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Die ewige Suche nach dem „Einser-Verteidiger“

Die ewige Suche nach dem „Einser-Verteidiger“

Keine Position ist auf dem Eishockey-Transfermarkt so schwer zu besetzen wie die des „Einser-Verteidigers“:

Damit ist ein defensiv solider Defender, der an die 25 Minuten auf dem Eis stehen kann, in allen Situationen im ersten Paar spielt und vor allem im Powerplay eine Waffe ist, gemeint.

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Letzteres kann oft der Tie-Breaker in der Bewertung eines Spielers sein, denn bei allen offensiven Qualitäten lässt sich selbst über die „All-Around-Fähigkeiten“ von NHL-Norris-Trophy-Gewinnern wie P. K. Subban oder Erik Karlsson diskutieren.

Top-Verteidiger sind rar gesät

Im Gegensatz zu anderen Schlüsselpositionen wie Torhütern (oft ein Buyer’s Market) oder Centern ist der Markt für Verteidiger mit Offensivqualitäten Jahr für Jahr der schwierigste. Die Gehälter in der AHL stiegen in den letzten Jahren wieder an, dazu kommt die KHL, die sehr viele Qualitätsdefender aus dem Markt abzieht.

Schweden und Finnland – ohne jegliche Legionärsbeschränkung - tendieren auch immer mehr dazu,  ihre in die NHL oder KHL abwandernden Jungtalente durch Imports wettzumachen. In der Schweiz setzt man bei der Legionärsauswahl eher auf Stürmer, einen Top-Importverteidiger gönnt sich jedoch fast jedes Team.

So müssen dann Ligen wie die DEL und EBEL oft mit den Brosamen des internationalen Marktes auskommen, die wenigen brauchbaren inländischen Verteidiger sind ohnehin oft für Jahre unter Vertrag. Für „Sonderausstattungen“ wie Rechtsschützen müssen die Vereine oft nochmals 20.000 Euro drauflegen.

Vom Abstellgleis zum KHL-Star

Doch selbst die wenigen durch die Scouting-Lücken fallenden Offensiv-Verteidiger können sich innerhalb kürzester Zeit hochspielen. Ein Beispiel dafür ist etwa ein Spieler wie Nick Bailen. Der heute 24-jährige Defender war in seiner Collegezeit ein kleiner, aber offensivstarker Defender.

Nie gedraftet, spielte er gegen Ende der vorletzten Saison noch eine Handvoll Spiele beim AHL-Team Rochester, doch trotz Bemühungen seines Agenten Steve Bartlett sprangen weder NHL-Teams (aufgrund seiner physischen Defizite verständlich) noch Top-Teams aus Europa auf ihn an.

Seine einzigen Angebote waren die von Tappara Tampere und den Vienna Capitals, aufgrund der besseren sportlichen und finanziellen Aussichten entschied er sich für die Finnen.

Heute gehört Bailen nach einer guten Saison in Tampere zu den Top-10-Defendern in der KHL, verdient knapp eine halbe Million Dollar und  wurde von Minsk bereits mit einem weißrussischen Pass ausgestattet, damit er in knapp einem Jahr auch für das Nationalteam antreten kann. So schnell kann’s gehen.

Olimpia Ljubljana:

Wenig überraschend ist das Tabellenschlusslicht hier dürftig besetzt. Marvin Degon sollte der Einserverteidiger werden, doch seine beste Zeit – die eigentlich nur eine Saison in Wolfsburg war – liegt schon lange zurück.

Kyle Medvec ist nach Punkten zwar der beste Mann, aber eigentlich ein Defensiv-Verteidiger mit relativ guten Beinen, doch limitierten Skills.

Miha Logar hätte gute Ansätze, muss aber physisch noch immens zulegen.

 

HC Innsbruck:

Die „Haie“ zeigen sich weit verbessert zu den Vorjahren. Dustin VanBallegooie liefert – vielleicht mit Ausnahme der Vorsaison – jedes Jahr sehr solide Leistungen ab, verträgt viel Eiszeit und ist als Rechtsschütze eine wichtige Komponente des Powerplays. Er könnte auch bei stärkeren Teams spielen.

Ross könnte im Sommer in die DEL abwandern

Nick Ross kann schießen, defensiv und disziplinär neigt er zu Aussetzern und gilt nicht gerade als Arbeitstier. Er hat die Chance auf einen deutschen Pass, daher könnte er – trotz eines schwachen Auftretens in Augsburg - nochmals eine DEL-Chance bekommen.

Johan Björk erwies sich als solider Defensiv-Verteidiger. Von den Österreichern bringt sich Stefan Pittl noch am meisten offensiv ein, es fehlt aber noch zumindest ein guter Mann.  Wenig verwunderlich, dass Olsson im Sommer auch Florian Iberer mit nach Innsbruck bringen wollte.

 

Dornbirner Eishockey Club:

Jonathan D’Aversa definiert sich über einen harten Rechtsschuss und hat sich defensiv in den letzten Jahren stabilisiert. Andy Sertich blieb offensiv hinter den Erwartungen zurück, eine physische Komponente geht in seinem Spiel völlig ab.

