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Ein Teamchef-Ende und der Neuanfang eines Stars

Baku und der ÖFB. Im dritten Teil geht es endlich um etwas. Aber auch die ersten beiden Episoden haben in der ÖFB-Geschichte zumindest eine Erwähnung verdient.

Ein Teamchef-Ende und der Neuanfang eines Stars Foto: © GEPA

Zum dritten Mal in der ÖFB-Geschichte gastiert das Nationalteam in Aserbaidschan (Montag, ab 18 Uhr im LIVE-Ticker).

Salopp formuliert: Endlich geht es in Baku auch einmal um etwas.

Wenngleich sich das Ralf Rangnick und Co. sicherlich gerne erspart hätten. Aber um vorzeitig das Ticket für die EURO 2024 zu lösen, hätte es bekanntlich einen Sieg gegen Belgien gebraucht.

Dies soll nun in der Hauptstadt von Aserbaidschan nachgeholt werden. Die sportliche Bedeutung war bei den beiden bisherigen ÖFB-Antreten in Baku wesentlich, wesentlich, wesentlich geringer.

Aber trotzdem haben die beiden Gastspiele auf ihre Art und Weise einen Platz in der ÖFB-Historie.

Ein Rückblick in eine Nationalteam-Zeit, die der ÖFB Gott sei Dank hinter sich gelassen hat - dies betrifft vor allem den ersten Fall:

DER ABSCHIED VON HANS KRANKL:

DER ABSCHIED VON HANS KRANKL:
Krankls letztes Spiel als Teamchef erfolgte in Baku
Foto: © GEPA

7. September 2005, Tofiq Bahramov Republican Stadion

Aufstellung Österreich: Schranz - A. Ibertsberger, Stranzl (49. Hieblinger), Pogatetz, Gercaliu (81. Säumel) - Mörz, Kiesenebner, Ivanschitz, Amerhauser - Linz, Mayrleb (61. Kuljic)

Ergebnis: 0:0

Als es de facto schon zu spät war, suchte Hans Krankl doch noch die Nähe zu den Nationalteam-Journalisten, die sich zuvor im Laufe der Qualifikation für die WM-Endrunde 2006 mehr als eine Wutrede des in die Kritik geratenen Teamchefs gefallen lassen mussten.

Während des Flugs nach Baku wanderte der Teamchef also in die hinteren Reihen des Fliegers zu den mitgereisten Reportern und suchte das Gespräch, schließlich wackelte seine Weiterbestellung als ranghöchster Fußball-Trainer Österreichs ausgerechnet vor der so prestigeträchtigen Heim-EURO gehörig.

Noch im Flugzeug bat Krankl jeden Journalisten, seine Aufstellung für das Match in Baku aufzuschreiben. Nach der Landung sammelte er beim Aussteigen die Zettel eines jeden Schreiberlings ein - auch jenen des Autors dieser Zeilen.

Die Wiedergeburt des "Schmieranski-Teams" verhinderte Krankl jedoch noch auf der Pressekonferenz vor dem Spiel.

Ein "Schmieranski-Team" wäre vielleicht besser gewesen

Alle von den Medienvertretern eingereichten Lineups seien selbstverständlich sehr gut gewesen, manche vielleicht mit ein wenig Lokalkolorit. Er werde jedoch eine Aufstellung wählen, die niemand aufgeschrieben hat.

Verständlich, denn wer will am Tag nach dem Spiel schon lesen, dass der Teamchef mit der Krone-, Kurier-, Kleine- oder LAOLA1-Aufstellung begonnen hat (Ja eh, LAOLA1.at gibt es erst seit 2008, damals noch Sport1.at).

Wobei: Vielleicht hätte der Goleador auf einen von uns hören sollen, dann hätten sich alle Beteiligten womöglich einen eher trostlosen Kick erspart.

Da 18 Jahre später eher die bemerkenswert hohe Militärpräsenz im ohnehin nur mit 3.500 Zuschauern gefüllten Stadion in Erinnerung ist, sei hier bezüglich Geschehen auf dem Rasen auf die damalige Einschätzung der streng zur Sachlichkeit verpflichteten APA zurückgegriffen:

"Das völlig neu formierte Team lieferte selten zusammenhängende Aktionen über mehrere Stationen. Es blieb meist beim Stückwerk. Wie schon bei der Heimpartie gegen Wales, im Freundschaftsspiel gegen Schottland oder zuletzt in Polen lieferte die Nationalmannschaft auf dem Rasen kaum Argumente für eine Verlängerung des auslaufenden Krankl-Vertrags."

Man kann auch sachlich die Botschaft vermitteln, dass ein Teamchef-Wechsel vielleicht kein Fehler wäre. Der wurde dann drei Wochen später auch vollzogen.

Es übernahm Interims-Teamchef Willi Ruttensteiner, der im zweiten Baku-Kapitel eine Hauptrolle haben wird.

In Erinnerung blieb das Spiel auf jeden Fall Michael Mörz. Das Urgestein des SV Mattersburg feierte damals als 41. Debütant der Ära Krankl seine Länderspiel-Premiere.

Mit der Nullnummer war jedenfalls auch die letzte theoretische Chance auf eine WM-Qualifikation dahin. Nach einem 2:3 in Polen im selben Lehrgang war sie jedoch auch davor schon so gut wie verspielt.

Als Janko 90 Minuten die Bank drückte

Erwähnenswert ist außerdem, dass am Tag vor dem A-Team auch das U21-Nationalteam in Baku aufgelaufen ist. Der Teamchef? Willi Ruttensteiner.

