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Chievo Verona: Von der letzten Liga in die Königsklasse

Einst spielten Legenden wie Bierhoff und Barzagli für den Klub. Von der letzten Liga ging es bis in die Champions League und wieder retour.

Chievo Verona: Von der letzten Liga in die Königsklasse Foto: © getty

Sie gehört zu den fünf besten Ligen Europas: die italienische Serie A. Insgesamt 69 Klubs nahmen seit der Gründung 1929 daran teil.

Viele von ihnen wurden zu klingenden Namen, die bis heute bei Fans für leuchtende Augen sorgen: AC und Inter Mailand, Juventus Turin sowie die beiden Römer Klubs AS und Lazio sind die bekanntesten unter ihnen.

Doch es gibt noch viele weitere Traditionsklubs, die heute weit weg von der Serie A sind, jedoch in der Vergangenheit große Erfolge feierten.

In unserer Serie "Kultklubs: Himmel & Hölle" stellen wir euch jene Klubs näher vor, die nach wie vor Kult, aber aus dem Rampenlicht verschwunden sind. Darunter finden sich Namen, die fast jedem Fan bekannt sind, aber auch die eine oder andere Überraschung.

Hier findet ihr alle bisherigen Episoden von "Himmel & Hölle">>> 


Die wohl tragischste Geschichte in dieser Serie ist jene von Chievo Verona. Der Klub hat in seiner langen Historie fast alles erlebt.

Die "Mussi Volanti" ("Die fliegenden Esel") sind der einzige Verein Italiens, der während seines Bestehens sämtliche Spielklassen Italiens durchlaufen hat.

Den Spitznamen verdankt der Klub dem Lokalrivalen Hellas Verona. Dessen Fans meinten einst, als Chievo noch in den Amateurklassen spielte, dass Esel eher fliegen könnten, als dass es der Klub nach oben schafft.

Als Chievo später tatsächlich in die Serie A aufstieg, gaben sich die Fans und damit ihrem Verein den ironischen Namen.

Beginnend in der letzten Liga arbeitete sich der Vorstadtklub im Zuge seiner Geschichte immer weiter hoch, bis man schließlich sogar um die Champions League spielte. Mittlerweile ist man wieder ganz unten angekommen.

Gegründet wurde der Klub im Jahr 1929, jedoch verweigerte der italienische Verband zunächst die Aufnahme in den Spielbetrieb, weshalb man zunächst nur Freundschaftsspiele bestreiten durfte.

Unter Campedelli begann der Höhenflug

Erst 1931 wurde der Klub zugelassen, tingelte aber in den ersten 30 Jahren seines Bestehens in den untersten Regionen des Amateurfußballs herum. Der Aufstieg begann erst in den 1960er-Jahren.

Damals übernahm der Süßwarenproduzent Luigi Campedelli das Präsidenten-Amt. Unter ihm ging es rasant nach oben. Die "Mussi Volanti" marschierten durch die Amateur-Klassen, ehe sie 1975 in der damals fünftklassigen Serie D angelangt waren.

Danach dauerte es bis zur Saison 1988/89, ehe man in die dritte Liga aufsteigen konnte. Drei Jahre später folgte der große Schock für den Klub und seine Fans: Präsident Campedelli erlag einem Herzinfarkt.

Der Klub stand kurzzeitig sogar vor dem Aus, doch ein Mann wollte das Vermächtnis des Langzeit-Klubbosses wahren. Campedellis Sohn Luca übernahm dessen Amt, ihm schlug zunächst aber große Skepsis entgegen. Der Spross hatte kaum Erfahrung in Fußball oder Wirtschaft gesammelt und war erst 23 Jahre jung.

Einst stürmte Oliver Bierhoff für den Klub aus Verona.
Foto: © getty

Wie der Vater, so der Sohn

Doch der bis 2008 jüngste italienische Vereinspräsident aller Zeiten ließ sich nicht beirren und holte sich die Erfahrung und das Know-How, das ihm fehlte, an seine Seite.

Er beförderte Ex-Spieler Giovanni Sartori zum neuen Sportdirektor und verpflichtete Alberto Malesani als Trainer, die in den kommenden Jahren ein Erfolgsduo bilden sollten.

Gemeinsam führten sie den Klub im Jahr 1994 in die Serie B. Das weckte natürlich Begehrlichkeiten und der Erfolgscoach kam abhanden. Malesani unterschrieb 1997 bei der AC Fiorentina.

