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"Das war das Beste, was ich bisher gesehen habe"

Näher dran an der EBEL ist keiner.

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller mit seinen Expertisen zu zwei Spielen des Wochenende sowie News aus der Liga:

>>> VSV - Graz99ers, Fr., 30.10., 19:10 Uhr live bei LAOLA1.tv <<<

 

RB Salzburg - Black Wings Linz 0:3 (0:0,0:2,0:1)

Tore: Piche (21.PP2), Oberkofler (39.PP), Palin (60.EN)

Salzburg, 3.105 Zuschauer. Strafminuten: 47 bzw. 37

Ein wahres Spitzenspiel, mit Abstand das beste, das ich in dieser Saison gesehen habe. Beide Teams gingen ein hohes Tempo mit allen Linien, Linz erarbeitete sich aber weit mehr Chancen. Allerdings brauchte die Truppe von Rob Daum dann doch zwei Powerplays für die ersten beiden Tore, darunter eine von gleich drei 5-3-Überlegenheiten.

Piche-Dorion-Kozek-McLean-DaSilva ist auch ein formidabler Überzahlblock. Ich schätze Sebastien Piche über alle Maßen, er ist einer der wenigen Typen in einer ziemlich stromlinienförmigen Liga. Aber ein fast Drei-Minuten-Shift wie im letzten Drittel, als er den dritten Treffer erzwingen wollte, darf nicht sein, bei einem intensiveren Spielkalender kann das nicht lange gutgehen. Seit dem Liga-Abgang von Ben Gratton sollten solche epischen Shifts eigentlich ausgestorben sein.

Auch wenn er diesmal nicht traf: Andrew Kozek ist ein früher Kandidat für den Liga-MVP. Stete Präsenz im Slot, keine Angst vor großen Tieren und auch unter Druck Hände, die im Slot bei Abfälschern schnell und soft agieren, bei Schüssen von den Hashmarks aber zur scharfen Waffe werden. Die Truppe von Rob Daum ist jetzt in Schwung gekommen, Kozek und Goalie Michael Ouzas hielten die Linzer aber während des harzigen Saisonstarts über Wasser.

Drei 3-5-Unterlegenheiten, da kann man aus Salzburger Sicht mit den Referees durchaus hadern. Aber Thomas Berneker und Kristijan Nikolic trafen meist die richtigen Entscheidungen, knickten auch am Ende des Spiels nicht ein.  Es kam halt für Salzburg viel zusammen, etwa als Dominique Heinrich in Unterlegenheit die Scheibe aus dem eigenen Drittel ins gegenüberliegende Fangnetz pfefferte. Völlig richtig auch die Spieldauerdisziplinarstrafen gegen Brett Sterling und Kevin Moderer, die in ihrem Fight die Linesmen als Ausreibfetzen benutzten.

"Piche ist einer der wenigen Typen in der Liga"

Bemerkenswert das Wochenende für Nikolic: Freitag Anreise aus Innsbruck nach Linz, Samstag nach Fehervar, Sonntag in Salzburg. Drei Spiele in drei Tagen mit den entsprechenden Reisestrapazen, wenigstens am Nationalfeiertag fand sich kein Spiel mehr für ihn.

Bei Linz kam die vierte Linie (Franz-Moderer-Ganahl) nur im ersten Drittel zum Einsatz, Dan Rathushny griff länger auf Hochkofler-Brucker-Rauchenwald zurück. Peter Hochkofler, ein gebürtiger Bozener, der erst im Sommer den österreichischen Pass bekam, war schon in der letzten Saison im Salzburger MHL-Team auffällig: Riesengroß, gute Präsenz ums Tor herum, hohe Arbeitsmoral. Wenn er seinen Körper weit ausfüllt, könnte er eine durchaus prägende Rolle in unserer Liga spielen.

Schön, auch Florian Baltram in der EBEL zu sehen, selbst wenn es nur zwei oder drei Shifts waren. Aber andere Scouting-Chancen im Klub gibt es bei ihm nicht, das Salzburger Farmteam tritt außerhalb jeden Ligenbetriebs nur auswärts (meist USA oder Schweiz) an. Baltram kehrte nach einem Jahr in der WHL nach Österreich zurück und sollte vor allem bei der Junioren-WM in Wien ein wichtiger Mann werden. Sein Offensiv-Potenzial geht für mich über Secondary Scoring nicht hinaus, davon abgesehen ist er ein wertvoller Teamplayer. Körperlich ist alles eine Frage der Perspektive: Beim ÖEHV-U20-Camp im Sommer hatte es den Anschein, als ob er an Muskelmasse zugelegt hätte (bei durchschnittlicher Größe). Auf Senioren-Niveau gehört er natürlich noch zu den physisch schwächeren Spielern. Ein EBEL-Stammplatz ist ihn auf Dauer aber auf jeden Fall zuzutrauen.

 

Graz99ers - HC Innsbruck 4:2 (1:0,2:1,1:1)

Tore: Fornataro (4.), Mitchell (23./PP), Werner (34., 60./EN) bzw. Ulmer (33./PP), Spurgeon (59.)

