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Prohaska: Warum der Spitz von Izmir einen kleinen Bruder hat

Anno 1977 spitzelte "Schneckerl" den ÖFB zur WM, später wiederholte er das "Kunststück" vor 80.000 Fans. Über Briefe aus Rom und welcher Inter-Star ihm ähnelt.

Prohaska: Warum der Spitz von Izmir einen kleinen Bruder hat Foto: © GEPA/getty

Am Dienstag trifft der FC Salzburg, wie er bei internationalen Auftritten heißt, im dritten Champions-League-Gruppenspiel auf den Vorjahres-Finalisten Inter Mailand (ab 18:45 Uhr im LIVE-Ticker>>>).

Für die "Bullen" ist es ein richtungsweisendes Duell. Eine erneute Niederlage nach dem 0:2 gegen Real Sociedad würde die Chancen auf ein Weiterkommen deutlich schmälern.

Speziell dann, wenn die Spanier bei Benfica Lissabon gewinnen sollten. In diesem Fall würde der Rückstand auf Sociedad und die "Nerazzurri" bereits vier Punkte betragen.

Die Herausforderung gegen den aktuell Zweiten der Serie A wird keinesfalls ein Zuckerschlecken.

Salzburg erwartet "echt schwierige Aufgabe"

"Das San-Siro-Stadion wird gut gefüllt sein. Ich schätze, dass da an die 70.000 kommen werden. Das wird dann schon eine echt schwierige Aufgabe für die Salzburger", weiß auch Jahrhundertfußballer Herbert Prohaska im LAOLA1-Talk.

"Wenn du da Dritter wirst, ist es schon sensationell."

Prohaska über Salzburgs CL-Gruppe

Der 68-Jährige kennt die altehrwürdige Mailänder Arena nur zu gut. Zwischen 1980 und 1982 lief er dort fast 40 Mal für Inter auf.

"Dann gibt es halt ein Auf und Ab"

Eine Leistung wie gegen Sociedad sollte Österreichs amtierender Meister jedenfalls vermeiden, wenn man etwas mitnehmen will.

Dass dies aber speziell bei einer jungen Mannschaft, wie jene der Salzburger traditionell ist, kein Wunschkonzert ist, unterstreicht auch Prohaska. Dazu kommt natürlich die jährliche Umwälzung im Kader der "Bullen". Abgewanderte Leistungsträger wie Seiwald, Sesko und Köhn mussten ersetzt werden.

Die dadurch einmal mehr im Sommer umgebaute Mannschaft müsse sich "auch erst einmal einspielen und Erfahrungen sammeln. Dann gibt es halt ein Auf und Ab", so der Ex-Teamchef.

Er bezeichnet die Gruppe der "Bullen" als "bärenstark". "Mit Inter und Benfica hast du zwei, die seit langer Zeit Top-Mannschaften sind. Real Sociedad ist ebenso eine sehr, sehr gute Mannschaft, die in Spanien nicht weit hinter den ganz großen wie Barcelona, Real und Atletico kommt", analysiert er.

"Wenn du da Dritter wirst, ist es schon sensationell. Ich denke Inter wird weiterkommen, Benfica und Sociedad werden sich den zweiten Platz ausmachen. Wenn Salzburg das anders gestaltet, sind wir alle glücklich in Österreich - und ich natürlich auch", meint Prohaska.

Erinnert Prohaska an ihn selbst als Aktiver: Henrikh Mkhitaryan
Foto: © GEPA/getty

Auf die Frage, welcher aktuelle Inter-Kicker ihn an den Spieler Herbert Prohaska erinnert, nennt er zwei Namen: "Ähnlich ist natürlich ein Mkhitaryan und auch ein Barella, der ja halbrechts im Mittelfeld eine ähnliche Position spielt, wie ich damals. Das sind natürlich alles tolle Spieler, die mir gefallen", so "Schneckerl".

"Ich glaube, es wird ihnen aber wurscht sein, ob sie mir ähneln oder nicht", meint er lachend.

Prohaskas Gänsehaut in San Siro

Beim Namen seines Ex-Klubs kommt Prohaska heute noch ins Schwärmen. "Italien, die Dress und die vielen Zuschauer", das habe ihn schon als Kind fasziniert.

Prohaska wechselte einst im Jahr 1980 in die Modestadt und erlebte dort legendäre Momente.

Das San Siro war auch schon zu seiner Zeit "fast immer nahezu ausverkauft", erzählt der 68-Jährige. "Dann einzulaufen in diesen Fußballtempel... du bist hineingekommen und hattest eine Gänsehaut", denkt er zurück.

Kein Wunder also, dass man unter solchen Umständen als Spieler das letzte aus sich herauskitzelt. "Das hat dich schon getragen", so Prohaska, der lachend anfügt. "Ich glaub', bei Inter war ich während dem Spiel nie müd'".

