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"...dann verschleppe ich das Spiel gerne"

Raphael Holzhauser: Wie er seine Kritiker sieht. Warum er gerne polarisiert.

Raphael Holzhauser polarisiert. Genauer gesagt: Die Rolle, die der 24-Jährige im Spiel der Wiener Austria einnimmt, tut es.

"Mir ist lieber, ich falle auf, als ich schwimme in der Mannschaft nur mit. Ich weiß, was ich kann. Und ich habe nichts dagegen, wenn mich ein paar Leute nicht mögen", sagt der Mittelfeldspieler im LAOLA1-Interview.

Seit zwei Jahren ist der Niederösterreicher nun schon bei den Veilchen. In dieser Zeit hat er sich zum Schlüsselspieler entwickelt. Und zum Führungsspieler.

"Ich habe aber über 30 Mal in der deutschen Bundesliga gespielt, war mit Stuttgart in der Europa League. Ich weiß schon, worum es geht", sagt Holzhauser.

Der Mann mit den meisten Ballkontakten der Bundesliga spricht über seine Kritiker, seine Wirkung auf andere Menschen und seine starken Statistiken.

LAOLA1: 4:0, 1:3, 3:0, 3:0 – geht es nach den jüngsten Ergebnissen, ist die Austria eine Mannschaft der Extreme.

Raphael Holzhauser: Ich weiß nicht, ob wir das sind. Wir spielen derzeit konstant, haben seit Tag 1 unter Trainer Thorsten Fink einen klaren Plan. Langsam macht sich das bemerkbar.

LAOLA1: Spiele so klar für euch zu entscheiden, ist aber schon eine neue Qualität, die ihr im Frühjahr dazugewonnen habt, oder?

Holzhauser: Vielleicht ist das so. Aber ganz ehrlich: Mir ist es egal, ob ich 3:0 oder 2:1 gewinne. Das Wichtigste sind die drei Punkte.

"Wir haben uns gegen Red Bull zu wenig zugetraut"

LAOLA1: Wenn ihr das Spiel gegen Salzburg gewinnt, wärt ihr nur noch drei Punkte hinten. Glaubst du, Salzburg wird schon nervös?

Holzhauser: Das weiß ich nicht. Sie haben schon eine enorme Qualität. Aber es ist eine Riesenchance für uns. Wir haben zuletzt Selbstvertrauen getankt und können frei aufspielen.

LAOLA1: Die Austria hat unter Fink noch nicht gegen Salzburg gewinnen können. Woran liegt das?

Holzhauser: Wir haben uns zu wenig zugetraut. Wir müssen auch gegen Red Bull unser Spiel so durchziehen wie gegen jeden anderen Gegner. Wenn uns das gelingt, haben wir Chancen.

LAOLA1: Eigentlich müsste euch Salzburg doch als Gegner liegen, das ist auch ein Team, das Fußballspielen will.

Holzhauser: Ich denke auch, dass es ein offenes Spiel mit vielen Torchancen wird. Wir müssen unsere Chancen eiskalt nutzen.

LAOLA1: Bist du eigentlich irgendwann mal müde?

Holzhauser: Derzeit nicht. Nachdem wir leider nicht mehr in der Europa League dabei sind, haben wir deutlich weniger Spiele als im Herbst.

Holzhausers Traum-Freistoßtor gegen den WAC:

(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)


LAOLA1: Du hast nur zwei Pflichtspiele in dieser Saison verpasst. Geht das irgendwann an die Substanz? Ich meine nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Substanz.

Holzhauser: Nein. Jeder Fußballer will in jedem Spiel von Beginn an am Platz stehen. Ich fühle mich gut, habe einen guten Rhythmus.

LAOLA1: Elf Tore, sieben Assists. Du bist mit deinen Zahlen in dieser Saison wohl zufrieden.

