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"China wäre finanziell eine andere Dimension"

Martin Harniks chinesisches Missverständnis und warum er nie aus dem ÖFB zurücktreten würde:

Freiwillig würde Martin Harnik seine Karriere im Nationalteam nicht beenden. Wäre sein geplantes China-Engagement zustande gekommen, wäre jedoch wohl gleichzeitig seine ÖFB-Zeit zu Ende gegangen.

"Ich bin nach China gereist, weil ich ein finanziell unglaubliches Angebot hatte. Dass ich mit dieser Entscheidung natürlich auch einiges zurücklassen hätte müssen, wie wahrscheinlich die sportliche Karriere im Nationalteam, dessen war ich mir bewusst", erklärt der nunmehrige Hannover-96-Legionär.


"Will so viele Länderspiele wie möglich machen"

Dass er nun weiter im Fokus des Nationalteams stehe, sei ein "Bonus". Denn an einen Rücktritt nach der EURO, wie ihn etwa Christian Fuchs verkündet hat, habe er keinen Gedanken verschwendet:

"Man sollte meine persönliche Meinung bitte nicht auf Fuchsi ummünzen, aber ich bin unglaublich froh, dass ich die Möglichkeit habe, Österreich international zu vertreten. Ich will so viele Spiele wie nur möglich in meiner Karriere machen. Ich bin jetzt 29, also neigt es sich ja irgendwie schon dem Ende zu. Eine Karriere ist wirklich zu kurz, um irgendetwas freiwillig zu beenden", erklärt der 60-fache Internationale (14 Tore).

Harnik ist ehrlich und direkt genug, dass er das potenzielle China-Abenteuer bei Shandong Luneng nicht in erster Linie als sportliche Herausforderung oder wertvolle Lebenserfahrung verkauft, sondern die monetären Aspekte des Angebots als verlockend beschreibt.

"Das Finanzielle ist und bleibt wichtig, auch bei uns im Beruf. Uns geht es allen gut, aber das wäre halt noch einmal eine andere Dimension gewesen", verrät der Flügelflitzer, "da hatte ich auch eine Verantwortung gegenüber meiner Familie, das Ganze zu prüfen."

Ein chinesisches Missverständnis

Diese Entscheidung, die Begebenheiten vor Ort unter die Lupe zu nehmen, resultierte darin, dass der Wechsel bereits als fix vermeldet worden war: "Das war ein Missverständnis. Wir hatten Angebote ausgetauscht, und als das Angebot so war, dass ich gesagt habe, das muss ich mir anschauen, haben sie es so verstanden, dass ich zum Unterschreiben komme. Dementsprechend haben sie es auch vorzeitig vermeldet, aber nicht verstanden, dass ich mir erst noch mal ein Bild vom Leben dort machen möchte. Deswegen war es ein bisschen skurril."

Sportlich wäre das Niveau selbstverständlich nicht mit der ersten oder zweiten Liga in Deutschland zu vergleichen gewesen. Nach Hannover kam Harnik von Mitabsteiger Stuttgart. Als so groß erachtet der gebürtige Hamburger den Unterschied in Liga zwei im Vergleich zur Bundesliga gar nicht:

"Natürlich fehlen so richtige Top-Mannschaften wie Bayern, Dortmund, Gladbach oder Schalke. Aber wir hatten jetzt zum Saison-Start mit Kaiserslautern, Greuther Fürth und Bochum drei Gegner mit der Ambition, um den Aufstieg zu spielen. Ich kann behaupten, dass diese ersten Spiele schon auf Bundesliga-Niveau waren."

Beim 3:1-Erfolg gegen Fürth erzielte der 29-Jährige sein erstes Tor für Hannover. Nach drei Spieltagen liegen die Niedersachsen auf Rang zwei.

"Es war sportlich einfach ein schlechtes Jahr für mich"

Harnik betont, eine bewusste Entscheidung für 96 getroffen und Angebote aus der ersten Liga ausgeschlagen zu haben, gibt jedoch zu, dass die Abstiegs-Saison mit dem VfB und die schwache EURO seine Marktposition nicht gerade gestärkt hätten:

"Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es sportlich einfach ein schlechtes Jahr für mich war. Ich hatte eine schlechte Saison bei Stuttgart, eine mittelschwierige Knieverletzung, am Ende den sportlichen Abstieg und dann eine EURO, wo ich gegen Ungarn ein sehr schlechtes Spiel abgeliefert habe, ein passables gegen Portugal und keines gegen Island. Natürlich hat das in der Summe dazu beigetragen, dass einige Angebote ausgeblieben sind."

"Fußball ist nun mal ein Tagesgeschäft. Da zählt nicht, was ich schon gezeigt habe, sondern was ich derzeit zeige. Aber ich hatte immer schon die Einstellung, dass alles kommt, wie es kommen soll", meint der Routinier weiter.

Und diesbezüglich habe er "großes Glück" gehabt: "Meine Familie und ich fühlen uns in Hannover unglaublich wohl. Ich bin wirklich in allen Facetten vom Verein und der Stadt positiv überrascht. Wenn wir mit dem Aufstieg unser großes Ziel erreichen, bin ich der festen Überzeugung, dass ich alles richtig gemacht habe."

Peter Altmann


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