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Baldauff beendet lange österreichische Abwesenheit

Nach 32 Jahren ist Österreich im olympischen Bogenschießen vertreten - Start noch vor Eröffnung:

Baldauff beendet lange österreichische Abwesenheit

Noch bevor die große Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele im Maracana beginnt, wird am Freitag die erste Österreicherin in die Wettkämpfe einsteigen.

Bogenschützin Laurence Baldauff bestreitet um 18.00 Uhr MESZ die Qualifikation im Einzel-Bewerb der Damen. In dieser wird die Setzung für die eigentliche Medaillen-Entscheidung ausgeschossen.

Dank Baldauff ist Österreich erstmals seit Los Angeles 1984, als Ursula Valenta 32. wurde, wieder im olympischen Bogenschießen vertreten.

Viel Routine, aber erstmals Olympia

Daneben fällt die Olympia-Debütantin mit zwei weiteren statistischen Besonderheiten auf.

Sie ist mit 41 Jahren die älteste Aktive im ÖOC-Kader für Rio – und gleichzeitig die jüngste Inhaberin eines österreichischen Reisepasses.

Erst im Dezember wurde ihr die Staatsbürgerschaft verliehen. Mit österreichischer Lizenz bestreitet die gebürtige Luxemburgerin aber schon seit über fünf Jahren Wettkämpfe.

Dem ging eine längere sportliche Pause voraus, die mehr aus Spaß denn aus Ehrgeiz wieder beendet wurde. Noch einmal auf der größeren Bühne tätig zu sein, fand sich ursprünglich nicht in Baldauffs Planungen.

„"Die Lizenz habe ich eigentlich beantragt, um hier die Meisterschaften bestreiten zu können. Ich dachte: Ich will eh nicht mehr international schießen gehen, also ist es ja wurscht!", gibt Österreichs olympisches Ein-Frau-Bogenschuss-Team gegenüber LAOLA1 zu.

Wie die Zufälle es wollten

Schließlich kam es doch anders. Und das ist keineswegs schlecht.

"Bei den Staatsmeisterschaften 2011 wurde ich entdeckt und gleich in den Nationalkader befördert. Ich bin sehr, sehr stolz, jetzt zu Olympia zu können."


Bei der Ankleidung vor den Spielen:


Dass sie dabei Rot-Weiß-Rot trägt, ist dem zwischenmenschlichen Glück geschuldet. Ihr Freund Nikolaus, den sie im beruflichen Rahmen noch in Luxemburg kennenlernte, ist Wiener.

Ob aus Baldauff überhaupt eine Bogenschützin geworden wäre, hätte sie sich hierzulande für einen Sport entscheiden müssen, ist fraglich.

In Luxemburg nahm sie als Jugendliche an einem der zahlreichen Sportcamps teil – jedoch auf dem Rücken eines Pferdes. Durch Zufall konnte Baldauff bei den Bogenschützen hineinschnuppern, das innere Feuer für den Sport wurde gleich entzündet.

Im Land der kurzen Wege kam der Vorteil hinzu, dass sich in unmittelbarer Nähe eine Halle befand.

"Die war fünf Minuten von meinem Elternhaus entfernt. Außerdem war es gut, dass immer Trainer anwesend waren. Einer davon war 1972 selbst bei Olympia dabei, ohne ihn wäre es am Anfang nicht so schnell vorangegangen. Der hat mich gesehen und gesagt: 'Mit dir fahre ich zu den Spielen!' Jetzt ist es wirklich so gekommen, wenngleich ohne ihn", erinnert sich Baldauff zurück.

Vorbereitung in der alten Heimat

Der Bogen spannt sich in die Gegenwart zurück, denn in besagter Halle absolvierte sie den Großteil ihrer Vorbereitung auf Rio.

"Dort kann man 70 Meter indoor schießen, das ist ein Traum. Sonst findet das Training schon überwiegend in Österreich mit dem Nationalkader statt", so Baldauff.

Speziell im Winter mangle es hierzulande allerdings an Möglichkeiten. Ein Umstand, der mitverantwortlich für die Schwierigkeiten sei, Nachwuchs für die Randsportart begeistern zu können.

Fernöstlicher Drill für den Erfolg

Zumindest bietet sich mit dem Olympia-Auftritt nun die Gelegenheit, das Bogenschießen etwas ins allgemeine Bewusstsein zu rücken.

Geschossen wird bei der olympischen Form auf eine Zielscheibe in 70 Metern Entfernung, das Turnier wird im K.o.-Modus ausgetragen. Nach jeweils drei Pfeilen werden Punkte verteilt, wer zuerst sechs Zähler einfährt, steigt auf.



"Das 3D-Schießen ist sehr verbreitet, bei dem man in den Wald geht und auf künstliche Tiere schießt. Das ist zugänglicher, aber das olympische Bogenschießen ist etwas anderes und im Vergleich ziemlich schwer", schätzt die Olympiastarterin ein.

"Es ist wirklich unterschätzt. Die Leute haben keine Ahnung, was für Kräfte bei so einem Bogen wirken. Die Technik ist echt komplex. Aber das Tolle ist, dass man trotzdem mit einem einfachen Bogen schnell anfangen kann."

Um wirkliche Erfolge, etwa in Form von Edelmetall, einzufahren, braucht es aber einen ganz speziellen Zugang zu diesem Sport – wie er etwa in den erfolgreichsten asiatischen Nationen vorgezeigt wird.

"Dort beginnen die Kinder damit, wie hierzulande mit dem Skifahren. Die haben einen ganz anderen Bezug dazu. Im ersten Jahr bekommen die Kleinen noch gar keinen Bogen in die Hand, sondern nur ein Gummiband. Das würde hier kein Kind mitmachen."

Favoriten sind die Anderen

Dementsprechend kommen die Favoriten für Rio wieder aus Fernost. Südkorea dominiert das Bogenschießen und holte bei den Damen seit 1984 mit einer Ausnahme alle Goldmedaillen.

An guten Tagen kann zwar alles geschehen, aber "ich erwarte mir nicht zu viel", bremst Baldauff. "Bei der Weltmeisterschaft war ich 17., das würde ich gerne mindestens erreichen. Ich werde mein Bestes geben und alles umsetzen, was ich trainiert habe."

Auf eine Sensation hoffen darf man trotzdem - Baldauff wäre nicht die erste Sportlerin, die ausgerechnet bei Olympia mitten ins Schwarze trifft.

 

Johannes Bauer/Andreas Gstaltmeyr



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