Holzhauser: Auf jeden Fall! Aber mir ist das nicht so wichtig. Ich kenne meine Rolle in der Mannschaft, bin ein absoluter Führungsspieler. Ich habe neben Alex Grünwald mit die meiste Erfahrung – das will ich am Platz einbringen. Wenn dann Tore und Assists dazukommen, ist das natürlich schön.

LAOLA1: Du hattest in der Bundesliga bisher 2.184 Ballkontakte, weit mehr als die nächsten auf der Liste – Sturms Fabian Koch mit 1.833, Salzburgs Stefan Lainer mit 1.749. Das ergibt bei dir mehr als einen Ballkontakt pro Spielminute. Ist es schwierig, den Fokus über 90 Minuten so hoch zu halten?

Holzhauser: Dass ich als zentraler Mittelfeldspieler bei unserer Philosophie, die auf Ballsicherheit und Ballbesitz ausgelegt ist, mehr Ballkontakte habe als andere Spieler ist klar. Ich fühle mich in dieser Rolle wohl, bringe seit eineinhalb Jahren konstant gute Leistungen und bekomme gutes Feedback vom Trainerteam.

"Ich ziehe mein Spiel durch, egal, was die anderen sagen"

LAOLA1: Fühlst du dich manchmal von Medien und Fans ungerecht bewertet oder in deiner Rolle falsch gesehen?

Holzhauser: Ungerecht würde ich nicht sagen. Jeder hat seine eigene Meinung, die ich auch akzeptiere. Wenn die Kritik vom Trainerteam kommt, nehme ich sie ernst. Kritik von außen gehört dazu, damit muss man leben – ich habe kein Problem damit. Ich ziehe mein Spiel durch, egal, was die anderen sagen.

LAOLA1: Mich würde es nerven, wenn ich zum x-ten Mal lesen oder hören würde, dass ich das Spiel verschleppe.

Holzhauser: Solange wir gewinnen, verschleppe ich gerne das Spiel. (grinst) Ich bin bei uns in der Mannschaft der Spieler mit der meisten Erfahrung, habe schon in der deutschen Bundesliga gespielt. Ich kann also damit umgehen, ich habe schon schlimmere Sachen erlebt.

LAOLA1: Du hast dich vorher als Führungsspieler bezeichnet. Im Alter von 24 Jahren ist das eher ungewöhnlich.

Holzhauser: Ich bin unter dem Stammspielern einer der ältesten. Klar, es läuft nicht alles perfekt, aber man muss schon den Hut vor uns ziehen. Gegen Altach haben ein 17- und ein 20-Jähriger in der Innenverteidigung gespielt, da kann noch nicht alles funktionieren. Für die Zukunft der Austria ist es wichtig, dass so auf die Jugend gebaut wird.

LAOLA1: Du musstest sehr schnell in diese Rolle reinwachsen.

Holzhauser: Das schon. Ich habe aber über 30 Mal in der deutschen Bundesliga gespielt, war mit Stuttgart in der Europa League. Ich weiß schon, worum es geht. Ich kann mich gut fokussieren. Und ich glaube auch, dass ich wichtig für die Jungen bin, weil ich ihnen viele Fragen beantworten kann – etwa wie es in Deutschland zugeht.

LAOLA1: Du warst im Team der Europa-League-Gruppenphase. Bedeutet dir so etwas was?

Holzhauser: Natürlich. Dieses Team hat kein Trainer, haben keine Kritiker gewählt – das sind Statistiken, das sind Fakten. Das macht mich schon stolz und ist eine Bestätigung. Aber tausendmal wichtiger wäre es mir gewesen, wenn wir weitergekommen wären.

"Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen, deswegen habe ich Spaß daran und den lasse ich mir von niemandem nehmen"

LAOLA1: Sehen dich die Leute manchmal anders, als es die Statistiken tatsächlich darstellen?

Holzhauser: Bei LAOLA1.at werde ich ja auch manchmal kritisiert, weil wir zu langsam spielen. (lacht)

LAOLA1: Das stimmt.

Holzhauser: Aber das ist ja euer gutes Recht, das ist eure Meinung.

