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Setzinger: "Da greift man sich auf den Schädel"

Setzinger:

Ruhig wurde es um Oliver Setzinger.

Nach seiner Abrechnung mit Eishockey-Österreich während der erschreckenden A-WM und der via Medien erhaltenen Nationalteam-Eliminierung zog sich der Schweiz-Legionär zurück.

Der Mann großer Worte ließ fortan Taten für sich sprechen. In der zweithöchsten Spielklasse der Eidgenossen schoss sich der begnadete Filigran-Techniker den Frust von der Seele. Und sein Team, HC Lausanne, mit bislang 72 Scorerpunkten in das Finale.

„Ich wollte nicht mehr viel dazu sagen, sonst bin ich wieder der Buhmann. Dann unterstellt man mir, dass ich vielleicht neidisch oder gar traurig bin, nicht mehr für meine Heimat aufzulaufen“, meldet sich Setzinger bei LAOLA1 in bekannt deutlicher Manier zurück.

Mit brisanten Statements bezieht der 28-Jährige im Interview nochmals Stellung zum Disput mit dem ÖEHV und äußert sich über die fundamentalen Vorzüge der Schweizer Nachwuchs-Abteilungen.

LAOLA1: Nach Gewinn der Regular Season ließ Lausanne in Viertel- und Halbfinale nichts anbrennen. Mit zehn Toren und zwei Assist konntest du die GCK Lions, Farmteam der ZSC Lions, und EHC Visp quasi im Alleingang erlegen. Letzterer wurde sogar "gesweept". Wie zufrieden bist du als Topscorer mit deinen Kollegen?

Oliver Setzinger: Ich kann mich nicht beschweren. Über Wochen standen wir an der Tabellen-Spitze, in den Playoffs wurden die Karten neu gemischt. Die Saison fing wieder bei null an. Man muss jede Kleinigkeit beachten, jeder Spielzug ist wichtig, um die Partie zu gewinnen. Aus neun Begegnungen verloren wir nur eine. Wir stehen nun im Endspiel. Es gibt keinen Grund unzufrieden zu sein. Wir treten als Mannschaft stark auf, deswegen spiele ich persönlich mit ziemlich gutem Erfolg.

LAOLA1: Welche Erwartungen hegt dein Arbeitgeber? Sied ihr überhaupt noch zu stoppen?

Setzinger: Die Zielsetzung ist bereits seit Jahren, in die Nationalliga A zu gelangen. Der Titel alleine ist nicht zufriedenstellend. Wir wollen auch den Aufstieg im Spiel gegen den Absteiger schaffen. Um das zu erreichen, müssen wir natürlich zuallererst Meister werden. Zwar ist die Konkurrenz groß, jedoch haben wir eine starke Truppe. Die Chancen stehen sehr gut, dass wir es schaffen. Persönlich und punktemäßig ist logischerweise alles in Ordnung. Trotzdem könnte es stets besser gehen.

LAOLA1: Wäre Lausanne von den Rahmenbedingungen erstligareif?

Setzinger: Auf jeden Fall! Selbst in der A-Liga sind Vereine dabei, die mit uns nicht mithalten können. Es läuft höchst professionell ab, in Österreich vergleichbar mit Salzburg. Lausanne ist eine riesengroße Organisation. Hier steckt Geld dahinter, die Infrastruktur ist ein Wahnsinn, die Halle ist super und wir haben eine immense Fan-Base. Es sind Leute am Werk, die Ahnung haben. Für einen Spieler macht es das relativ einfach. Wir müssen uns nicht über Sachen abseits des Hockeys den Kopf zerbrechen. Das Management erledigt alles, meine Konzentration liegt voll am Sport.

LAOLA1: Ist das in Österreich nicht der Fall?

Setzinger: Was die EBEL-Vereine betrifft, darüber kann ich nichts sagen. Ich spielte in Wien, da war es okay. Als ich nach Amerika ging, gab es eine kleine Auseinandersetzung, die geregelt wurde. Ich hatte bei den Capitals bis zum Abgang keine Probleme. Wir hatten alles, es war in Ordnung. Ein anderes Thema ist wiederum das Nationalteam, da passt bezüglich Organisation einiges nicht.

Setzinger fordert bessere Betreuung im Team

LAOLA1: Das brachtest du schon bei der WM in aller Deutlichkeit zum Ausdruck.

Setzinger: Thomas Vanek sprach es an, Matthias Trattnig auch. Meine Äußerungen wurden letztlich in den Himmel gehoben, im Endeffekt bekam ich den Rauswurf. Was andere sagten, war völlig egal. Was beim Verband passiert, darüber könnte man ein Buch schreiben. Da sind Sachen vorgefallen, die noch keiner veröffentlichte. Es läuft viel falsch, es wird an falschen Ecken gespart. Wenn es um die Gesundheit eines Spielers geht, sollte man das nicht machen.

LAOLA1: Was meinst du damit konkret?

Setzinger: Vor allem Versicherungs-technisch sollte man nicht geizen. Es gab Vorfälle und Aussagen, da man greift man sich eigentlich auf den Schädel. Egal, in welchem Bereich diese lagen, es war unter jeder Kritik. Das sind Fakten, welche sie nicht abstreiten können. Jedoch möchte ich mich nicht näher dazu äußern, sonst wird das wieder falsch ausgelegt.

