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"Konzepttrainer"? Das sagt Admira-Coach Buric

Admira-Coach Damir Buric über ärgerlichen Begriff und das Thema "Konzepttrainer":

Als Damir Buric im Winter überraschend Oliver Lederer als Cheftrainer von Flyeralarm Admira ablöste, herrschte bei den Fans Unmut und Skepsis.

Ein paar Wochen später ist der Zweifel verflogen. "Das sagt viel über unsere Arbeit aus", betont Buric bei LAOLA1, dass nicht nur er sondern ein großes Team für den Höhenflug verantwortlich ist.

Eine Sache stößt dem 52-jährigen Kroaten aber sauer auf: "Ich mag es nicht, wenn die Admira 'Graue Maus' genannt wird. Das ärgert mich schon, weil es nicht stimmt."

Wie er das begründet, ob er sich selbst als "Konzepttrainer" sieht, was der größte Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist und welcher Spieler der österreichischen Bundesliga ihn beeindruckt, verrät Damir Buric im LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Wissen Sie, welchen Platz die Admira in der "Damir-Buric-Tabelle" belegt?

Damir Buric: Ehrlich gesagt weiß ich das nicht.

LAOLA1: Die Admira liegt in dieser Tabelle auf Platz drei, punktegleich mit der zweitplatzierten Austria. Nur RB Salzburg hat seit dem Winter mehr Punkte geholt - was sagt diese Statistik über Ihre Arbeit aus?

Buric: Das sagt viel über unsere Arbeit aus. Die Mannschaft war vom ersten Moment an sehr aufmerksam, viele Schwerpunkte wurden gut umgesetzt. Wir haben viel analysiert und hinterfragt, die Mannschaft war sehr lernbereit. So haben wir uns immer weiter gesteigert. Bei uns ist die Mannschaft der Star, der Teamspirit ist sensationell. Auf der anderen Seite habe ich ein sehr gutes Trainerteam. Mit Co-Trainer Michael Horvath analysiere ich sehr viel und bereite die Jungs auf den Gegner vor, Walter Franta ist ein sehr guter Tormanntrainer und hat sehr viele Torhüter herausgebracht. Christian Fail leistet als Athletiktrainer sehr gute Arbeit. Bei uns wird nichts dem Zufall überlassen. Bevor wir eine Entscheidung treffen, beobachten wir ganz genau die Trainingsleistung. Es ist eine Menge Arbeit und kostet viel Zeit - dafür weiß ich genau, dass der jeweilige Spieler spielt, weil er gut trainiert, zum Gegner oder dem System passt. Da geht es nicht so sehr um die Qualität der Spieler, es kommt auf viele Faktoren an. Als Trainer muss ich mich auch manchmal zurückziehen und beobachten, was für die Mannschaft wichtig ist. Dann müssen wir einen Plan entwickeln, um den Gegner in gewissen Situationen in Schach-Matt-Positionen zu setzen oder ihre Stärken nicht zur Geltung kommen zu lassen. Das haben wir bislang sehr gut gemacht, das ist der Verdienst des ganzen Teams. Auch Sportdirektor Ernst Baumeister und Manager Amir Shapurzadeh gehören dazu. Ernst ist bei jedem Training dabei und bringt viel Erfahrung mit, Amir war bis vor kurzem selbst Profi. Da trifft Erfahrung auf Innovation und Kompetenz, dann gibt es einen sehr guten Austausch. Das ist auch ein Schlüssel zum Erfolg.

VIDEO: Admira und WAC liefern sich einen Schlagabtausch mit 5 Toren:

(Interview wird unterhalb fortgesetzt)

LAOLA1: Auffällig ist, dass die Admira seit Winter nur zehn Gegentore kassierte, das ist der zweitbeste Wert nach RB Salzburg. Ist die defensive Stabilität Ihr Markenzeichen?

