen eher schlechter geworden.

Stars waren zuletzt stets ein Schuss in den Offen

Besonders desaströs für eine kleine Organisation wie die Bulldogs: Die angekündigten Stars waren zuletzt stets ein Schuss in den Ofen, von Jordan Subban, Olle Liss bis zu heuer Vladimir Ruzicka (wie von mir befürchtet) und Defender Teemu Suhonen, der mit dem Zweikampfverhalten eines (körperlich schwachen) Jugendspielers aufwartete.

Im Gegensatz zum letzten Sommer muss Manager Alex Kutzer – ein Ein-Mann-Betrieb wie sonst nirgends in der Liga – nicht darum bangen, dass ihm die Legionäre reihenweise abgeworben werden, Kaliber wie Matt MacKenzie oder William Rapuzzi fanden sich heuer nicht im Aufgebot.

Um wieder in die Nähe der Playoff-Plätze zu kommen – was dem DEC meist nach einer schwachen Saison gelingt – braucht es neben besseren Legionären aber auch den einen oder anderen Österreicher mehr und das auf einem Markt, der heuer sicher eher den Spielern als den Vereinen zu Gute kommen wird.

HC Innsbruck

Im Gegensatz zu Dornbirn und Linz fighteten die Haie bis zuletzt um einen Pre-Playoff-Platz, ehe die Corona-Inaktivität der Graz99ers am letzten Wochenende des Grunddurchgangs auch die letzten Hoffnungen beendete. Doch der Trend entsprach dem der letzten Jahre: Gegen Saisonende ging Innsbruck doch etwas der Saft aus.

Im Gegensatz zur abgeschlagenen Konkurrenz aus Dornbirn und Linz sind nicht die Legionäre, sondern der Österreicher-Stamm das Problem. Coach Mitch O'Keefe strich vor allem in der Saison-Schlussphase sein Aufgebot bei Ausfällen schnell auf fünf Defender und drei Linien zurück. Fehlt es da nur am Vertrauen zu den Einheimischen oder stehen ganz einfach Leute im (wie immer schmalen) Aufgebot, die anderswo über die AlpsHL nicht hinausgekommen wären?

Ich tendierte eher zu letzterer Sichtweise, es gibt halt schon einen Unterschied zwischen ICE-Spielern (=bringen Liganiveau mit) und Spielern, die in der ICE spielen (=weil halt kein anderer da ist).

Immerhin: Mit Nico Feldner bekamen die Haie einen überdurchschnittlichen Österreicher dazu, Martin Ulmer und Daniel Jakubitzka riefen das ab, was man sich von ihnen realistisch erwarten konnte. Lukas Bär erinnerte nach Verletzungen und Verteidiger-Umwege daran, dass er im Nachwuchs doch ein Scorer war.

Nicht die Legionäre sind in Innsbruck das Problem

O'Keefe brachte in den beiden letzten Jahren Leute wie Braden Christoffer, Daniel Ciampini, Sam Herr, Michael Huntebrinker oder Tim McGauley in die ICE, auch Leute wie Zach Magwood oder Alex Dostie weisen ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis auf. Allerdings: Die Tatsache, dass in Innsbruck immer die Offensive vor der Defensive kommt, konnte O’Keefe heuer zwar etwas justieren, aber keineswegs eliminieren.

Die Kernfrage für die nächste Saison: Selbst zu Höchstzeiten mit 13 Legionären war das Haie-Aufgebot immer dünn. Wie wird das dann erst mit den sich abzeichnenden zehn? Ist man wenigstens bereits, das Gehalt (und Wohnung) des heurigen U24-Legionärs Magwood einem Österreicher anzubieten?

Nach acht von zehn Ligajahren außerhalb der Playoffs könnte sonst schon der eine oder andere Missgriff am Legionärsmarkt zu einer Saison wie heuer in Linz oder Dornbirn führen, an einen Massen-Zuzug von Qualitäts-Österreichern ist ohnehin nicht zu denken.

Graz99ers

Im Gegensatz zu den anderen drei Teams tue ich mir mit einer Fehlerdiagnose in Graz wesentlicher schwerer, nicht nur, weil die 99ers natürlich auch weit über Linz oder Dornbirn zu stellen waren.

Die Einheimischen? Lieferten solide oder sogar überragende Saisonen (Grafenthin und Schiechl als Top-Torjäger!) ab.

Die Imports? Klar, Simon Hjalmarsson oder Andrew Gordon konnten die (zu) hohen Ansprüche nicht erfüllen, aber Totalflops passierten Ex-Headcoach und Spieler-Recruiter Jens Gustafsson auch keine.

Die Torhüter, immer eine Achillesferse in Graz? Mit Christian Engstrand kam nach dem dauerverletzten Anthony Peters und Übergangslösung Niklas Lundström ein Mann, der so manche enge Partie noch für die Grazer entschied.

Beamten-Eishockey und kaum Jugend

Gustafsson muss sich ankreiden lassen, dass längere gute Phasen durch Perioden abgelöst wurden, in denen so gut wie nichts gelang und vor allem gegen Ende der Saison die Offensive völlig austrocknete. Irgendwie wirkte das Ganze für mich zeitweise wie Beamten-Eishockey, Ben Bloods böse Blicke wirkten da zwar ablenkend, aber keineswegs inspirierend.

Nach zwei Jahren ohne Playoffs, davon einmal als Letzter, hatte Gustafsson in puncto Vertragsverlängerung natürlich keine guten Karten, schon gar nicht bei den 99ers, wo Trainerwechsel schon aus geringeren Anlässen durchgeführt wurden.

Als großer Jugendförderer, als der er angekündigt wurde, tat sich der Schwede auch nicht hervor, einzig Philipp Maurer hatte von Beginn an bei ihm einen Stein im Brett. Allerdings: Wer etwa Kevin Pesendorfer oder Kilian Rappold mehrere Male bei den Silver-Caps spielen gesehen hat, hätte auch keine begeisterten Depeschen in den Bunker geschickt.

Neue Legionärs-Philosophie zeichnet sich ab

Was Graz mit Gustafsson verliert, ist sicher ein Mann mit ausgezeichneten Kontakten in seine Heimat. Die 99ers verpflichteten in den letzten Jahren (auch schon mit ihm als Co-Trainer) unzählige Cracks mit Schweden-Bezug. Ob das ein Segen oder – wie im Aktien-Bereich – "Home Bias" auch ein Nachteil war? Die nächsten Jahre als Vergleich werden es zeigen.

Und diese werden die 99ers eben wieder mit einem neuen Coach und unzähligen neuen Cracks beginnen, die aber (Versprochen!) diesmal wirklich die richtigen sein werden.

Eines sollte aber ausgeschlossen sein: Ein Engagement von Michael Latta vor der Trading Deadline. Der eignete sich bei den zwei Versuchen bisher nämlich weder als Verstärkung noch als Maskottchen für den Playoff-Run.


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