Das wirklich bedauernswert schlechte Spiel endete ebenfalls mit einem 0:0.

In den Katakomben folgte eine eher hitzig geführte Diskussion zwischen "Rutti "und einigen der ernüchterten Journalisten, wie sie so heute vermutlich auch nicht mehr vorkommen würde.

Auffällig ist im Nachhinein, dass der damalige Sturm-Youngster Diego Rottensteiner als Solo-Spitze fungierte, während der spätere A-Team-Star Marc Janko 90 Minuten die Ersatzbank drückte.

Jahre später gab Rottensteiner - es sollte sein einziger U21-Auftritt bleiben - im LAOLA1-Interview ehrlich zu:

"Das war auch für mich eine Überraschung. Eine Stunde vor dem Match habe ich erfahren, dass ich spiele. Damit hat der Teamchef uns alle überrascht. Leider konnte ich die Chance nicht nutzen, denn zur Pause wurde ich schon wieder ausgewechselt. Aber für mich war es ein ganz tolles Erlebnis."

DAS COMEBACK VON ANDREAS IVANSCHITZ:

DAS COMEBACK VON ANDREAS IVANSCHITZ:
Ivanschitz trifft beim Comeback, da staunt auch die Exekutive
Foto: © GEPA

7. Oktober 2011, Dalga Stadion

Aufstellung Österreich: Grünwald - Dag, Prödl, Dragovic, Fuchs - Scharner, Baumgartlinger - Alaba, Arnautovic (67. Junuzovic), Ivanschitz (73. Royer) - Janko (88. Hosiner)

Ergebnis: 4:1

Um jüngeren Lesern, die das damalige Geschehen noch nicht verfolgen konnten, einen Kontext zu geben: Die für Fußball-Österreich schwierigen Nuller-Jahre waren vorbei, was nicht heißt, dass alles super war.

Aber immerhin begann sich die im Zuge der Heim-EURO 2008 forcierte Talente-Entwicklung auszuzahlen.

Eine hoffnungsvolle Generation fasste im Nationalteam Fuß. Mit David Alaba und Marko Arnautovic waren zwei spezielle Kicker bereits an Bord, die auch heute noch das ÖFB-Team-Geschehen prägen.

Darüber, ob Didi Constantini der richtige Teamchef war, um diese Gruppe in die Zukunft zu führen, ließ sich streiten. Letztlich verpasste Österreich die EURO 2012 (wie übrigens in derselben Gruppe auch Belgien) deutlich und der Tiroler musste gehen.

Für ihn übernahm dann im November 2011 Marcel Koller, was bekanntlich zu einer Zeitenwende im Nationalteam geführt hat.

Ruttensteiner holt Ivanschitz zurück

Dazwischen gab es jedoch noch den reiseintensiven Oktober-Lehrgang mit Gastspielen in Aserbaidschan und Kasachstan, bei dem wieder einmal Sportdirektor Willi Ruttensteiner als Interimsteamchef das Ruder übernahm.

Gleich in einer seiner ersten Amtshandlungen nahm er eine der polarisierendsten Entscheidungen von Constantini zurück und holte Andreas Ivanschitz nach zweieinhalb Jahren zurück ins Nationalteam.

Jenen Ivanschitz, der von Krankl 2003 kurz vor seinem 20. Geburtstag zum ÖFB-Kapitän ernannt wurde und auch jahrelang die Schleife trug, bis ihn Constantini 2009 aus dem ÖFB-Team verbannte.

"Ich wüsste nicht, was ich falsch gemacht habe. Ich habe mich immer fair verhalten, auch wenn es nicht leicht war, das alles hinzunehmen", meinte der damalige Mainz-Legionär zu seiner Rückkehr und gab zu:

"Es war eine gewisse Vorfreude, aber auch eine Anspannung und Nervosität da, als ich hergefahren bin - fast wie vor meinem ersten Länderspiel."

Das Gastspiel in Baku war allerdings nicht das erste Länderspiel des Burgenländers, sondern das 50. - und es wurde ein unvergessliches Jubiläum, denn jetzt raten wir alle genau ein Mal, wer in Minute 34 das 1:0 für Österreich erzielt hat?

Natürlich Andreas Ivanschitz.

Ivanschitz als Klammer zwischen beiden Baku-Ausflügen

Marc Janko (52., 62.), der also doch noch ÖFB-Spielpraxis auf aserbaidschanischem Boden sammeln durfte, und Zlatko Junuzovic (91.) erzielten die weiteren rot-weiß-roten Treffer.

Ruttensteiner nahm Koller nicht nur die Wiedereingliederung von Ivanschitz ab, sondern beseitigte mit dem Auswärts-Fluch ein weiteres sehr lästiges Thema.

Dieses 4:1 war nämlich der erste ÖFB-Sieg in der Fremde seit dem 6. Oktober 2006, als Österreich einen mühevollen 2:1-Erfolg in einem Testspiel in Liechtenstein feierte - ein Match, das angesichts der hitzigen Diskussionen danach einen eigenen Rückblick wert wäre, aber wenigstens gab's ein versöhnliches Happy End (Stichwort György Garics und der Madame-Rosa-Spruch).

Außerdem war es der erste Auswärtssieg in einem Pflichtspiel seit dem 26. März 2005 in Wales. Womit wir wieder bei Hans Krankl wären.

Wobei die wahre Klammer Ivanschitz ist. Der heutige Sportdirektor der Vienna ist der einzige Österreicher, der bei beiden Baku-Ausflügen auf dem Feld gestanden ist.

Diese ÖFB-Teamspieler debütierten bisher unter Rangnick


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