Buric: Nein, das würde ich nicht sagen. Im Herbst hat die Admira sehr viele Tore kassiert, dafür wenige erzielt und hatte das schlechteste Torverhältnis der Liga. Für dieses Torverhältnis wurden fast zu viele Punkte geholt. Der Abstand zum Abstieg war nicht sonderlich groß, wir mussten realistisch bleiben. Bei der Analyse muss man in die Tiefe gehen und Probleme erkennen. Ich habe viele Spiele gesehen und analysiert, daraufhin haben wir Schwerpunkte gesetzt. Unsere Ziele sind auch ein qualitativ hochwertiges Ballbesitzspiel und gute Spielöffnung. Wir sind in vielen Spielen die überlegene Mannschaft, obwohl wir von der Erfahrung und dem Budget her die Nummer zehn der Liga sind. Auch gegen Gegner, die tief stehen, finden wir Lösungen. Aber die Philosophie hier stimmt, der Verein arbeitet in Sachen Jugend und Akademie vorbildlich. Ich mag es nicht, wenn die Admira "Graue Maus" genannt wird. Das ärgert mich schon, weil es nicht stimmt. In vielen Bereichen wird sehr gut gearbeitet, wie etwa mit dem Geld umgegangen wird. Da können sich andere Vereine ein Beispiel nehmen, wie bei uns mit jungen Spielern gearbeitet wird. Jetzt wird gesagt, mit Flyeralarm kommt ein Sponsor der Geld bringt. Aber Gerhard Bügler (Admira-Aufsichtsratschef und Flyeralarm-Geschäftsführer/Anm.) ist aus Mödling, kein Scheich aus dem Osten. Er ist ein Heimischer, bringt Geld und will investieren. Das ist positiv, es wird vieles verändert und professioneller. Wir entwickeln uns in eine sehr gute Richtung, ein nachhaltig gut aufgestellter Verein zu sein. Wir haben in dieser Saison in erster Instanz die Lizenz bekommen, jeder Mitarbeiter bekommt sein Geld pünktlich, das war früher nicht so und ist ein sehr gutes Zeichen. Das Management macht einen Schritt, die Mannschaft ebenso - der ganze Verein bewegt sich in eine gute Richtung. Das wird oft nicht beachtet. Wenn Flyeralarm nicht wäre, wäre ich wohl nicht Trainer geworden. Jetzt sieht man, dass es die richtige Entscheidung war, dass Flyeralarm eingestiegen ist. Es kommt auf das Gesamtbild an, das stimmt bei uns einfach immer mehr. Natürlich können wir uns in allen Bereichen verbessern, auch von der Mannschaft her. Das müssen Leute sein, die in der Lage sind, dem Verein zu helfen.

LAOAL1: In Deutschland ist der Begriff "Konzepttrainer" derzeit beliebt. Sie wurden an der Sporthochschule Köln zum Fußball-Lehreraausgebildet, waren jahrelang im Nachwuchs und als Co-Trainer tätig. Solche Trainer werden gerne als "Konzepttrainer" bezeichnet - sehen Sie sich selbst als solchen?

Buric: Wir arbeiten sehr detailliert und strukturiert, wollen viele Bereiche abdecken. Auf der einen Seite wollen wir auf junge Spieler aus der Akademie setzen, auf der anderen Seite attraktiven Fußball mit Herzblut zeigen. Im modernen Fußball will man Gegenpressing und Umschaltspiel sehen, das wird man in unseren Spielen erkennen. Dafür stehen wir, das ist unser Markenzeichen. Ich bin aber jemand, der nicht so gerne darüber spricht. Mir ist es am liebsten, wenn die Leute ins Stadion kommen und sich selbst davon überzeugen.

LAOLA1: Andere Trainer sprechen fast zu viel, Sie sagen, sie sprechen nicht so gerne über gewisse Sachen. Warum nicht?

