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David Komatz: Der silberne Tischler von Oberhof

Das ÖSV-Ass krönte seine starke WM mit Silber. Bei LAOLA1 spricht er über Oberhof, die Restsaison und wie sein Leben ohne Biathlon ausgesehen hätte.

David Komatz: Der silberne Tischler von Oberhof Foto: © GEPA

Es nicht so lange her, da flog David Komatz weit unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung.

Als der Steirer vor rund neun Jahren in den Weltcup kam dominierten im ÖSV-Team noch Namen wie Dominik Landertinger, Christoph Sumann und Julian Eberhard. Lange musste er sich hinter ihnen, Simon Eder und Felix Leitner anstellen.

Erst mit Ende 20, nach den Karriereenden von Landertinger und Eberhard, konnte er sich final im Weltcup-Team etablieren. Vor zwei Jahren verewigte er seinen Namen schließlich für immer in den rot-weiß-roten Biathlon-Annalen.

Gemeinsam mit Simon Eder, Dunja Zdouc und Lisa Hauser durfte er bei der WM über Silber in der Mixed-Staffel jubeln.

Eine ähnlich geschichtsträchtige Leistung gelang ihm bei den diesjährigen Wettkämpfen. Im Gespann mit Lisa Hauser eroberte er erneut das silberne Edelmetall, diesmal in der Single-Mixed-Staffel.

Im Zuge der Titelkämpfe in Oberhof stieg der 31-Jährige nach den Ausfällen von Leitner und Eder sogar plötzlich zum Teamleader auf.

Im LAOLA1-Talk wird rasch klar: Die neue Rolle liegt ihm. Ob er seine Top-Form aus der WM mitnehmen kann, welche Ziele er für die Restsaison hat und welche Rolle Holz in seinem Leben spielt, verrät er im Interview.

LAOLA1: Vor der WM warst du nur zweimal in den Top-20 zu finden. In Oberhof hast du dann aber wirklich beachtliche Leistungen gezeigt, vor allem in der Loipe hast du einen echten Aufschwung erlebt. Wie kam es zu dieser Steigerung?

Komatz: Wie du bereits angesprochen hast: Der Winter vor der WM ist für mich enttäuschend verlaufen. Ich hatte da eben nur die beiden Top-20-Ergebnisse (in Ruhpolding und Kontiolahti, Anm.). Ich habe mich dann zwei Wochen sehr gut vorbereitet auf die WM. Die erste Woche war ich in Obertilliach und in Hochfilzen habe ich mir dann in Woche zwei den Feinschliff geholt. Das haben wir echt ganz gut hingebracht. Ich habe bei der Anreise zur WM schon gewusst, dass ich sehr gut in Form bin, auch wenn man das vorher natürlich nie zu 100 Prozent sagen kann. In Oberhof habe ich mich dann vom ersten Tag an auf der Loipe sehr wohl gefühlt. Schon in der Mixed-Staffel zum Auftakt habe ich eine sehr gute Laufleistung gebracht. Das hat mir dann für die nächsten Bewerbe relativ viel Zuversicht gegeben.

LAOLA1: Viele sagen, wir sehen im Moment den besten David Komatz aller Zeiten. Fühlt es sich für dich auch so an?

Komatz: Das ist immer schwer zu beurteilen (lacht). Es ist da immer viel gesprochen worden, vom besten Rennen in meiner Karriere (in der Mixed-Staffel, Anm.). Ich weiß nicht, ob es das beste jemals war, aber es war sicher eines der besten bisher.

Bei der WM durfte Komatz gemeinsam mit Lisa Hauser über Silber jubeln.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie würdest du deine bisherige Weltcup-Saison bewerten?

Komatz: Ich habe mich im Sommer sehr gut vorbereitet. Ich war dann im Dezember ganz gut drauf, aber da sind die Ergebnisse leider ausgeblieben. Ich war immer knapp in den Punkten oder knapp draußen, aber die Top-Platzierung hat gefehlt. Das Einzel in Ruhpolding im Jänner (Rang 14, Anm.) war sicher ein Befreiungsschlag für mich. Da habe ich gewusst, wenn die Dinge zusammenpassen, kann ich wieder in der erweiterten Weltspitze mit dabei sein. Dass es mir dann bei der WM so gelungen ist, freut mich natürlich umso mehr.

