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"Die EBEL braucht eine Reform"

Michael Grabner und Michael Raffl haben den Sprung in die NHL bereits geschafft. Mit Bernhard Starkbaum hat ein weiterer Crack das Interesse der Vereine in Übersee geweckt.

Das Trio hat zwei augenscheinliche Gemeinsamkeiten. Zum einen trugen sie vor ihrem Engagement im Ausland das Trikot des Villacher SV und zum anderen werden sie allesamt von Ex-Spieler Patrick Pilloni als Berater vertreten.

Der ehemalige Center des KAC und der Vienna Capitals führt mittlerweile eine äußerst erfolgreiche Agentur mit dem Namen „unlimited sports managemant“, die sich über die Jahre in der Szene einen Namen gemacht. Mittlerweile hat der 43-Jährige nicht nur Österreicher unter seine Fittiche genommen, sondern auch internationale Stars unter Vertrag.

Mit dem Transfer Raffls nach Philadelphia ist Pilloni ein weiterer Coup gelungen. Im großen LAOLA1-Interview gibt er einen Einblick in seinen Beruf als Spielerberater und kritisiert die Nachwuchs-Arbeit der Vereine und die Ausländer-Regelung der Erste Bank Eishockey Liga. Außerdem spricht er über die Zukunft von Starkbaum, die Verhandlungen Raffl betreffend und die Jungendarbeit des VSV.

LAOLA1: Michael Raffl hat bei den Philadelphia Flyers für die kommenden drei Jahre unterschrieben. Wie kam der Kontakt zu Stande? Können sie kurz erklären, wie so etwas abläuft?

Oliver Pilloni: Wir haben ihn bereits das ganze Jahr über beobachten lassen. In Schweden spielte er mit Tobias Forsberg und Jacob de la Rose zusammen. Forsberg wird in der ersten Runde gedraftet werden und de la Rose folgt ihm dann wahrscheinlich im nächsten Jahr. Michael ist zwischen diesen beiden aber dennoch aufgefallen und hat teilweise besser gespielt als Forsberg. Dadurch ist er Scouts schon ins Auge gestochen und wir haben ihn während der WM dann weiter beobachten lassen. Bei A-Weltmeisterschaften sind sehr viele General-Manager anwesend, mit denen man natürlich Gespräche führt und auf den Spieler aufmerksam macht. Dann engt man den Kreis an Interessenten immer mehr ein und in diesem konkreten Fall haben sich zwei, drei Teams herauskristallisiert. Am Ende ist die Wahl auf die Flyers gefallen.

LAOLA1: Sie sagen "beobachten lassen". Heißt das, Sie rufen die Scouts an und sagen ihnen, sie sollen in die Halle kommen und ein Auge auf gewisse Spieler werfen?

Pilloni:  In Schweden sind bei jedem Topspiel mehrere Scouts anwesend und wenn man selbst vor Ort ist, kommt man mit diesen ins Gespräch und wird natürlich auch über den Charakter des Spielers und dessen Einstellung befragt. Sie geben die Infos dann weiter an die NHL-Franchise weiter. Wir sprechen daraufhin mit den GMs und fragen nach, ob Interesse besteht, ob man noch mit genaueren Infos dienen kann oder ob anderweitige Fragen anstehen, die es zu beantworten gibt. Wenn Interesse besteht, wird der Spieler genauer beobachtet und dann wird mit den Vereinen, die das meiste Interesse haben, verhandelt.

LAOLA1: Welche Teams aus der NHL waren an Raffl noch interessiert?

Pilloni: Bis zum Schluss waren es die Nashville Predators, die Montreal Canadiens und eben die Flyers.

Michael Raffl wurde von drei NHL-Teams umworben
LAOLA1:Wie hat er reagiert, als Sie ihm mitgeteilt haben, dass es Philadelphia wird und er nun einen NHL-Vertrag in der Tasche hat?

Pilloni: Er war selbstredend überglücklich, denn es ist der Traum eines jeden Eishockey-Spielers einmal die Chance zu bekommen, in der NHL zu spielen. Er war schon glücklich, als er den Sprung nach Schweden geschafft hat und hat sich in Leksand sehr wohl gefühlt. Da muss man auch dem Verein danken, der zu Beginn mit ihm Geduld hatte und kontinuierlich mit ihm weitergearbeitet hat. Er hätte sich auch auf die Eliteserien (Leksand steigt in die 1. Schwedische Liga auf, Anm.) gefreut, aber die NHL ist nun mal das Größte.

LAOLA1: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass er in der NHL auch zum Einsatz kommt?

Pilloni: Ein Mitgrund, dass die Wahl auf Philadelphia gefallen ist, war die Tatsache, dass der Klub von Anfang an signalisiert hat, dass er Michael als NHL-Spieler holen und nicht in der AHL platzieren möchte. Sie haben alles gezahlt, das Maximum geboten und in den Gesprächen gezeigt, dass sie ihn unbedingt haben wollen. Sie würden ihn nicht holen, wenn sie ihn als AHL-Spieler sehen würden, denn dafür haben sie selbst genügend Talente in den eigenen Reihen. Man muss damit rechnen, dass er zunächst im Farmteam startet, aber es gibt verschiedenen Gründe, wie zum Beispiel den Salary Cap, die uns glauben lassen, dass er bei den Flyers eine realistische Chance bekommt, NHL zu spielen.

