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Bernd Freimüller checkt die letzten EBEL-Sniper

Reine Goalgetter sterben aus - Bernd Freimüller stellt die letzten Exemplare vor:

Bernd Freimüller checkt die letzten EBEL-Sniper

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Wie im Fußball ist auch im Eishockey die Gattung der reinen Goalgetter am Aussterben – "Sniper", die sich gerne bedienen lassen, mangelnde Lauf- und Defensivarbeit aber mit vielen und wichtigen Toren zurückzahlen. Könnte etwa ein Brett Hull, der sich fast nur über seinen One-Timer definierte, heute noch mithalten? Zweifel sind zumindest angebracht.

LAOLA1 wirft einen Blick auf die letzten Sniper der EBEL.

Portrait Jamie Lundmark Jamie Lundmark (KAC, RW, 35 Jahre, 2016/17 23 Saisontreffer)

Vielleicht das beste und konstanteste Beispiel dieser Gattung. Kann auch Center spielen, ist aber am Flügel besser aufgehoben. Rechtsschütze, spielt auch am rechten Flügel, wechselt aber im Powerplay nach links und schießt von dort von seinem Off Wing. Operiert in Überzahl von den linken Hashmarks bis zurück zur blauen Linie. Einer der wenigen Spieler, die aus großer Distanz und bei freier Sicht den Goalie bezwingen können, indem er den Torhüter mit seinem Schuss einfach "overpowered". Durchaus ein guter Passgeber, aber seine Abschlussqualitäten sind für den KAC unverzichtbar.

Portrait Brian Lebler Brian Lebler (Black Wings Linz, LW, 28 Jahre, 23 Tore)

Ein Bulle im Slot, von dort in der EBEL kaum zu verdrängen. Jetzt (fast) wieder auf dem Niveau vor seinem DEL-Abstecher. Wenn er zwischen den Hashmarks zum Abschluss kommt, ist die Messe für den Goalie meist gelesen. Schneller, ansatzloser Wrister, lehnt sich in den Schuss. Im Gegensatz zu Lundmark erzielt er auch einen Großteil seiner Tore durch Abfälscher. Hat keine Angst, ist ein Bulle auf den Eisen, hat aber sein aktives Körperspiel nach vielen Strafen (nicht alle berechtigt) etwas reduziert. Mangel an Spritzigkeit und Antritt wirken sich am internationalen Parkett mehr aus als in der EBEL. Jahr für Jahr ein Torgarant, Gesamtpaket ist aber etwas weniger abgerundet als das von Lundmark.

Portrait Brodie Reid Brodie Reid (HC Bozen, RW, 27 Jahre, 20 Tore)

Wurde mir vor seinem Transfer in die EBEL als "pure stationary shooter with a big time shot" beschrieben – ein Spieler also, der seinen sehr guten Schuss einsetzt, seine Beine aber zu wenig bewegt. Eine durchaus zutreffende Beschreibung, vor allem, wenn man dann weiterliest: "Wants to slow the game down, but he does play with pace when he plays with faster players" - möchte das Spiel auf seine Geschwindigkeit reduzieren, kann sich aber durchaus schnelleren Spielern anpassen.

Alles zutreffend – er ist sicher für das EBEL-Eishockey schnell genug, auch wenn seine Beine kein Asset sind. Präsentiert sich in Bozen als keineswegs nur offensiver Spieler, Tom Pokel verwendet ihn auch im Penaltykilling und beim Verwalten eines Vorsprungs. Definiert sich aber über seinen Schuss, vor allem im Powerplay – kann auf der linken Seite (als Rechtsschütze) zwischen der Torlinie und den Hashmarks selbst in kleinste Öffnungen treffen. Hat die Fähigkeit, die Scheibe auch aus Nahdistanz hochzubringen ("can elevate his shot") – unablässlich für einen Sniper und bei den vielen kleinen Torhütern in der EBEL auch ein großer Vorteil.