Buric: Zum Beispiel: Gegen den WAC haben wir zuletzt zwei Gegentore bekommen, beim ersten sah Andreas Leitner nicht gut aus. Aber er wollte den Ball fangen und sofort eine Offensivaktion einleiten, viele andere hätten den Ball über das Tor gelenkt. Das war unglücklich, aber er denkt eben gleich offensiv, so wollen wir spielen. Deswegen ist das kein Problem, wir fördern das schnelle Umschaltspiel. Daraus muss ich kein großes Thema machen. Für mich ist er nämlich einer der besten Torhüter der Liga und ganz Österreichs. Aber das könnte ich über fast jeden Spieler unserer Mannschaft sagen, dort wollen wir auch hinkommen. Alles, was ich sage, beruht auf Fakten. Ich mag es nicht, irgendwelche Sachen zu erzählen, die man im Spiel nicht sehen kann. Wenn ich von schnellem Umschaltspiel spreche, wird man das im Spiel sehen. Wir haben es ja im Training geübt. So auch das Defensivverhalten gegen starke Mannschaften wie RB Salzburg oder die Austria, da können wir nicht ins offene Messer laufen. Wir müssen clever sein, auch in den letzten drei Runden. Die Jungs machen so vieles richtig. Ab und zu sieht man auf den TV-Bildern gar nicht, wie schön unser Fußball ist. Wir sehen das, wir haben unsere Kamera und unsere Aufnahme. Wir können immer zurückspulen und sehen, was vor einem Tor passiert. Die Entstehung ist ab und zu viel schöner, als das Tor selbst. Manchmal ist es schade, dass im Fußball so viel weggeschnitten wird. Man könnte auch einmal die Entstehung eines Treffers zeigen, die Sekunden davor. Warum fällt ein Tor? Das Tor ist entstanden, weil der Innenverteidiger mit einem Kontakt auf den Sechser spielte, der hatte genug Zeit, um zu verlagern, der Außenspieler stand dadurch frei, konnte mit dem ersten Kontakt flanken - Tor. Wenn der erste Pass des Innenverteidigers nach dem zweiten Kontakt gespielt worden wäre, hätte der Gegner zugestellt und die ganze Aktion wäre dahin. Die perfekte Ausführung des "One-Touch-Fußball" ist Kunst.

LAOLA1: Das klingt für mich schon sehr nach so etwas wie einem "Konzepttrainer". Ist dieser Ausdruck ein Lob für Sie?

Buric: (lacht) Ich versuche mich so zu definieren: Ich will variabel sein, so muss die Mannschaft schließlich auch spielen. Sich nur auf die Offensive zu konzentrieren, ist nicht gut - nur auf die Defensive ebenso wenig. Eine Balance muss da sein, sonst gewinnst du keine Spiele. Als Trainer kannst du auch nicht nur auf Psychologie oder Taktik setzen, du musst mehr abdecken. Die Mannschaftsführung, Führung deines Trainerteams, Zusammenarbeit mit der Vereinsführung, Arbeit mit den Medien - das Geschäft ist sehr komplex. Als Trainer musst du viele Bereiche abdecken - wenn das einen "Konzepttrainer" beschreibt, dann bin ich vielleicht einer. Ich denke darüber nicht nach, das müssen andere beurteilen.

LAOLA1: Sportdirektor Ernst Baumeister ist eigentlich das genaue Gegenteil, ein Mann alter Schule, der selbst zugibt, nicht diese moderne Trainerausbildung genossen zu haben. Wie ist der Austausch mit ihm - ist er Fan davon, wie sie es angehen oder belächelt er das manchmal?

Buric: Ernst hat einen unglaublich großen Erfahrungsschatz und ein super Auge. Er bringt so viel Routine als Spieler und Trainer mit, hat so viele Spiele gesehen. Wenn von ihm eine Beschreibung eines Spielers kommt, stimmt sie. Die neueste Methodik spielt da gar keine so große Rolle. Wichtig ist, dass man im Fußball gewisse Sachen erkennt, das kann er. Er kann einschätzen, ob ein Spieler auf einer gewissen Position spielen kann, ob er technische sowie taktische Fähigkeiten hat. Das ist für mich unheimlich wertvoll, darauf kann ich aufbauen. Wenn er etwas sagt, steckt was dahinter. Auf der anderen Seite habe ich mit Amir einen jungen und kompetenten Mann, der Situationen ebenso sehr gut einschätzen kann. Da kommt viel Kompetenz zusammen, so werden dann gemeinsame Entscheidungen getroffen.

"In Österreich kannst du eine Mannschaft entwickeln, guten Fußball spielen und Spieler herausbringen. Man muss aus wenig sehr viel machen, große Sprünge sind nicht wirklich möglich."

Buric über Unterschiede zu Deutschland

LAOLA1: Wenn Sie auf Ihre Zeit in Deutschland zurückblicken - wo liegen die größten Unterschiede zur Arbeit in Österreich?

Buric: Die Stadien und die Zuseher. Dadurch ist die Atmosphäre anders, die Spieler werden noch etwas gepusht und werden besser. Du merkst es auch in Österreich, dass es etwas ganz Anderes ist, bei Rapid Wien zu spielen. Die deutsche Bundesliga ist eine Marke, die gut verkauft wird. Durch Fernsehgelder hast du hohe Einnahmen, das Geld kannst du in qualitativ gute Spieler investieren. Dadurch kannst du besser und schneller spielen und es wird für die Zuseher noch interessanter. Auch die Berichterstattung ist gut, die Spannung wird gehalten. In Österreich kannst du eine Mannschaft entwickeln, guten Fußball spielen und Spieler herausbringen. Man muss aus wenig sehr viel machen, große Sprünge sind nicht wirklich möglich.