LAOLA1: Du möchtest kein Stinkstiefel sein, wurdest allerdings als solcher hingestellt. Siehst du dich  als Bauernopfer?

Setzinger: Nein! Wie das ablief, ist aber peinlich genug für den Verband. Ich habe bis heute noch kein offizielles Schreiben erhalten. Mich hat keiner informiert. Ich erfuhr es von einem Mitspieler, welcher es in der Kärntner Tageszeitung gelesen hatte. Sonst wüsste ich nicht, was jetzt los ist. Von den Medien, nicht direkt, wurde an mich herangetragen: Falls ich mich bei den Zuständigen entschuldige, wächst Gras über das Ganze. Nur bin ich sicher nicht der Pausen-Clown, um die Wahrheit zurückzunehmen. Zuerst wurde ein riesen Tam-Tam gemacht, da ich diese Aussagen tätigte. Dann wurde ich eliminiert und sechs Monate später erklärte man, mit einer Entschuldigung wäre alles wieder im grünen Bereich. Das ist lächerlich. Ich lasse meinen Namen nicht in den Dreck ziehen, um danach klein beizugeben.

LAOLA1: Machst du dir selbst auch Vorwürfe über die Art und Weise deiner Kritik?

Setzinger: Ich bereue nichts, das sage ich ganz ehrlich. Ich bin 28 Jahre, war zwölf Jahre im Nationalteam dabei und absolvierte über 150 Partien. Jahr für Jahr wurde es konstant schlechter. Mir ist das auf die Nerven gegangen, dass die Spieler immer mehr vernachlässigt wurden. Logischerweise sagte ich alles nach einer Partie, die für das heimische Eishockey wichtig war und verloren wurde. Ich wurde auf die Aussage des Präsidenten (Anm.: Dieter Kalt) angesprochen. Mir rutschten dabei Wörter leichter über die Lippen. Ich hätte meine Kritik einige Tage danach wohl anders formuliert, nur in diesem Moment und in der Hitze des Gefechts äußerte ich meine Meinung so, wie ich es mir dachte. 90 oder 95 Prozent der Kollegen stimmten mir voll zu. Im Endeffekt war es einfach die Wahrheit.

LAOLA1: Die Rahmenbedingungen veränderten sich seither: Manny Viveiros ist nun Teamchef, wäre ein Comeback im rot-weiß-roten Trikot unter seiner Amtszeit vorstellbar?

Setzinger: Für mich ist nicht alles abgehakt. Wenn sie persönlich zu mir kommen und gewisse Leute, die nicht mehr dort sein sollten, weg sind, würde ich es mir überlegen. Manny ist mit Sicherheit eine der besten Wahlen für den Trainer-Posten. Ich habe seine Einheiten und Ideen stets super gefunden. Was er in Klagenfurt geleistet hat, finde ich gut. Er braucht jedoch die Unterstützung von oben. Allein kann er nichts ausrichten. Er bekommt ein Team, muss mit dem in zwei Wochen etwas machen. Für mich war er die logische Entscheidung.

LAOLA1: Kommt man auf den Umbruch zu sprechen, fällt als Vorbild meist die Schweiz. Warum läuft es dort im Nachwuchs so viel besser als in Österreich?

Setzinger: In der Schweiz sind zumindest ab dem 13. Lebensjahr professionelle Coaches am Werk. Es gibt dadurch viele Möglichkeiten. In Österreich war damals ein Arbeitskollege meines Vaters gar U17-Trainer. In einer der wichtigsten Altersklassen, das ist idiotisch. Hier kümmert man sich um die Arbeit im Nachwuchs, auch, indem Vereinbarungen mit Schulen getroffen werden. Somit können die Jungen in der Früh auf dem Eis arbeiten. Viele sagen, in der Schweiz sei mehr Geld vorhanden. Nur wird mehr dafür getan. Erstligist Kloten bringt beispielsweise jedes Jahr mindestens ein Talent in die Erste. Und wie viele können das in Österreich behaupten? Das ist der Unterschied.

LAOLA1: Und wie ist es um die Qualität im Vergleich zu EBEL bestellt?

Setzinger: Die Top-Vier Mannschaften der Nationalliga B würden es unter die Top-Acht schaffen. Hier spielt man mit zwei und in der ersten Liga mit vier Ausländern, ansonsten stehen Schweizer im Kader. Das Land, von der Einwohnerzahl knapp unter Österreich, hat dadurch viel mehr junge Spieler.

LAOLA1: Seit nunmehr fünf Jahren bist du Wahl-Schweizer - was sieht die Planung noch vor?

Setzinger: Ich spielte sechs Jahre in Finnland und traue mich zu sagen, dass die A-Liga diesem Niveau um nichts nachsteht. Solange ich in der Schweiz sein darf, wechsle ich nicht nach Skandinavien. Auf jeden Fall möchte ich irgendwann nach Österreich zurückkommen. Mein Sohn ist vier Jahre alt, der Vertrag läuft noch drei Jahre. Er soll in der Heimat in die Schule eintreten. Und meine Karriere soll dort auch zu Ende gehen.

LAOLA1: Einer Rückkehr zu den Capitals steht dir zufolge nichts im Wege?

Setzinger: Natürlich wäre ich gerne wieder zu Hause, das ist klar.

Das Gespräch führte Christoph Köckeis