Als der "Spitz von Izmir" einen "kleinen Bruder" bekam

Ein besonderer Moment war auch sein Tor am 7. März 1982 im Derby gegen Milan, als er den Ball in der zehnten Minute auf für ihn ganz untypische Weise im Tor der "Rossoneri" unterbrachte.

"Das war fast dasselbe Tor wie beim 'Spitz von Izmir'", erinnert sich die Austria-Legende. Im Oktober 1977 traf Prohaska für das ÖFB-Team in Izmir zum entscheidenden 1:0, das Österreich zur WM 1978 brachte.

Am Ende verhalf er seiner Mannschaft mit dem "kleinen Bruder" des "Spitz von Izmir" zum 2:1-Sieg.

Darauf angesprochen, dass er also zwei seiner wichtigsten Tore mit dem "Spitz" machte, lacht Prohaska und meint: "Das macht aber nichts, ich hab' mich nicht geniert".

"Herbert, wann immer du nach Rom kommst, egal mit wem als Gegner, bitte komm vor die Kurve und wir werden dich feiern."

Die Roma-Ultras in einem Brief an Prohaska

Ein Autogramm mit 40 Jahren Verspätung

Während seiner Zeit bei Inter trug sich auch die bereits vielen Fans bekannte "Celentano-Anekdote" zu. Prohaska ging im Frühjahr 1981 mit seiner Familie in sein Stamm-Restaurant. Dort saß an einem Nebentisch Star-Musiker Adriano Celentano.

Prohaska wollte sich ein Autogramm holen, seine Frau hielt ihn aber zurück. Er solle Celentano nicht beim Essen stören. Plötzlich kam der Kellner zu Prohaska und ließ ausrichten, dass Celentano, bekennender Inter-Tifoso, seinerseits gerne eine Signatur Prohaskas hätte. Prohaska war davon so überrascht, dass er vergaß sich selbst sein Autogramm von Celentano zu holen.

Dieses erhielt Prohaska aber schließlich doch noch - jedoch 40 Jahre später! Prohaska klärt auf: "Es hat jemand diese Geschichte gelesen und mir tatsächlich ein Bild von Celentano samt Unterschrift zukommen lassen."

Hier seht ihr einige Highlights aus Prohaskas Zeit in Italien:

Einen Stein im Brett bei den Roma-Tifosi

Sein drittes Jahr in Italien absolvierte Prohaska bei der AS Roma. Gelang bei Inter, trotz einer stark besetzten Mannschaft, "nur" ein Cup-Sieg, so durfte er mit den Römern über den "Scudetto" jubeln.

Vergessen hat man ihn da wie dort bis heute nicht. Nach seiner Zeit bei den "Giallorossi" ereilte Prohaska ein besonderes Zeichen der Verbundenheit.

"Ich hab von der Südkurve (die Heimat der Ultras, Anm.) einen Brief bekommen. Da haben sie mir geschrieben: 'Herbert, wann immer du nach Rom kommst, egal mit wem als Gegner, bitte komm vor die Kurve und wir werden dich feiern.' Das ist natürlich einzigartig, weil dann weißt du, dass du viel richtig gemacht hast", erzählt die ÖFB-Legende.

Im Spätherbst 1983 bugsierte die Austria angeführt von Kapitän Prohaska das große Inter aus dem UEFA-Cup
Foto: © getty

"Und dann haben wir sie eliminiert..."

Denkwürdig war für ihn auch der Auftritt mit der Wiener Austria im UEFA-Cup nach seiner Rückkehr nach Österreich im Jahr 1983. Denn im Achtelfinale trafen die "Veilchen" ausgerechnet auf Prohaskas Ex-Klub Inter.

"Komisch" sei das für ihn gewesen, "weil ich nie gern gegen Freunde gespielt habe". Und von diesen hatte er bei den "Nerazzurri" noch so einige.

Bei Inter habe man den österreichischen Fußball immer "ein bisschen auf die leichte Schulter genommen", erklärt Prohaska. Gerade deswegen "wollten wir unbedingt gewinnen und weiterkommen."

Der Leichtsinn fiel Inter tatsächlich auf den Kopf. "Und dann haben wir sie eliminiert, das war schon etwas ganz Besonderes", erinnert sich "Schneckerl". Denn die Austria gewann zuhause mit 2:1, auswärts rang man Inter ein 1:1-Remis ab.

Ähnliches wäre auch vom FC Salzburg wünschenswert. Inter konnte seine letzten beiden Heimspiele nicht gewinnen. Fügt Salzburg ein drittes hinzu, kann man getrost von einem gelungenen Abend sprechen.

Gegen Inters starke Offensive um Top-Star Lautaro Martinez wird man womöglich den einen oder anderen Gegentreffer nicht verhindern können. Es gilt also, möglichst selbst zu treffen - und sei es mit dem "Spitz". Auch in Salzburg würde man sich dafür wohl kaum genieren.


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