Es wird der erste Pflichtspiel-Prüfstein für den SK Rapid und gleichzeitig die Generalprobe vor der Eröffnung des Allianz-Stadions.
In der 1. Runde des ÖFB-Cups wartet der FC Karabakh Wien, der Aufsteiger in die Wiener Liga – aber Halt! Da war doch was.
Dabei handelt es sich um jenen Verein, der sich erst vor zwei Jahren dank eines Großsponsors aus Aserbaidschan das Ziel setzte, Österreich im Sturm zu erobern und binnen kürzester Zeit von der sechsten Leistungsstufe (ausgehend vom WS Ottakring) in den Profibereich vorzudringen.
Zwei Aufstiege später wird der Weg weiterhin zielstrebig verfolgt. Das Duell gegen Rapid soll schon einmal ein Vorgeschmack darauf sein, wo man schlussendlich hin will.
„Das ist ein Geschenk Gottes“
„Wir wollten Meister werden und aufsteigen, haben aber noch mehr Ziele, die wir realistisch verfolgen. Deshalb sind wir wirklich für unsere Arbeit belohnt worden. Andere zahlen für Freundschaftsspiele gegen Rapid, wir haben ein Pflichtspiel. Das ist ein Geschenk Gottes, das wir gerne annehmen“, freut sich Teammanager Volkan Kahraman im Gespräch mit LAOLA1 über das bevorstehende Highlight.
Beim 36-jährigen Ex-Profi handelt es sich um einen alten Bekannten. Austria, Pasching, LASK, Trabzonspor stehen unter anderem auf seiner Vita. Zudem reichte es zu drei Einsätzen unter Hans Krankl im ÖFB-Team.
Im Fußball-Unterhaus ist er ebenfalls kein Unbekannter mehr. Nun dirigiert er die Geschicke des aufstrebenden Klubs. Das Team steht erst seit 2. Juli in der Vorbereitung, das vorgezogene Spiel gegen Rapid bedeutet eine Menge Stress und härtere Tage.
Aber: „Wenn man gegen Rapid vor ein paar tausend Zuschauern spielen darf und über Motivation reden muss, ist man eigentlich fehl am Platz“, meint Kahraman.
Geld aus Aserbaidschan, aber keine Verbindungen
Das Projekt rief anfangs viele Skeptiker auf den Plan. Die Namensähnlichkeit mit dem aserischen Team Qarabag Agdam, nicht genau definierte Geldströme aus Aserbaidschan von denen auch Teams wie Atletico Madrid, Sheffield Wednesday oder RC Lens profitieren.
Doch Kahraman bestätigt: „Mit denen haben wir keinen Kontakt. Es gibt überhaupt keine Verbindungen. Wir haben einen Präsidenten (Anm.: Orkhan Valiyev), der aus Aserbaidschan kommt. Ein junger Typ, ein Geschäftsmann, der hier studiert hat. Natürlich haben wir auch dementsprechend Sponsoren.“
Warum wurde die Idee, einen Sechstligisten mit finanzieller Unterstützung bis in die Bundesliga zu führen, also ausgerechnet hier in Wien geboren?
„Erstens einmal aus Stolz und zweitens ganz einfach, weil vier, fünf Freunde, die jetzt Geschäftsmänner sind, zusammen in einer Shisha-Bar gesessen sind und eine Mannschaft gründen wollten. So hat das angefangen und jetzt sind wir hier.“
„SV Horn hat viel mehr finanzielle Möglichkeiten“
Was anfangs nach Größenwahn roch, gedeiht nun immer besser und lässt die Kritiker verstummen. Gleichzeitig erinnert es auch an das Projekt beim SV Horn, nur mit anderen Geldgebern.
Doch Kahraman kennt die Unterschiede: „Der SV Horn hat es natürlich ein bisschen leichter. Sie haben japanische Investoren, die für ihr Projekt japanische Topspieler nach Europa bringen und vermarkten wollen, um den Verein hoch zu bringen. Ich glaube, sie haben viel mehr finanzielle Möglichkeiten. Wir haben zwar gute Möglichkeiten, werden aber das Geld nicht aus dem Fenster schmeißen. Wir wollen realistisch bleiben und alles langsam Schritt für Schritt aufbauen.“
Eigenes Stadion und Sportzentrum?