Die Grazer hatten das Geschehen fast über 60 Minuten im Griff, einzig in den Schlusssekunden mussten sie bei einem Schuss von Nick Schaus noch um den Sieg bangen. Unter Ivo Jan tritt die Truppe mit neuem Selbstvertrauen auf, der Kader war nie so schlecht wie es zu Beginn den Anschein hatte. Ein solider Goalie (Dahm), zumindest zwei Powerplay-Verteidiger (Mitchell, Little) und einige durchaus überdurchschnittliche Angreifer (Werner, Fornataro, Brophey, DeSimone). Dazu noch einige gute Rollenspieler ergeben ein Team, das zumindest Ligamittelmaß darstellt. Ob es nach sechs Siegen in Folge noch zu einem Angriff auf die Top-6 reichen kann?

Nur in der vierten Linie der Grazer, aber mit regelmäßiger Eiszeit und durchaus Impact: Daniel Natter spielt sich heuer in der Liga fest, bringt auch genügend körperliche Präsenz ums Tor herum mit. Er kann ohne große Probleme im Lineup weiter nach oben rücken.

Innsbruck kam kaum zu Szenen um das Grazer Tor herum, die Tiroler sind zwar gut organisiert, es fehlt ihnen aber doch an Klasse und Tiefe im Kader. Coach Christer Olsson steht immer vor einem Dilemma: Entweder er überspielt seine Spitzenkräfte, von denen einige ja schon im höheren Alter  (Hahn, Ulmer, Schuller) oder verletzungsanfällig (Spurgeon, Schuller) sind, oder er greift auf Spieler zurück, die kaum oder gar nicht ligatauglich sind. Für einen Top-6 Platz wird das nicht reichen, die Fortschritte gegenüber den ersten beiden Chaos-Saisonen sind aber augenscheinlich.

Aus der Liga:

  • Mit dem KAC hat das erste Team den erweiterten Statistik-Betrieb aufgenommen. Wichtigster Punkt dabei: Die Time on Ice-Erfassung, die auch die Grundlage für eine mögliche Belohnung durch Ligasponsorgelder darstellen soll. Der Gründe für die nur scheibchenweise Einführung? Eine Mixtur aus Widerständen einiger Vereine aufgrund der Kosten für vier Statistiker sowie Infrastruktur- und Manpower-Probleme.

    Im Laufe der Saison soll dieses Paket aber ligaweit vorhanden sein. Ein Vorbild für sämtliche Statistiken könnte die tschechische Extraliga sein: Dort werden etwa Tore und Assists noch während des Spiel korrigiert und nicht auf Zuruf der Spieler vergeben. Ebenfalls nachahmenswert: Cracks ohne Eiszeit werden nach dem Spiel aus dem Spielbericht gestrichen.
  • Bemerkenswert die Philosophieveränderung in Dornbirn: Versuchte man sich während der letzten Saisonen noch mit einem Mini-Kader durchzuschwindeln, verfügt Coach Dave MacQueen nun über ein überaus breites Aufgebot. Nach dem Tryout-Vertrag für Florian Kurath weisen die Dornbirner nun 15 Angreifer auf, bis auf Kevin Macierzynski sind diese auch alle ligatauglich. Mit Kurath, dem wiedergenesenen Oliver Achermann, Stefan Häussle, Philip Putnik und Philipp Kreuzer hat MacQueen nun fünf Kandidaten für seine vierte Linie, die heuer auch weit mehr zum Einsatz kommt als in den letzten Jahren. Auch in der Defensive trugen Christoph Duller und Georg Waldhauser während der Absenzen von Jon D’Aversa und Nick Crawford zur Entlastung der verbliebenen Topleute bei.

    Natürlich können diese Cracks nicht die Gamebreaker sein, tragen aber das ihrige dazu bei, dass ein Top-6-Platz für die Bulldogs heuer durchaus möglich erscheint.

  • Die Grazer Erfolgsserie könnte durchaus auch indirekten Einfluss auf einen Ligarivalen haben: In Villach werden die Entscheidungsträger sicher registriert haben, dass ein Trainerwechsel in einem Team neue Kräfte freisetzen kann. Die Adler präsentieren sich unter Hannu Järvenpää zwar um Eckhäuser besser als Graz unter Todd Bjorkstrand, Punkte resultieren daraus zu wenige. Der VSV verfügt halt über eine Reihe von braven Zweit- und Drittlinienspielern, Gamebreaker gibt es aber keine. Letztes Jahr ritten Darren Haydar und Jason Krog noch als rettende Kavallerie ein, heuer könnte der im Sommer ohnehin auslaufende Vertrag von Järvenpää eine entscheidende Rolle spielen.

    Bereits am kommenden Freitag kommt es zum direkten Aufeinandertreffen von VSV und Graz. LIVE zu sehen um 19:10 Uhr im LAOLA1-Stream.

Bernd Freimüller