LAOLA1: Zurück zu den Statistiken: Du spielst in der Bundesliga 35 Prozent deiner Pässe nach vorne und nur 13 Prozent nach hinten, den Rest auf die Seite. Gemäß diesen Zahlen verschleppst du das Spiel gar nicht.

Holzhauser: Meine Aufgaben sind, die Bälle zwischen die Linien zu spielen und die Spielverlagerung. Das probiere ich, Woche für Woche umzusetzen. Für mich und das Trainerteam funktioniert das sehr gut. Natürlich versuche ich, so viel wie möglich nach vorne zu spielen. Aber wenn wir 1:0 in Führung liegen, muss ich nicht nach vorne spielen, da geht es um Ballbesitz.

LAOLA1: 65,4 Prozent gewonnene Zweikämpfe. Damit bist du der beste Zweikämpfer aller Austria-Stammspieler.

Holzhauser: Das wusste ich gar nicht. Dabei wird oft an mir kritisiert, dass ich zweikampfschwach bin.

LAOLA1: Du lachst am Feld sehr oft, jedenfalls häufiger als der Durchschnittskicker.

Holzhauser: (lacht) Das stimmt schon. Ich konnte mein Hobby zum Beruf machen, deswegen habe ich Spaß daran und den lasse ich mir von niemandem nehmen. Hin und wieder kennt man auch einen Gegenspieler und macht am Feld einen Schmäh – gerade in Ried mit Marcel Ziegl.

"In einer Mannschaft brauchst du außergewöhnliche Spieler"

LAOLA1: Vielleicht wirst du ja auch deshalb nicht als kämpferischer Spielertyp wahrgenommen. Lukas Rotpuller beispielsweise trägt seine negativen Emotionen wesentlich stärker nach außen.

Holzhauser: Das ist gut möglich. Aber ich werde das sicher nicht ändern. Ich werde weiter lachen. So ein Typ bin ich nunmal. Aber ich bin auch ein Typ, der hart arbeitet.

LAOLA1: Was sind die konkreten Punkte, an denen du arbeitest?

Holzhauser: Mein rechter Fuß ist sicher ein Thema, wobei ich mich diesbezüglich schon sehr gut weiterentwickelt habe. Im Kopfballspiel kann ich mich noch verbessern. Und ich will noch mehr der Chef werden.

LAOLA1: „Er ist der Erste, der kommt, und der Letzte, der geht“, hat Fink über dich gesagt.

Holzhauser: Alex Grünwald und ich sind immer die Ersten hier. Wir lassen uns vor dem Training pflegen. Körperpflege ist für mich sehr wichtig. Das musste ich erst lernen, als junger Spieler in Deutschland habe ich das vernachlässigt. Seit ich das mache, bin ich verletzungsfrei.

LAOLA1: Taugt dir das, dass du ein Spieler bist, der polarisiert?

Holzhauser: Mir ist lieber, ich falle auf, als ich schwimme in der Mannschaft nur mit. Ich weiß, was ich kann. Ich habe Selbstvertrauen. Und ich habe ein gutes Auftreten nach außen. Die einen lieben das, die anderen mögen das nicht so. Ich akzeptiere das. Und ich habe nichts dagegen, wenn mich ein paar Leute nicht mögen.

LAOLA1: Lukas Rotpuller, Larry Kayode und du – die Austria hat wesentlich mehr Spieler die polarisieren als die anderen Bundesliga-Vereine.

Holzhauser: In einer Mannschaft brauchst du außergewöhnliche Spieler. Innerhalb der Mannschaft herrscht ein enormer Zusammenhalt. Wenn von außen etwas kommt, halten wir zusammen und das Trainerteam stärkt uns den Rücken. Wir können stolz sein auf das, was wir in den letzten Jahren erreicht haben.

LAOLA1: Es heißt seit Wochen, deine Vertragsverlängerung stünde kurz bevor. Wie kurz steht sie wirklich bevor?

Holzhauser: Im Moment gibt es nichts zu vermelden. Mal sehen, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert.

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