Reid verletzte sich letzte Saison gleich bei seinem Ligadebüt, war erst in den Playoffs wieder völlig hergestellt. Andere EBEL-Teams vertrauten ihm trotz guter Scorerzahlen in der Endrunde (zwölf Punkte in sechs Spielen) nicht, das sollte sich im heurigen Sommer ändern. Könnte mit einem Spitzencenter sogar noch besser scoren.


Zwei Legenden in der KHL am Start:

(Text wird unterhalb fortgesetzt)


Portrait Kyle Beach Kyle Beach (Graz99ers, RW, 26 Jahre, 22 Tore)

Definiert sich über seinen Schuss und über seine Fähigkeit, Raum für eben diesen zu finden. Hängt gerne im "High Slot" herum, versucht dort, in den Rücken der Abwehr zu kommen und wartet darauf, seinen Wristshot einsetzen zu können. Der kommt in einer schnellen Bewegung ohne Ansatz und hat NHL-Niveau. Zweite Schussvariante für ihn sind Snapshots, braucht jedenfalls nie einen langen Windup. Schüsse sind oft zu schnell für Zuschauer und Goalies.

War in Salzburg meines Erachtens noch mehr vor dem Tor aktiv. Profitierte vor allem in der ersten Saisonhälfte von Oliver Setzingers punktgenauen Vorlagen, selbst kreiert er kaum Offensive.

Ein Provokateur, der dem Gegner unter die Haut gehen kann, allerdings selbst nur ab und zu in Schlägereien involviert. Sein Verhalten abseits des Eises rief schon in seinem Draftjahr bei den meisten Scouts nur Kopfschütteln hervor…

Portrait Jonathan Ferland Jonathan Ferland (Vienna Capitals, RW, 33 Jahre, 13 Tore)

Nicht ganz so viele Treffer wie der Rest dieser Liste, aber vielleicht das größte Comeback seit Lazarus: Baute in den letzten Jahren kontinuierlich ab, nach seiner schweren Augenverletzung in den Playoffs musste man sich sogar über seine Gesundheit Sorgen machen. Caps-Coach Serge Aubin fand aber über die Franko-Schiene Zugang zu seinem Kapitän, der vor allem in den letzten Wochen wie einst im Mai agiert. Körperlich ums das Tor herum wieder mit großer Präsenz – wie ein gegnerischer Coach sagte: "Du musst ihn schon vorher eliminieren, vor dem Tor kriegst du ihn sonst nicht weg."

Seine Beine sind weit weniger schwerfällig als in den letzten Saisonen, kann auch größere Kaliber als Dornbirns Mike Caruso – verwandelte ihn vor kurzem bei einem Solotreffer zu einem Brezel – schlecht aussehen lassen.

Geht wieder mit mehr Gusto vor das Tor, kann dort freie Pucks für sich und andere herausholen. Auch sein Lieblingsmove – neben dem Tor stehend, mit einem Defender auf ihm hängend, ein Backhandpass zurück in den Slot – funktioniert wieder. Ein Abschlussspieler mit körperlicher Präsenz rund ums Tor und in dieser Rolle für die Caps wieder Gold wert...

Portrait Austin Smith Austin Smith (Innsbrucker Haie, W, 28 Jahre, 19 Tore)

Kam wie angekündigt: Gefährlich ums Tor herum, schneller, ansatzloser Schuss, kann die oberen Ecken des Tores anvisieren. Vor allem im Powerplay sehr gefährlich, kann sich von der Seitenbande zum Tor hin bewegen. Sehr gute Chemie mit Center Andrew Clark. Allerdings auch ein Posterboy für die Haie: Offensiv mit sehr gutem Liganiveau, defensiv und im Körperspiel darunter. War in der Vorbereitung nach einer Hüftoperation noch verletzt, passte sich dem EBEL-Niveau aber schnell an. Ein guter Sniper für europäische Durchschnittsligen...

Bemerkenswert an dieser Liste: Mit Ausnahme von Brian Lebler handelt es sich ausschließlich um Rechtschützen!


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