Der Klub stabilisierte sich danach im Mittelfeld der Tabelle, bis Luigi Delneri kam. Der erlebte damals seinen persönlichen Durchbruch, als er Underdog Ternana Calcio bis in die Serie B führte.

Chievo schlug im Jahr 2000 zu und sicherte sich seine Dienste, was zum vollen Erfolg wurde. Denn dem späteren Juve-Coach gelang gleich in seiner ersten Saison der bis dahin größte Erfolg der Klubgeschichte: Delneri führte sein Team auf Rang drei und stieg in die Serie A auf.

In dieser ging der Höhenflug weiter, Chievo zeigte erfrischenden Offensivfußball, wurde sensationell Fünfter und zog dadurch in den UEFA-Cup ein.

Dort war in der Folgesaison aber bereits in Runde eins Schluss, als man sich Roter Stern Belgrad geschlagen geben musste.

Fester Bestandteil der Serie A

Die "Mussi Volanti" konnten sich danach entgegen aller Erwartungen in der oberen Tabellenhälfte etablieren. In der Saison 2004/05 folgte ein Zwischentief und man entging nur knapp dem Abstieg.

Die Spielzeit 2005/06 dagegen sollte zur Sternstunde Chievos werden. Unter Neo-Coach Giuseppe Pillon ging es wieder bergauf und das Team landete auf Rang sieben.

Doch in dieser Saison wurde der Fußball in Italien vom Manipulationsskandal erschüttert, in dessen Folge Juventus Turin in die Serie B zwangsversetzt wurde.

Da auch Lazio Rom und die Fiorentina mit Punkteabzügen bestraft wurden, rutschte Chievo auf Rang vier nach vorne und fand sich plötzlich in der Champions-League-Qualifikation wieder.

Der Einzug in die Gruppenphase der Königsklasse gelang aber nicht, die "Mussi Volanti" scheiterten an Levski Sofia. Dadurch übersiedelte man die UEFA-Cup-Quali, aber auch dort war gegen Sporting Braga schnell Schluss.

Die Saison in der Liga verlief genauso unglücklich und so musste sich der Klub als 18. nach sieben Jahren aus der Serie A verabschieden. Die Abwesenheit war allerdings nur kurzzeitig, es gelang der direkte Wiederaufstieg.

Total-Crash endet in der untersten Liga

Danach konnte man sich in der Beletage des italienischen Kicks halten, tingelte aber zumeist in der unteren Tabellenhälfte herum.

Im Jahr 2018 wurde dem Klub Bilanzfälschung vorgeworfen, Gerüchte um grobe Finanzprobleme machten die Runde und es drohte sogar der Zwangsabstieg.

Dieser konnte zwar abgewendet werden, im Jahr darauf stieg das klamme Chievo aber als abgeschlagener Letzter sportlich ab.

Nach zwei Jahren in der Serie B ging das Geld endgültig zur Neige, 18 Millionen Euro an Steuerschulden wurden bis dahin angehäuft. Dem Klub wurde die Lizenz verweigert, es folgte eine Zwangsversetzung in die Serie D.

Doch sogar dafür fehlte das Geld, Klub-Legende und Rekordspieler Sergio Pellissier (517 Einsätze) versuchte sich an der Rettung, scheiterte aber am Ende.

Der heute 44-Jährige gab aber nicht auf und gründete den Klub neu. Unter dem Namen "FC Clivense" begann man in der untersten Liga.

Seither geht es zumindest sportlich wieder bergauf. In der letzten Saison spielte der Klub in der 5. Liga, der "Eccelenza", und wurde dort Meister.

Damit tritt man in der kommenden Spielzeit in der Serie D an und könnte den Sprung zurück ins Profigeschäft perfekt machen. 

Ein erneuter Durchmarsch würde aktuell zwar einem Wunder gleichen, aber mit Wundern ist man in Verona ja bestens vertraut.

Die bekanntesten Akteure der Vergangenheit: Sergio Pellessier, Amauri, Oliver Bierhoff, Andrea Barzagli, Nicola Legrottaglie, Simone Perrotta

STECKBRIEF
Gegründet: 1929
Vereinsfarben: gelb-blau
Aktuelle Liga: Serie D
Zugehörigkeit Serie A: 17 Jahre
Größter Erfolg: Rang 4 Serie A

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