LAOLA1: Mit Bernhard Starkbaum haben Sie einen weiteren Spieler unter Vertrag, der auf der Liste einiger NHL-Klubs steht. Gibt es da schon Neuigkeiten?

Pilloni: Es stimmt, dass es Interesse gibt, wir haben aber noch keine Offerte. Wir haben noch bis 15. Juni Zeit, solange läuft die Transferphase für die Free Agents aus Europa, um einen Vertrag abzuschließen. Bei Starkbaum ist es auch so, dass er ein Angebot aus der KHL hat, ein weiteres sollte in den nächsten Tagen noch kommen. Dies gilt es zu überprüfen. Wir wollen, dass er irgendwo hinkommt, wo er sich noch weiterentwickeln kann. Er ist zwar mit 27 Jahren nicht mehr der Jüngste, für einen Tormann aber noch relativ jung.

LAOLA1: Wäre es für ihn vielleicht sogar besser, in Schweden zu bleiben und als Einser-Goalie eine weitere Saison in der Eliteserien zu bestreiten, anstatt als Backup in die NHL zu gehen?

Pilloni: Absolut. Diese Diskussion führen wir auch, denn die schwedische Liga ist top. Wir warten ab, was für Angebote reinkommen, ob er sich dort weiterentwickeln kann und ein guter Tormann-Trainer vorhanden ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann wird er definitiv in Schweden bleiben. Was für die NHL gilt, gilt natürlich auch für die KHL.

LAOLA1:Mit Michael Grabner, Michael Raffl und vielleicht Bernhard Starkbaum könnten bald drei Österreicher in der NHL spielen, die sie vermittelt haben. Welchen Anteil hat ihre Agentur an diesen Transfers?

Pilloni: Wir bleiben eher im Hintergrund. Wir arbeiten hart, haben sehr gute Kontakte. Mittlerweile haben wir nicht nur Österreicher unter Vertrag, sondern auch andere NHL-Spieler wie zum Beispiel Keith Yandle, einen der besten jungen Verteidiger der NHL. Wir machen unseren Job und freuen uns natürlich besonders, wenn es ein Österreicher in die NHL schafft und somit auch das heimische Eishockey ein wenig aufwertet.

LAOLA1: Alle drei waren beim VSV und haben über Villach den Weg ins Ausland geschafft. Machen die Villacher etwas besser als andere Vereine oder ist das Zufall?

Pilloni: Das ist kein Zufall, denn Peter Raffl, der Vater von Michael und Thomas, ist als Nachwuchstrainer dafür verantwortlich, dass so viele junge Spieler rauskommen. Villach hat nicht das größte Budget zu Verfügung, aber sie zeigen, was man mit zwei, drei guten Nachwuchstrainern erreichen kann. Das sollte ein Vorbild für andere Vereine in Österreich sein und ein Zeichen, dass man sehr gut ausgebildete Jugendtrainer braucht, um Spieler für die Nationalmannschaft oder in weiterer Folge sogar die NHL auszubilden. Da gebührt Peter Raffl und auch Markus Kerschbaumer im Torhüter-Bereich großes Lob. Ohne „Kersche“ wäre Starkbaum nicht dort, wo er jetzt ist.

LAOLA1: Der Verband hat ein neues Konzept entwickelt und möchte zukünftig unter anderem Vereinstrainer besser schulen lassen. Wie sehen Sie die angedachte Reform unter Sportdirektor Alpo Suhonen?

Pilloni: Absolut positiv, das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Verband muss die Ausbildung der Trainer stark verbessern und die Wertigkeit heben. Man kann nicht jeden zulassen und jeden X-beliebigen Eishockey-Interessierten Trainer werden lassen. Es dürfen nur ausgewählte, qualitativ gut ausgebildete ehemalige Spieler sein, die die Möglichkeit bekommen, diese Ausbildung zu machen. Damit wird das Level gehoben und in weiterer Folge die Nachwuchsspieler besser. Ein großes Manko in Österreich ist es, dass wir im Nachwuchsbereich wenig bis gar keine guten Trainer haben, den VSV mal ausgenommen.

LAOLA1: Sehen Sie junge Österreicher, die in absehbarer Zeit den Sprung ins Ausland, vielleicht sogar in die NHL, schaffen können?

Pilloni: Vereinzelt gibt es sie, ich muss aber in aller Deutlichkeit sagen, dass wir bei den nachkommenden Jahrgängen, sprich 1993 bis 2002, ein riesengroßes Loch haben.  Das ist nicht nur auf die schlechte Ausbildung, sondern auch auf die mangelnde Perspektive in der Liga mit zu vielen Ausländern zurückzuführen. Das muss man schnellstens ändern. Die Nationalmannschaft ist das Aushängeschild einer jeden Eishockey-Nation und das müssen die Präsidenten der Vereine, die Liga und der Verband erkennen. Wenn sich die Senioren-Mannschaft, aber auch die U20 und U18 im A-Bereich etablieren können, wird es künftig leichter, ausländische Top-Spieler nach Österreich zu bekommen. Wir müssen auch im Bereich EBEL eine Reform machen. Wir brauchen vier bis fünf Top-Legionäre und nicht zehn, bis zwölf durchschnittliche Ausländer. Das brauchen wir nicht.

Das Interview führte Sebastian Rauch