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Halbierte Punkte, doppelte Spannung?

Im Basketball ist die Punkteteilung relativ unumstritten, genaueres Hinschauen lohnt sich dennoch. Bei den Damen geht es um den ersten Titel.

Halbierte Punkte, doppelte Spannung? Foto: © LAOLA1

Für nicht Eingeweihte mag der Blick auf die Tabelle nach drei Spieltagen der Platzierungsrunde der win2day Basketball Superliga etwas verwirrend sein: Klosterneuburg führt mit 21 Siegen mit nur zwei Punkten Differenz vor Graz und Traiskirchen, die jeweils erst 17 Erfolge auf dem Konto haben. Gmunden, das bereits 18-mal gewinnen konnte, liegt überhaupt zwei weitere Punkte dahinter – punktgleich mit Wels, das zwei Siege weniger eingefahren hat als der Lokalrivale.

Ein ähnliches Bild bietet sich in der Qualifikationsrunde, in der Oberwart Kapfenberg trotz insgesamt zwei Erfolgen weniger überholt hat. Auslöser dafür ist freilich, dass nach dem Grunddurchgang nicht nur die zwölf Teams in zwei Gruppen aufgeteilt, sondern auch alle Punkte halbiert wurden. Sprich: Die Spiele in der Zwischenrunde sind doppelt so viel wert.

Jeremy Smith (M.) und Graz rücken den Dukes ganz nahe
Foto: © Pictorial/M. Tobisch

Ich sehe die Punkteteilung etwas differenziert: Grundsätzlich halte ich sie bei so vielen Runden für sinnvoll, weil sie üblicherweise für deutlich mehr Spannung sorgt und das Rennen um die einzelnen Plätze länger offen bleibt. Natürlich kann man es als unfair betrachten, dass nicht jedes Spiel gleich viel zählt. Dem halte ich entgegen, dass es in einer "Playoff-Sportart" wie Basketball ohnehin immer so ist, dass die Ergebnisse umso wichtiger werden, je später in der Saison man sich befindet. Schließlich könnte ein Team theoretisch alle 32 Spiele in Grunddurchgang und Zwischenrunde gewinnen und dann bereits im Viertelfinale mit drei Niederlagen innerhalb von fünf Partien ausscheiden.

Einkauforgien vor der Transferdeadline, um zunächst zu sparen und am Ende sehr stark zu sein, konnte ich bislang nicht beobachten. Und selbst wenn es diese gäbe, stünde diese Möglichkeit ja allen Teams gleichberechtigt offen.

Etwas diskussionswürdiger sehe ich die Halbierung für den Abstiegskampf. Hier wiegt sie meiner Meinung nach etwas schwerer, weil diese Mannschaften insgesamt weniger gewinnen. Soll heißen: Bei den Top-Teams, die rund 25 Spiele gewinnen, ist der Verzerrungsfaktor geringer, wenn davon rund acht doppelt so viel zählen. Die schwächeren Teams nehmen hingegen deutlich weniger Siege in die Qualifikationsrunde mit, in dieser Phase ist unter ihnen der durchschnittliche Erfolgsanteil (natürlich 50 Prozent) deutlich höher als jener dieser Teams im Grunddurchgang und folglich auch der Effekt des doppelten Werts eines Sieges deutlich höher.

"In den vergangenen drei Saisonen lag in der Endabrechnung kein einziges Team mit weniger Siegen vor einem, das über alle Phasen mehr eingefahren hat."

Hubert Schmidt

Eine interessante Tatsache, die mich beim Durchblättern selbst überrascht hat: In den vergangenen drei Saisonen lag in der Endabrechnung kein einziges Team mit weniger Siegen vor einem, das über alle Phasen mehr eingefahren hat! Einzig die Timberwolves, die mit vier Minuspunkten gestartet waren, profitierten 2022/23 von der Regelung und wären ohne Punkteteilung nicht mehr an Fürstenfeld vorbeigezogen. Ansonsten hatte die Halbierung also zwar einen durchaus spürbaren Einfluss auf die Spannung und Attraktivität der Zwischenrunden, für die Endtabellen machte sie aber bis auf den angesprochenen Spezialfall schlussendlich keinen Unterschied.

Wels und Gmunden (Gydra, Moses) kämpfen um eine gute Ausgangsposition
Foto: © Pictorial/J. Kienesberger

2019/20 wurde die Saison coronabedingt während der Zwischenrunde abgebrochen. Hier wurde ein etwas kurioser Modus angewendet (aber vernünftigerweise schon nach einem Jahr korrigiert): Bei den Top-6 wurden die Punkte halbiert, bei den Bottom-4 nicht, dafür verloren die Bottom-4 alle im Grunddurchgang errungenen Siege gegen die Top-6-Teams. Dass die wahrscheinlich am schwersten erkämpften Erfolge plötzlich gar nichts zählten, war schlimm genug, aber es kam auch noch zu Szenarien, in denen in den letzten Grunddurchgang-Runden bei manchen Spielen für die unteren Teams gegen eine Top-Mannschaft schon vor dem Tip-off klar war, dass ein Sieg für die Tabelle wertlos gewesen wäre.

Kritisch sehe ich jedenfalls die Ausgangslage für eine Playdown-Serie der beiden letztplatzierten Teams. Wenn man Meister werden will, muss in den Playoffs alles passen, das macht den Reiz unserer Sportart aus, klar. Prinzipiell finde ich das bei zwei ungefähr gleich starken Teams auch für die Playdowns reizvoll und gut. Dass es im Abstiegskampf allerdings theoretisch zur Situation kommen kann, dass ein Team nach zehn Siegen gegenüber einem Team mit null Siegen nur den Vorteil des Heimvorteils in der Best-of-five-Serie hat, halte ich für suboptimal. Dass ein zuvor klar besseres Team durch eine kurze Schwächephase oder (Verletzungs-)Pech absteigen müsste, wäre sicherlich unfair. Allerdings muss man sagen, dass der Drang aus der zweiten Liga nach oben ohnehin überschaubar ist.

Duchess (Lisa Zderadicka) und SKN kämpfen am Sonntag um den Cup-Titel
Foto: © Copyright Pictorial/Michael Filippovits

Was ich nicht nachvollziehen kann, ist der Modus in der Fußball-Bundesliga, wo ebenfalls in zwei Gruppen geteilt und eine Punktehalbierung durchgeführt wird. Allerdings hat der Sechste der Meistergruppe keine Chance auf den Europacup, der Erstplatzierte und eventuell sogar der Zweite der Qualifikationsgruppe allerdings schon. Ich verstehe die Überlegung der Spannungserhaltung, aber dass ein nach 22 (!) Runden objektiv besseres Team für den Kampf um ein Europacup-Ticket schlechter gestellt wird, will nicht in meinen Kopf. Aber deshalb kommentiere ich besser auch weiterhin nur Basketball und nicht Fußball.

Auch ohne ausgeklügelten Modus spannend geht es bei den Basketball-Damen zu: Am Sonntag (15:25 Uhr, live auf LAOLA1.tv und ORF Sport+) trifft Neo-Team St. Pölten im Cup-Finale auf Klosterneuburg. Nach dem klaren Erfolg des SKN im letzten BDSL-Duell wird es interessant sein, die Reaktion der Duchess zu sehen. Die Dominatorinnen der letzten Jahre haben sich inzwischen mit der Kolumbianerin Yanet Arias verstärkt und diesmal ist ein Duell auf Augenhöhe zu erwarten.

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