LAOLA1: Damit hast du schon perfekt übergeleitet. Lass uns ein wenig auf die WM zurückblicken. Wie fällt dein Fazit aus?

Komatz: Mit der Mixed-Staffel, dem Sprint und der Single-Mixed-Staffel waren drei sehr gute Rennen dabei. In den restlichen vier Rennen hat es zumindest einige positive Sachen gegeben. Unter dem Strich fällt das Fazit mit drei guten und vier mittelmäßigen Rennen positiv aus.

LAOLA1: In der Mixed-Staffel seid ihr am Ende nur um drei Sekunden an Bronze vorbeigeschrammt, weil sich Fillon-Maillet auf der Zielgeraden verlaufen hat. Wie hast du diese kuriose Situation damals erlebt?

Komatz: Ich war sehr froh, dass ich in der Mixed-Staffel dabei war. Es war von allen vieren ein sehr gutes Rennen. Wie dem Fillon-Maillet das passiert ist, war ich gerade auf dem Weg zum Umziehen. Für den Simon (Eder, Anm.) ist es sich dann leider knapp nicht mehr ausgegangen. Aber wir waren mit dem vierten Platz sehr glücklich.

LAOLA1: In der Männer-Staffel herrschte Oberhof-Wetter in Reinform. Der starke Wind machte es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, ein vernünftiges Schießen abzuliefern. War es aus deiner Sicht richtig, den Bewerb trotz der widrigen Bedingungen zu starten?

Komatz: Das ist immer schwer zu sagen, was richtig und was falsch ist in dieser Hinsicht. Natürlich hat man gewusst, dass extreme Sturmböen vorausgesagt sind. Die Verantwortlichen haben sich ja auch lange Zeit gegeben für die Entscheidung. Man hat sich da lange beraten, ob man das Rennen durchführen kann, auch wegen des Sicherheitsaspekts. Denn ein großer Teil der Strecke liegt ja im Wald. Da hat man schon sehr darauf geachtet, dass es für die Zuschauer und Athleten sicher ist. Damit bei uns wegen des Windes ein Rennen abgesagt wird, muss es aber schon die Matten am Schießstand davonwehen. Das Rennen an sich war sehr schwierig. Ich habe dann Dominic Unterweger zugesehen bei seiner Stehendserie (drei Strafrunden, Anm.), da war es unmöglich zu schießen. Da sind die Top-Leute reihenweise in die Strafrunde gegangen.

"Damit bei uns wegen des Windes ein Rennen abgesagt wird, muss es schon die Matten am Schießstand davonwehen."

David Komatz über die widrigen Windbedingungen in der WM-Staffel der Männer.

LAOLA1: Wenn man in so einer Situation wie Dominic Unterweger am Schießstand steht: Wie geht man als Athlet mit solchen Bedingungen um?

Komatz: Man muss die Situation immer für sich selbst einschätzen: Was macht der Wind? Wie stark sind die Böen? Lassen sie auch wieder einmal nach? Warte ich bis zur Schussabgabe oder schieße ich einfach durch, lasse nicht zu viel Zeit liegen und laufe eben meine Strafrunden. Der Dominic hat das trotzdem ganz gut gelöst, weil mehr war da wirklich nicht drinnen. Und natürlich braucht man ein bisschen Glück auch, dass die Scheiben umfallen.

LAOLA1: Am Donnerstag geht es für euch bereits mit dem Weltcup in Nove Mesto weiter. Mit welchen Erwartungen fährst du nach deiner starken WM dorthin?

Komatz: Die letzte Woche wart hart für mich. Ich habe richtig gemerkt, dass ich ein bisschen in ein Loch falle. Während den beiden WM-Wochen waren die Anspannung und der Druck ja teilweise doch sehr groß. Ich habe dann Mitte letzter Woche einfach gespürt, dass das alles jetzt auslässt. Da habe ich einen leichten Hänger gehabt. Ich konnte mich dann aber wieder ganz gut erholen und die letzten Trainings sind auch sehr gut verlaufen. Ich bin sehr positiv gestimmt für Nove Mesto und die letzten drei Weltcupstationen.

