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So geht es ÖEHV, RBS und Caps bei der Trainersuche

Viele namhafte Teams ohne Headcoach. Bernd Freimüller verrät, wie es um die Posten-Suche steht:

So geht es ÖEHV, RBS und Caps bei der Trainersuche

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Kloten, Mannheim, Red Bull Salzburg, Vienna Capitals und der ÖEHV – fünf deutschsprachige Teams bzw. Verbände, die auf Coach-Suche sind. Unterschiedliche Anforderungen und vor allem Gehälter, trotzdem sind die Suchen miteinander verquickt.

Anfang Mai und fünf noch offene und attraktive Trainerjobs – zu dieser Jahreszeit höchst unüblich. Der Abgang von Dan Ratushny nach Lausanne, der sich schon einige Zeit vor der B-WM in Katowice abgezeichnet hatte, brachte in Österreich gleich zwei Steine ins Rollen. Salzburg muss sich nach zwei Meistertiteln in Folge einen neuen Coach suchen, auch der ÖEHV muss entgegen den ursprünglichen Absichten jetzt aktiv werden.

Dem entgegen stehen natürlich die Aussagen von ÖEHV-Präsident Dieter Kalt, dass man mit Ratushny aufgrund seines aufrechten Vertrags zumindest für die Olympia-Qualifikation im September rechne. Das kann man – wenn man positiv und wohlwollend denkt – als bauernschlaues Verhalten des langjährigen ÖEHV-Obersten auslegen, um in naher Zukunft ohne großen Druck der Öffentlichkeit die Trainersuche anzugehen. Denn niemand im Verband glaubt ernsthaft daran, dass Lausanne Hunderttausende von Franken für Ratushny auf den Tisch legt und dieser sich wenig später mit einem „Ich bin dann mal weg“ in seiner ersten Saisonvorbereitung einmal für zwei Wochen verabschiedet.

Deshalb ist die Suche nach dem Teamchef pikant

Ratushny, der schon als Salzburg-Coach durch seinen Doppeljob einige Länderspiele versäumt hatte, hält sich zwar gerne alle Türen offen, aber das sollte doch wirklich für niemanden der Beteiligten ein Thema sein. Ein Kompromiss – kommt Ratushny vielleicht nur für das Turnier in Riga – wäre zwar eher denkbar, würde das Nationalteam aber endgültig als kurzfristigen Nebengedanken in seiner Karriere bloßstellen.

Dazu kommt noch, dass weder der Abstieg (so unglücklich er auch ausfiel) noch der vierte Platz in Katowice das Abstauben des Täfelchens „Wegen des großen Erfolges prolongiert“ nahelegt. In den letzten Jahren konnten die ÖEHV-Coaches wenigstens immer den umgehenden Wiederaufstieg in ihre Lebensläufe eintragen.

Kurz gesagt: Der ÖEHV muss seine Hausaufgaben in puncto Trainersuche machen und tut dies auch bereits hinter den Kulissen.

Doch während in jedem anderen Sommer noch keine große Eile angebracht wäre, gestalten sich die nächsten Wochen doch um einiges pikanter. Nicht nur, dass die Olympia-Qualifikation ansteht, geht auch die Ära Kalt nach 20 Jahren zu Ende. Bei der ÖEHV-Generalversammlung am 25. Juni steht die Wahl des neuen Präsidenten auf der Tagesordnung. Da wird es keine Überraschungen geben, mit Gernot Mittendorfer steht der Nachfolger so gut wie fest. Dessen Arbeitgeber, Ligasponsor „Erste Bank“,  hält nicht nur die EBEL, sondern auch den Verband schon seit Jahren über Wasser. Eine Entscheidung über den zukünftigen Teamchef kann daher nur er fällen, eine geerbte Lösung ohne sein Einverständnis wird es sicher nicht geben.

Die Hauptfrage für Riga: Soll dort schon der neue Teamchef agieren oder reicht eine Interimslösung für dieses am 1. September beginnende Turnier? Während für die erste Variante das Feld weit offen steht, fischt man bei einer Zwischenlösung natürlich in engeren Gewässern. Denn da bieten sich nur Leute an, die die Spieler und das Team eigentlich kennen.

Mögliche Varianten

Gibt es da Coaches in der Liga? Eigentlich nicht – mit Rob Daum gäbe es nur einen logischen Kandidaten, doch der ist mit Linz auch in der Champions-League beschäftigt. Und vorsichtig ausgedrückt: ÖEHV-Sportdirektor Alpo Suhonen gilt nicht gerade als Busenfreund des Kanadiers...

Sonst drängt sich in der Liga niemand auf – gibt es daher eine „In-House“-Lösung? Beide Co-Trainer – Dieter Kalt jun. und Christoph Brandner – fallen wegen mangelnder Trainererfahrung flach, auch wenn das Dieter Kalt sen. anders sehen mag. Wo wird Alpo Suhonen dann fündig? Bei sich selbst? Er kann natürlich jahrelange Trainererfahrung – darunter als erster europäischer Headcoach in der NHL – für sich anführen, die letzte Trainerstation des 67-Jährigen liegt aber auch schon vier Jahre zurück.

