news

EBEL: Die Kuriositäten des Videobeweises

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller klärt vor Start der EBEL-Playoffs Fragen zum Videobeweis:

EBEL: Die Kuriositäten des Videobeweises

presented by

„It’s a Video Life“ – ein alter Hadern, aber in den EBEL-Playoffs mit neuer Gültigkeit. LAOLA1 wirft einen Blick auf die Rolle der Video Reviews in den nächsten Wochen.

Erwarte in den Playoffs ungefähr zweimal so viele Diskussionen über Schiedsrichterentscheidungen als in den letzten Jahren. Wie das? Ganz einfach - zweimal so viele Übertragungen durch das Tandem „Sky“ sowie „ServusTV“ und bei Fernseh-Übertragungen wird ja selbst jede richtige Entscheidung x-mal mehr diskutiert als eklatante Fehler bei Spielen, die nicht im Bild zu sehen sind.

Die Liga versucht, krasse Fehler so weit wie möglich auszuschalten und hat für die Playoffs auch einige Änderungen überdacht bzw. eingeführt. Ein Blick darauf, was in den nächsten Wochen zu erwarten ist:

Wieviele Kameras werden verwendet und welche dürfen von den Refs herangezogen werden?

Eine weite Bandbreite: Bei TV-Spielen können die Refs alle Kameraperspektiven heranziehen, auch die der TV-Stationen. Bei Spielen, die nicht übertragen werden, wird es da schon schwieriger: In den letzten Wochen haben sich die Kameras in den Hallen zwischen drei (Laibach) und sechs (stets solide etwa in Salzburg oder Wien) eingependelt. Das war nicht immer so – nicht nur einmal in den letzten Saisonen musste jeglicher Videobeweis entfallen, da keine der Kameras funktionierte! Kurios auch der zeitweilige Zustand in Znojmo: Die Kameras waren so am Hallendach angebracht, dass die Bilder einem Schneesturm gleichkamen und kein einziger der Spieler auf der weißen Eisfläche auszumachen war. In dieser Phase lieferten diese Bilder weder Videobeweise in der Halle noch Grundlagen für DOPS-Urteile.

Sechs Kameras – die müssen doch ausreichen?

Das Problem ist: Die Refs selbst sehen auf den Bildschirmen nur die Übertor-Perspektiven. Da mag dabei helfen, um zu sehen, ob die Scheibe über der Linie war, aber vor allem bei Fällen, wo es um Abfälscher mit hohen Stöcken geht, ist diese Perspektive fast immer nutzlos.

Diese Diskrepanz zwischen bis zu sechs Perspektiven im Gamecenter und zwei bei der Zeitnehmung führt dann auch immer zu Diskussionen. Doch die Refs können halt nur aufgrund der Bilder entscheiden, die ihnen vorliegen und auch da ist die Qualität oft mehr als mangelhaft. Die Unterschiede zwischen den Bildern für die Schiris, die für das Gamecenter und die für die Highlight-Videos sind also beträchtlich.

Was wären die Alternativen?

Die Liga erprobte in den letzten Wochen zwei neue Varianten:

  • Nach NHL-Vorbild wollte man den „Situation Room“ – sprich die Ligazentrale in Ebensee – einbinden. Die Refs hätten also die Meinung eines „Oberschiedsrichters“ einholen können, der aufgrund von zusätzlichen Bildperspektiven entscheiden oder zumindest seine Meinung äußern hätte können. Das funktionierte aber aus mehreren Gründen nicht: Der Zeitverzug zwischen dem Live-Geschehen und den Bildern in Ebensee erwies sich als zu lange (bis zu 15 Sekunden) – das könnte zu einer Situation führen, dass Ebensee einen Fehler aufdeckt, das Spiel aber schon lange fortgesetzt worden wäre. Dazu kommt weiterhin die Ungewissheit, welche Halle welche Bilder liefern kann, zu instabil sind oft die Internetverbindungen. Noch dazu handelt es sich um Stummfilme, man hört weder Schiripfiffe noch die Schlusssirenen. Die Entscheidung fällt also weiterhin in der jeweiligen Halle.
  • Die Refs bekommen zusätzliche Bilder auf iPads eingespielt: Auch diese Variante nach NHL-Vorbild wurde in den letzten Wochen erprobt. Doch schon in Übersee erwies sich das als wenig praktikabel – während auf den riesigen Videowürfeln bzw. großen HD-Bildschirmen alles klar zu sehen waren, standen die Refs mit ihren winzigen iPads verloren am Eis herum und spulten Szenen ewig hin- und zurück. Kein Wunder, dass auch die EBEL diesen Weg (vorläufig) als nicht praktikabel ersah…

Es bleibt für die Playoffs also alles beim Alten?