LAOLA1: Stimmt das Vorurteil, das in Deutschland noch härter und intensiver gearbeitet wird?

Buric: Das kann ich schwer sagen, weil ich hier noch nie jemanden bei der Arbeit gesehen habe. Ich weiß, dass die Spieler nach meinen ersten Einheiten gesagt haben, dass es schon anstrengend ist (lacht). Aber es hat sich niemand beschwert, sie haben es zur Kenntnis genommen und Gas gegeben. Damals habe ich zu den Jungs gesagt, dass es gegen uns sehr schwer wird, wenn sie auf mich hören und wir den Plan umsetzen. Ich denke, die Jungs glauben mir das.

LAOLA1: Wenn Sie sich in der österreichischen Bundesliga umsehen, wer sind für Sie die herausragenden Spieler?

Buric: Ich mag Spieler, die noch eine Karriere vor sich haben. Konrad Laimer ist so ein Spieler, der ist jung und ein toller Typ. Für sein Alter ist er schon sehr weit. Aber auch bei uns gibt es solche Spieler. Wir wollen das "Wir-Gefühl" beibehalten. Jeder erfüllt seine Aufgabe, wie in einem Orchester. Ob das Nummer 13 oder 14 ist, eigentlich ist er Nummer 10 oder 11. Wenn jemand einmal eine schlechte Phase hat oder lange verletzt war, ist es gut, dass er herausgenommen wird und Kräfte sammeln kann. Solche Phasen kann jeder Spieler haben. Wie gesagt haben wir auch Spieler wie Laimer. Meine Spieler stehen bei mir ganz hoch im Kurs. Wenn ich sehe, was Thomas Ebner spielt - links hinten, rechts hinten, Sechser. Egal, was du ihm sagst, er ist in der Lage alles zu spielen. Fantastische Einstellung, ein Profi durch und durch. Er erfüllt seine Aufgaben immer zu hundert Prozent, bereitet Tore vor. Keiner sieht das, aber er ist immer dabei und wichtig. Das wird von der breiten Masse nicht so registriert, ich registriere das aber. Viele reden über Christoph Knasmüllner, weil er Tore macht und vorbereitet. Zurecht, er ist stressresistent und der letzte verbliebene kreative Straßenfußballer. Dahinter gibt es aber Daniel Toth und Markus Lackner, die Räume zumachen, Zweikämpfe gewinnen und den Takt angeben. Stephan Zwierschitz als rechter Verteidiger - überragend. Markus Wostry in der Innenverteidigung, der gewinnt fast jeden Zweikampf. Christoph Monschein spielt im Angriff eine hervorragende Saison. Ob das Max Sax ist, der mit tollen Dribblings und Toren begeistert oder der 18-jährige Patrick Schmidt, wir haben wirklich tolle Jungs. Ich muss mich entschuldigen, dass ich jetzt nicht jeden einzeln erwähnen kann, aber dafür reicht die Zeit wahrscheinlich nicht aus.

LAOLA1: Die Admira dient für Spieler oftmals als Sprungbrett. Kann das auch für Sie als Trainer gelten?

Buric: Darüber denke ich nicht nach. Ich mache mir nur Gedanken über meine Mannschaft. Im Fußball weiß man nie, was passiert. Du kannst tolle Arbeit leisten, dann kommen zwei oder drei schlechte Spiele und du bist weg. Oft wird schnell vergessen, was für gute Arbeit du geleistet hast.

LAOLA1: Haben Sie einen konkreten Karriere-Plan und ein Ziel vor Augen?

Buric: Im Fußball habe ich gelernt, immer an das nächste Spiel zu denken, nicht in die Zukunft zu blicken, nicht einmal auf das übernächste Spiel. Als Trainer hast du einen Plan, ich habe längst einen für die komplette Sommervorbereitung. Das ist aber anders, in der tagtäglichen Arbeit darfst du vorausplanen. Fußball lehrt dich etwas: Du musst immer in Spannung bleiben. Du kannst in der 90. Minute 2:0 führen und kannst noch verlieren. Im Fußball ist schon Unmögliches möglich geworden. Genauso schnelllebig ist das Geschäft, du weißt nie, was passiert.

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