Aufstieg in der Team-Hierarchie: Nach dem Karriereende von Julian Eberhard (l.) übernahm Komatz immer mehr Verantwortung.
Foto: © GEPA

LAOLA1: In Nove Mesto wird es auch wieder eine Mixed- sowie eine Single-Mixed-Staffel geben. Darf man wieder mit einem Top-Ergebnis spekulieren?

Komatz: Wir werden sicher wieder eine gute Aufstellung finden. Natürlich tun alle Athleten ihr Bestes. Es ist immer schwer vorherzusehen, was dann unter dem Strich dabei herausschaut. Die beiden Staffeln bei der WM waren natürlich sehr gut für die österreichische Mannschaft. Dass wir es in den Staffel-Bewerben ganz gut hinbekommen, haben wir schon in den letzten Jahren gezeigt. Es werden sicher wieder coole Rennen.

LAOLA1: Du bist seit der Saison 2013/14 im Weltcup unterwegs. Dabei bist du schon mehrmals ganz knapp an den Top-10 vorbeigeschrammt. Dein bisher bestes Ergebnis sind zwei 12. Ränge in Antholz bzw. Oslo. Für wie wahrscheinlich hältst du es, dass du diesen Bann noch in dieser Saison brechen kannst?

Komatz: Natürlich bin ich lang dabei, die Top-10 habe ich eben bisher nicht geschafft. Einige Male war ich schon knapp dran. Es wollte einfach noch nicht so sein. Erzwingen kann man sowas ohnehin nicht. Die letzten Rennen haben mir aber Zuversicht gegeben. Aber wenn ein Top-10-Ergebnis passiert, dann passiert es und wenn nicht, kann ich es auch nicht ändern. Mit einem Top-Rennen ist es aber sicher einmal möglich, aber wann dieser Zeitpunkt ist, werden wir sehen.

LAOLA1: Mit Anfang 30 bist du jetzt im besten Biathlon-Alter, wenngleich es viele Beispiele gibt, dass speziell in diesem Sport das Alter nur eine Zahl ist. Gibt es bei dir schon irgendwo Gedanken, wie lange es für dich noch weitergeht?

Komatz: Erfolg oder Misserfolg sind für mich kein Grund, die Karriere zu beenden. Für mich steht im Vordergrund, ob ich mich vor einer Saison wieder neu motivieren kann. Das wiege ich im Frühjahr immer ganz klar ab. So werde ich es auch heuer wieder machen. Die aktuellen Erfolge sind natürlich schön. Aber ich lasse mir im April immer ganz gerne diese Zeit, um abzuwiegen: Was steht dafür? Was steht dagegen? Dann werde ich wieder zeitnah die Entscheidung treffen, sobald es für mich klar ist.

LAOLA1: Du warst ja zunächst Langläufer, wie bist du dann zum Biathlon gekommen?

Komatz: Das stimmt so nicht ganz. Ich höre das immer wieder und auch auf Wikipedia steht das. Es war so: Ich habe mit Biathlon begonnen, war aber auch immer wieder bei Langlaufrennen dabei. Im Schüler- und Jugendbereich bin ich da zweigleisig gefahren und habe mich dann für Biathlon entschieden. Es ist einfach ein cooler und sehr spannender Sport. Mir haben auch viele Leute nach der Single-Mixed-Medaille gesagt, dass es so spannend war zum Zuschauen und dass sie so enorm nervös waren vor dem Fernseher. Ich habe dann gesagt, dass ich wahrscheinlich am wenigsten nervös war (lacht). Und das war halt auch echt cool, dass sich so viele Leute über diesen Erfolg gefreut haben.

LAOLA1: Was hättest du gemacht, wenn du kein Biathlet geworden wärst?