Nick Crawford brachte Mobilität in eine eisläuferisch träge Truppe, ist aber auch nicht die große Offensiv-Waffe. Olivier Magnan ist und bleibt ein austauschbarer Defensiv-Verteidiger, der zu Saisonbeginn im Powerplay fehlbesetzt war.

Die noch anstehende Verstärkung sollte ein Puckmover sein, so man ihn findet. Mit sechs Defendern ist man wie zu Saisonbeginn wieder auf einem sehr schmalen Grat unterwegs.

 

VSV:

Die schlechte Nachricht für den Sommer: Alle Verträge (bis auf Stefan Bacher) laufen aus. Die gute Nachricht für den Sommer: Alle Verträge (bis auf Stefan Bacher) laufen aus. Denn unumstritten kann in Villach keiner der Top-5-Defender sein.

Am meisten für Unruhe wird natürlich das Schicksal von Gerhard Unterluggauer sorgen. Dass die Beine im Alter nachlassen, ist klar, aber er leidet auch an einem Phänomen, das andere Altrecken wie Kirk Furey oder Dan Bjornlie in ihren letzten Saisonen ereilte: Das Armschmalz lässt nach, die Distanz zum Tor scheint immer größer zu werden (nicht nur durch die vergrößerten Drittel), die Scorerzahlen gehen dadurch nach unten.

Hängt Gerhard Unterluggauer noch eine Saison dran?

Zum Beginn der nächsten Saison ist der verdienstvolle Villacher 39 Jahre alt – von einer finanziellen Einigung einmal abgesehen würde ihm auch eine Reduzierung seiner Eiszeit guttun.

Cole Jarretts Mobilitätsprobleme werden angesichts abnehmender Punktezahlen auch immer problematischer, die Villacher Faszination mit ihm war angesichts seiner Leistungen in Graz von Beginn an nicht erklärbar.

Kleman Pretnar ist der mobilste unter den Villacher Defendern, aber Mängel in der Physis bewahren ihn davor, als Erstlinienverteidiger eingeplant zu werden.

Mario Altmann hat Probleme mit der Beweglichkeit und kann an schlechten Tagen ziemlich linkisch wirken. Geoff Waugh, eigentlich Verteidiger Nr. 5, erlitt wieder eine Kopfverletzung und sollte nicht nur aus diesem Grund durch eine billigere Defensivvariante ersetzt werden.

Villach steht von allen Teams vielleicht die größten Umbauarbeiten an der blauen Linie ins Haus.

HC Bozen:

Der nachverpflichtete Bryan Rodney bringt Routine, Positions- und gutes Passspiel ein, zum Topmann fehlt es ihm aber heutzutage an Dynamik, außerdem könnte er vor allem im  Powerplay mehr schießen.

Guntis Galvins‘ Abschied wird schon seit Wochen prognostiziert, noch wurde aber keine brauchbare und zu finanzierbare Alternative gefunden und der Lette steigerte sich auch zuletzt.

Alexander Egger ist ein absoluter Leader, sollte mit knapp 35 Jahren aber auch weniger am Eis stehen. John Lee gehört zur Kategorie „Solider Defensiv-Verteidiger“.

Für die Bozener gilt es, den Wettbewerbsvorteil nicht wieder wie im letzten Sommer zu verspielen: Bei zeitgerechter Planung sollten bessere Italos als Rich Crowley (kaum ligatauglich) und Sean McMonagle gefunden werden, was mehr Spielraum bei der Besetzung der Importpositionen zuließe.

KAC:

Wie beim Lokalrivalen aus Villach stehen auch in Klagenfurt Umbauarbeiten an der blauen Linie an. Kirk Furey wird wohl in Pension gehen, eine jüngere Version seiner selbst wird angestrebt, aber nur sehr schwer gefunden werden können.

Eigentlich sollte Thomas Pöck ja der unumstrittene Nr. 1-Defender bei den Klagenfurtern sein, aber bei der Übersiedlung von Nordamerika nach Österreich ging seine Offensive irgendwo verloren. Seine Punktewerte sind enttäuschend, der frühere Offensiv-Verteidiger mit Defensivschwächen kehrte sein Spiel nahezu um, aber das Gesamtpaket liegt unter den Erwartungen. Läuferisch ist der Ex-NHL-Crack jedoch weiter eine Augenweide.

Ob Jason DeSantis – zum Zeitpunkt seines Erwerbs noch eine der besseren Varianten auf dem Markt – bleibt, hängt sicher davon aber, ob er mehr Akzente im Powerplay als bisher setzen kann. Immerhin brachte er etwas Mobilität in die Klagenfurter Defensive ein.

Mike Siklenka wird den Sommer aufgrund seiner Pragmatisierung wohl wieder überstehen, eisläuferisch ist er zu oft auf die Gnade der Gegner angewiesen.

General Manager Oliver Pilloni muss im Sommer also ein bis zwei neue Importverteidiger finden. Die Mittel haben die Klagenfurter, aber der Markt kann auch für Großzahler oft nur wenig hergeben.

 

Teil 2 mit Fehervar, Black Wings Linz, Znojmo, Graz 99ers, Vienna Capitals und RB Salzburg folgt.

 

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