Nicht ganz: Bei „Elimination Games“ (=Spiele, bei denen ein Team ausscheiden kann) und bei allen Finalspielen wird ein Standby-Headreferee entsandt, der sich auf der Strafbank aufhalten wird. Er soll die Refs unterstützen, kann sich etwa Szenen sogar nochmals anschauen, während das Spiel noch im Gange ist und soll auch einen Blick auf die Spielzeit werfen – der Glaube der Liga an die Objektivität mancher Zeitnehmer ist nämlich enden wollend. Die Letztentscheidung bei umstrittenen Toren bleibt aber bei den Refs auf dem Eis.

Doch bei dieser Variante – einmalig in der Eishockeywelt – steckt der Teufel im Detail. Die neun Kriterien für Videobeweise sind klar definiert, nur: Was, wenn ein Tor etwa aufgrund eines vorhergehenden Fouls umstritten ist? Es muss für einen Head, der auf dem Eis steht und wilden Reklamationen ausgesetzt ist, doch verdammt verlockend sein, mit seinem Kollegen, der nur einige Meter entfernt alles auf dem Bildschirm sieht (vielleicht noch in Zeitlupe), Rücksprache zu halten. Menschlich verständlich, regeltechnisch aber ein „No-Go“. In den letzten Playoffs gab es aber zumindest einen Fall, wo mittels stiller Post eine Entscheidung (Torvorlage mit dem hohen Stock) umgedreht wurde. Wie immer im Leben: Wo kein Kläger, da kein Richter...

Was können wir also von den Playoffs erwarten?

Das gleiche wie immer: Erhöhte Intensität, sprich mehr und härtere Checks. „Speed und Skills“ soll zwar weiter gefördert werden, Spielverzögerungen (etwa, damit man die Topspieler öfters aufs Eis bringt) verhindert werden. Doch die Vergangenheit bewies: Gewisse Spiele und Serien verlaufen völlig ruhig, während andere oft unerwartet völlig ausarten. Und auch wenn in den letzten Jahren das Körperspiel durch das verschärfte Regelwerk reduziert wurde, wird ab und zu ein Moment kommen, wo die Refs die Kontrolle verlieren und auf beiden Seiten Spieler gefordert sind, die das Gesetz in die eigene Hand nehmen.

Nicht nur daraus resultieren dann die Diskussionen über einzelne Attacken – was für die eine Seite ein dreckiges Foul war, das mehrere Spiele Sperre nach sich ziehen muss, wird von der Gegenseite als Schuld des anderen Spielers gesehen, der sich in den Check drehte. Das liegt in der Natur der Sache, die Refs sehen diese Attacken nur in Realzeit und da ist schon die Entscheidungen zwischen gar nichts, 2 Minuten oder 5 & Spieldauer (löste die Matchstrafe in fast allen Fällen ab) schwer genug, die End-Entscheidung liegt beim DOPS.

Die Torentscheidungen hingegen müssen weiter auf dem Eis (oder nach dem Video Review) fallen: Im Gegensatz zur IIHF müssen sich die Refs auch damit befassen, ob der Goalie beim Torschuss behindert wurde (oft mit dem längst aus dem Regelbuch verschwundenen Begriff „Torraumabseits“ beschrieben). Da geht es immer in den Schwarz-Weiß-Bereich, alleine diese Szenen umfassen im Regelbuch mehrere Seiten und eine gesicherte Wahrheit gibt es in den meisten Fällen nicht. Selbst unter den Refs werden da viele Fälle kontrovers diskutiert, da helfen (subjektive) Meinungen von Außenstehenden gar nicht weiter.

Auch Tore, die vom Schlittschuh ins Tor springen, sorgen meist für Meinungskakophonie: Doch hier gehen EBEL-Casebook (bei Streitfällen immer die höchste Instanz), IIHF- und sogar das NHL-Regelbuch konform: Eine „eindeutige Kickbewegung“ lautet hier die „Catchphrase“ für abzuerkennende Tore, alles andere ist meist nur störende Begleitmusik.

Auch eine Änderung, an deren Umsetzung ich aber zweifle: Die Refs sollen klar ersichtlich machen, ob die Video Review durch sie oder aufgrund einer „Coach’s Challenge“ vorgenommen wird. Auch der Grund für die Aberkennung eines Tores soll dem Hallensprecher und damit der Öffentlichkeit verkündet werden. Etwas, auf das in der Regular Season meist vergessen wurde.

Die Playoffs werden also wie jedes Jahr Momente bringen, die entweder im Graubereich liegen oder durch entsprechende Regelkenntnis weniger Diskussionen hervorrufen sollten. Doch wahrscheinlich kommt auch wieder eine Szene vor, die man noch nie gesehen hat - etwa wie im letzten Jahr, als sich Salzburg-Goalie Juuso Riksman bei einem Penalty-Shot seines Stockes entledigte.

Spätestens am 13. April steht der neue EBEL-Meister fest und die Bildschirme können wieder eingemottet werden – wahrscheinlich auch um keinen Tag zu spät...

Kommentare