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Season Closings

Leicester, Atletico und eine große Überraschung aus der Hausmannskost:

Season Closings

Die Meisterschaften in Europa neigen sich dem Ende zu. Beobachtungen aus den großen Ligen und der Bundesliga-Hausmannskost. 

Es gibt sie noch, die richtig geilen Geschichten im Fußball. Dass Leicester City die Premier League diese Woche zwei Runden vor Schluss gewonnen hat, ist so eine Geschichte. Noch dazu in der „Money League“ Nummer eins. Die Manchesters, Arsenal und Chelsea wurden in die Schranken gewiesen und der vor der Meisterschaft meistgenannte Abstiegskandidat lacht von ganz oben. Wenn sich vor ein paar Monaten hierzulande jemand für den blau-weißen Klub aus den East Midlands interessiert hat, dann wegen Team-Kapitän Christian Fuchs, der im Sommer von Schalke auf die Insel zu den „Foxes“ zog. Trotzdem darf man mit Fug und Recht auf diesen Gloryhunter-Zug aufspringen. Es ist schlicht und einfach ganz wunderbar, dass ein Underdog den Geldsack-Klubs, die für das Elitenfußballverständnis der Rummenigges, Abramovichs oder Al-Khelaifis stehen, eins auswischen kann. Leicester City lässt uns alle das Gras, das Bier und den Schweiß wieder ein bisschen riechen. Deswegen muss man sie als Fußballliebhaber einfach mögen.


Nicht ganz so außergewöhnlich, weil schon 2013-14 passiert, wäre der Titel für Atletico Madrid in Spanien. Nur einen Punkt trennen Real Madrid, Barcelona und den Diego Simeone-Klub. Trotzdem ist auch die Geschichte von „Atleti“ ein wenig aus der Abteilung „back to the roots“ im Fußball. Ein rustikaler Trainer von einer noch rustikaleren Mannschaft „arbeitet“ Fußball derart gut und taktisch ausgereift, dass man die finanzielle Riesenlücke zu den beiden Abo-Meistern ab und an schließen kann. Wenn die Katalanen beide verbleibenden Spiele gewinnen, dann wird es nur der „Vize“, sollten Messi und Co. aber einmal umfallen, könnten die „Rojiblancos“ die Sensation von 2014 wiederholen. Außerdem sind sie in der Champions League keinesfalls weit davon entfernt, den FC Bayern am Weg ins Finale zu hindern. So oder so sind Simeone und seine Männer ein bisschen das gallische Dorf in La Liga geworden, die den Hegemonialmächten auf die Nerven gehen.


Auch in Österreich wird eine lange Zeit lahme und fade Meisterschaft am Ende doch noch spannend. Ein bisschen wegen der elften (!) Niederlage von Rapid, dem sehr wahrscheinlichen Vizemeister, gegen den Letzten aus Grödig. Am eigentlich geschnürten Abstiegspaket für die Schöttel-Mannschaft wird wieder ein bisschen gerüttelt und Mattersburg, Ried und Altach müssen doch noch ein bisschen schwitzen. Auch noch ein wenig Aufregung birgt das vorgezogene „Finale“ um Platz drei zwischen der Austria und Admira am Samstag. Der Sieger hat wohl exzellente Karten für den Europacup-Startplatz. Ganz ohne Vereinsbrille wären die Top Drei für die Südstädter diese Saison eine schöne Sache. Was das Duo Baumeister-Lederer aus diesem Team gemacht hat, verdient Respekt.

Auch Respekt verdient der Start von Günter Kreissl als Sportchef in Graz. Eine äußerst, vor allem für SK-Sturm-Verhältnisse, professionelle Antritts-PK und quasi zeitgleich mit seinem offiziellen Vertragsbeginn am 1. Mai hat er in einem Gespräch die organisierten Fanklubs auf seine Seite gebracht. Die haben prompt den davor eingestellten Support im Stadion wieder aufgenommen und sich positiv per Aussendung geäußert. Wenn Kreissl, ausblickend auf die kommende Saison, den Spirit seiner ersten Tage halten kann, könnte das eine ganz nette Sache werden, mit ihm und den Schwarz-Weißen.

"Aber dass sowohl der ÖFB als auch die Bundesliga hier ernsthaft versuchen an einem Strang zu ziehen und diese Sache nun tatsächlich mit Leben erfüllen, ist schon vorab eine große Überraschung. Und es ist notwendig. Als erster Schritt."

Sehr spannend ist das Finish der Saison wegen eines weiteren Ausblicks. Tatsächlich wird jetzt angegangen, was lange eine Überschrift für nichtsagende Sprechblasen darunter war: Die Ligareform. Eine einzige Profiliga soll an der Spitze der Pyramide des heimischen Kicks stehen, soweit der feststehende Grundtenor. Wie viele Klubs und welcher Modus sind noch zu diskutieren. Aber dass sowohl der ÖFB als auch die Bundesliga hier ernsthaft versuchen an einem Strang zu ziehen und diese Sache nun tatsächlich mit Leben erfüllen, ist schon vorab eine große Überraschung. Und es ist notwendig. Als erster Schritt. Einhergehen muss das Ganze mit einem anständigen und professionellen Lizensierungsverfahren und einer Infrastrukturlatte, die bitte so hoch anzulegen ist, dass etwa eine Unters(Gold)berg- oder Lavanttal-Arena im Profifußball nicht mehr vorkommen. Egal ob die dazugehörige Mannschaft nun absteigt oder nicht.

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Nun beschäftigt er sich als Betreiber der Podcast-Plattform "blackfm.at" mit den Geschehnissen bei den Schwarz-Weißen. Bei LAOLA1 verfasst er in regelmäßigen Abständen Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick.

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