Roger Bader? Der Schweizer Development-Chef kann auf eine ausgezeichnete Junioren-Heim-WM hinweisen, in der die Spieler mehr als ihr übliches Niveau abrufen konnten und machte sich durch seine konziliante Art auch mehr Freunde als der manchmal schroff auftretende Suhonen. Beide hoben aber die ÖEHV-Nachwuchsarbeit auf ein Niveau, auf dem sie schon vor mindestens zehn Jahren hingehört hätte. Könnte Bader auch eine Variante für die Zukunft werden? Der Marcel Koller des Eishockeys?

Das wären die logischen Varianten für eine Kurzzeitlösung, doch die wäre ja spätestens am 3. September wieder Geschichte. Danach gelten wieder die üblichen Fragen: Kommt endlich ein Vollzeitcoach? Das verneinte Kalt immer aus finanziellen Gründen, doch jetzt werden ja die Karten neu gemischt. Und nochmals: Derzeit bietet sich für diesen Job in der Liga niemand an. Joker wäre der neue Salzburg-Coach, wer es auch immer wird. Doch ob Red Bull hier nochmals zustimmt, ist nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre ein großes Fragezeichen.

Jedenfalls würde eine skandinavische Lösung nicht überraschen, weder Suhonen noch Bader gelten als große Freunde des nordamerikanischen Eishockeys. Das wiederum steht im totalen Gegensatz zur EBEL, die sogar in leitenden Positionen mit den Kanadiern Lyle Seitz und Don McAdam besetzt ist. Mittendorfer ist als zukünftiger ÖEHV-Präsident noch mehr als als Vorsitzender des Austrian Hockey Boards gefordert, diese immer noch divergenten Lager zu vereinen und ihnen einen rot-weiß-roten Anstrich zu geben.

Bahnt sich Zwist zwischen RBS und Capitals an?

Der Abgang Ratushnys wurde in Salzburg weit gelassener als beim ÖEHV gesehen, trotz eines noch laufenden Vertrags legte man dem 45-jährigen Kanadier keine Steine in den Weg – kurioserweise die gleiche Betrachtungsweise wie in Straubing, von wo er vor zwei Jahren nach Salzburg wechselte. Nachdem sich Ratushny aufgrund kleinerer Vertragsdifferenzen mit Lausanne noch die Roten Bullen als Backup-Job in petto halten wollte, hatte man aber trotz zweier Meistertitel die Faxen dicke, die Trennung wurde dann ohne Rücksicht auf Verluste während der B-WM verkündet.

Vom neuen Headcoach verspricht man sich in Zukunft eine größere Durchlässigkeit mit der millionenschweren Akademie, Ratushny sperrte sich (zu) lange gegen Spieler wie Florian Baltram oder Peter Hochkofler. Andererseits steht der neue Coach nach zwei Titeln in Folge doch unter einem gewissen Erfolgsdruck, aber der sich abzeichnende Kader läßt natürlich ohnehin wieder einen Spitzenplatz erwarten. Ein Gespräch mit Sean Simpson, den ein Führungswechsel in Kloten über Bord spülte, ist verbürgt, doch der Kanadier gilt auch in Mannheim als aussichtsreicher Kandidat.  So reizvoll ein Job bei Red Bull auch immer ist: Will Simpson nach Jahren in der Schweiz wirklich nach Znojmo oder Szekesfehervar gondeln?

So könnten sich die Salzburger in der Trainersuche doch mit den Capitals ins Gehege kommen, wo dieses Thema seit knapp zwei Monaten vor sich hinköchelt. In Wien sind die Wünsche an einen neuen Headcoach (Förderung der Jungen/Finden von preisgünstigen Legionären/Sportliche Erfolge vom ersten Spiel an u.v.m.) derart schwer unter einen Hut zu bringen, dass ein Idealkandidat wesentlich schwerer als in Salzburg zu finden sein wird, obwohl sich die finanziellen Mitteln drastisch unterscheiden. Bei zumindest einem Kandidaten überschnitten sich vor kurzem die Listen der beiden Organisationen.

Mannheim, Salzburg, die Caps und der ÖEHV – vier Parteien auf Trainersuche und dies mit höchst unterschiedlichen Hintergründen und Mitteln. Wie klein die Eishockeywelt ist, zeigt auch die Rolle der ebenfalls noch trainerlosen Klotener. Denn von dort zog die nordamerikanische Investorengruppe um Ken Stickney schon nach einem Jahr nach Lausanne, verpflichtete Ratushny und brachte einen bis dahin eigentlich recht ruhigen Trainermarkt erst ins Rollen...

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