Wenn man sich dann weiter nach oben arbeitet, sind Kooperationen nicht ausgeschlossen. Gut möglich also, dass Karabakh als Regionalliga-Klub oder Zweitligist auch für den Namensvetter aus Aserbaidschan interessant wird oder Connections geknüpft werden. Als Wien-Ligist sind derartige Überlegungen mit einem CL-Starter jedoch nur Träume.
Oder internationale Top-Klubs schlagen ihre Zelte im geplanten Sportzentrum inklusive Trainingslager, Stadion und Sporthotel auf. Dieses soll bis 2019/20 unter Zuschuss finanzieller Mittel in Simmering entstehen, wo man seit der Fusion mit Kaiserebersdorf-Srbija im Vorjahr heimisch ist. Nur die Genehmigungen stehen noch aus.
Pavlov, Thonhofer und „Magic“ Aigner
Mittlerweile lacht keiner mehr über die Vorhaben des FC Karabakh Wien. Im Gegenteil. Kahraman ist überzeugt, dass man sich längst einen guten Ruf erarbeitet hat.
„Ich denke, dass wir ziemlich anerkannt sind. Wir haben auch den Toto-Cup gewonnen, haben eine gute Mannschaft. Die Leute zeigen schon langsam die Anerkennung, auch wenn viele nicht geglaubt haben, dass wir unsere Ziele erreichen. Das interessiert uns aber wenig.“
Auch für namhafte Spieler wird das Projekt immer verlockender. Ex-Kapfenberg- und Sturm-Angreifer Srdjan Pavlov, Neuzugang und Ex-Rapidler Christian Thonhofer sowie der bereits 44-jährige Markus „Magic“ Aigner (ob es für die Wiener Liga noch reicht, wird gerade ausgelotet) streifen sich bereits das Trikot über. Überzeugen konnte man diese durch die hochgesteckten Ziele, die gelebte Form des Fußballs, aber auch durch die finanziellen Mittel.
Aber Kahraman betont: „Diese Spieler waren alle am Markt. Die haben wir nicht um Millionen geholt, die verdienen bei uns normal. Ich denke nicht, dass wir viel mehr Budget haben als die anderen. Die hätte jeder bekommen können.“
Mit der richtigen Mischung in den Profifußball
Mittlerweile suchen mehr Spieler den Kontakt zu Karabakh als umgekehrt. Das spricht für den Klub, birgt aber laut Verantwortlichen auch Gefahren, die man eindämmen will.
„Die Erfahrung ist wichtig, es geht um die Hierarchie. Man muss ihnen den Respekt geben, aber es ist auch gefährlich, wenn man einen Spieler runterholt, der glaubt, dass er alles weiß und jeden Spieler erziehen kann. Erst wenn wir sehen, dass sie charakterlich in Ordnung sind, schlagen wir zu. Sonst ist mir ein Spieler, der sehr gut in dieser Liga war, viel lieber, als einer, der von oben kommt. Der von oben ist risikoreicher.“ Deshalb wird viel Wert auf den Aufbau des eigenen Nachwuchses gelegt.
Kahraman hat mit dem Aufbau von Vereinen Erfahrung. Besiktas Wien hat er mitbegründet, bei Karabakh ist er seit der Oberliga dabei. Ein besonderer Reiz für den Ex-Internationalen.
„Man kann etwas aufbauen. Es sind hier keine Leute 70 Jahre da. Wir haben ein junges, dynamisches Team. Wir müssen anders denken, Ein- und Ausgaben abwägen, beraten, welche Spieler wir holen, was vernünftig wäre. Wenn man selber entscheiden kann, ist es immer besser, als wenn sieben, acht andere Leute entscheiden.“
Geld aus Aserbaidschan macht es möglich. Bundesliga, Trainingszentrum, Stadion – ob alles mit der finanziellen Unterstützung aufgeht, bleibt abzuwarten.
Alexander Karper