Komatz: Ich interessiere mich sehr für Holzberufe. Ich habe ja im nordischen Ausbildungszentrum in Eisenerz die Lehre zum Tischler absolviert, um einfach etwas in der Hinterhand zu haben, falls es mit dem Sport nicht klappt. Ich war damals auch froh, dass sich die Gelegenheit dazu geboten hat. Also wäre es auf jeden Fall irgendein Beruf geworden, der mit Holz zu tun hat.

Potenzieller Erbe: Der junge Dominic Unterweger könnte in Komatz' Fußstapfen treten.
Foto: © GEPA

LAOLA1: Zum Glück bist du dann doch Biathlet geworden. Denn bei euch im Herren-Team ist nach den Karriereenden von Dominik Landertinger und Julian Eberhard eine Lücke entstanden. Du hast damals die Chance am Schopf gepackt und dich im Weltcup-Team etabliert. Mit Dominic Unterweger schickt sich nun der nächste Athlet an, sich festzusetzen. Wie beobachtest du seine Entwicklung?

Komatz: Wir trainieren seit dem letzten Frühjahr gemeinsam. Trainingsgruppe eins und zwei sind eigentlich das ganze Jahr zusammen. Wir sind insgesamt zwölf Burschen, beginnend bei Simon (Eder, Anm.) bis durch nach unten zu Dominic, Patrick Jakob und Lucas Pitzer, die immer zwischen IBU- und Weltcup hin und her pendeln. Die Jungs geben im Training Vollgas, sie zeigen vollen Einsatz und das taugt mir. Ich glaube, dass es vielleicht noch ein bisschen dauert, bis alle an ihrem Leistungszenit sind. Da muss man ihnen sicher noch ein wenig Zeit geben. Bei einigen geht es schneller, bei anderen dauert es ein wenig länger. Ich sehe jedenfalls ein sehr großes Potenzial in der Mannschaft und ich glaube, wenn wir den Weg in den nächsten Jahren ruhig und konsequent weitergehen, werden wir da sicher noch viel Freude haben.

LAOLA1: Wo siehst du bei Dominic die Stärken? Ist es vielleicht die Komplexleistung?

Komatz: Ja genau, da gebe ich dir absolut recht. Dominic ist ein sehr ausgeglichener Biathlet. Ein starker Schütze und wenn er in Form ist, kann er auch in der Loipe sehr schnell sein. Er erinnert mich an meine jungen Jahre, speziell als ich ins Weltcupteam gekommen bin. Ich hatte damals auch eine gute Mischung aus Laufstärke und guter Trefferleistung. Und so sehe ich es jetzt auch bei ihm. Das ist eigentlich das Wichtigste im Biathlon: Dass man beide Sachen gut kann und Dominic ist da auf einem guten Weg.

LAOLA1: Stichwort Nachwuchs: Im Osten Österreichs ist Biathlon für Kinder fast eine Utopie, weil es an Möglichkeiten fehlt, diesen Sport auszuüben. Was könnte man aus deiner Sicht tun, um die Kinder aus dieser Region mehr abzuholen und zum Biathlon zu bringen?

Komatz: In meinen Anfängen im Biathlon gab es eine Partnerschaft mit einem burgenländischen Verein. Da waren auch einige junge Schüler dabei, die Biathlon ausprobiert haben. Auch in Niederösterreich, in der Region um Zwettl, hat es immer wieder Biathleten gegeben. Was hier ein wenig zum Problem wird, ist die Schneesicherheit in diesen Regionen. Zur Ausübung von Wintersport ist Schnee eben das wichtigste. Wenn du diese Gegebenheiten nicht hast, ist es in solchen Regionen einfach schwierig.

LAOLA1: Wenn du einem sportbegeisterten Kind die Faszination Biathlon erklären müsstest: Was würdest du ihm sagen?

Komatz: Die Faszination Biathlon ist sicher einfach die Spannung, die Kombination aus dem Laufen und einer ruhigen Hand am Schießstand. Man weiß bei einem Bewerb bis zum letzten Schuss oder gar bis zur Ziellinie nie genau, wie es ausgeht. Das ist für die Zuschauer, aber auch für uns Athleten jedes Mal aufs neue spannend. Das ist es, was diese Sportart so faszinierend macht.

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