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Des Schmierentheaters nächster Teil

Des Schmierentheaters nächster Teil

Nach der Lizenz für das von Dopingfällen erschütterte Astana-Team steht der Radsport-Weltverband (UCI) wieder einmal heftig in der Kritik.

"Wie lächerlich kann dieser Sport sein. Genug ist genug", twitterte etwa der Brite Peter Kennaugh aus dem Sky-Rennstall um die Tour-de-France-Sieger von 2013 und 2012, Chris Froome und Bradley Wiggins.

Zuvor hatte die UCI dem durch zahlreiche Dopingfälle und weitere handfeste Vorwürfe schwer in Bedrängnis geratenen Astana-Team im zweiten Anlauf doch die Lizenz für die WorldTour 2015 erteilt.

Die umstrittene Mannschaft aus Kasachstan wird vom Ex-Doper Alexandre Vinokurov geführt und seit 2007 von einschlägigen Schlagzeilen begleitet.

Astana reagiert mit Genugtuung

Auf seiner Homepage teilte das Team voller Genugtuung mit: "Astana ist stolz und glücklich bekanntzugeben, dass wir die Lizenz erhalten haben.

Ein Dankeschön an unsere Fahrer, die Betreuer, die Familien, Sponsoren und Freunde".

Darunter prangt ein Foto des bestbezahlten Angestellten Vinokurovs: Der aktuelle Tour-Sieger Vincenzo Nibali sticht im Gelben Trikot aus dem Fahrerfeld hervor.

Lizenz nicht in Stein gemeißelt

Kennaughs Landsmann Brian Cookson, der 2013 das UCI-Spitzenamt als Aufräumer angetreten hatte, erweist sich als "zahnloser Tiger", wie der ehemalige Doping-Kronzeuge Jörg Jaksche erklärte.

Der UCI-Boss verwies jedoch darauf, dass die Lizenz nur auf "Bewährung" erteilt worden sei.

Zum einen stehe eine Untersuchung einer unabhängigen Kommission der Universität Lausanne zur angeblichen Doping-Kultur bei Astana an. Und zum anderen warnte Cookson, dass die Lizenz doch noch entzogen werden könnte, wenn die Unterlagen der Staatsanwaltschaft Padua - wie von italienischen Zeitungen gemeldet - wirklich belastendes Material gegen Astana und Vinokurov enthalten sollten.

"Nur Beschwichtigungen"

Natürlich würde zudem ein weiterer Dopingfall das Aus des Nibali-Teams bedeuten.

Als seien fünf in den vergangenen drei Monaten bekanntgewordene Doping-Verfehlungen aus dem WorldTour- und dem Nachwuchsteam nicht genug.

Jaksche wertete die Cookson-Warnung nach der Lizenzerteilung als eine Art Beruhigungsmittel für die Kritiker: "Die Sache ist durch und die Auflagen sind wohl unter Beschwichtigung abzuhaken."

Chance vertan

"Der Radsport hat keine Chance - Lasst uns mit diesem Schmierentheater aufhören", twitterte Scott Mercier, der zusammen mit US-Superstar Lance Armstrong in einem Team gefahren und als einer der Hauptbelastungszeugen gegen den ehemaligen Tour-Seriensieger aufgetreten war.

Mercier verglich die UCI mit dem Internationalen Verband der Catcher, mit der Einschränkung, "dass die nicht für sich beanspruchen, sauber zu sein".

Im Fall Astana stand die UCI auf dem Prüfstand, die neue Härte im Anti-Doping-Kampf unter Beweis zu stellen. Diese Chance hat sie vertan.

Die fünf Dopingfälle, die belastete Vergangenheit des Team-Managers Vinokurov und dessen Umgang mit den Themen Doping und Bestechung konnte dem Team nichts anhaben.

Selbst die Ermittlungs-Ergebnisse aus Padua, die Verbindungen zwischen Astana und dem auf Lebenszeit wegen Dopings gesperrten Mediziner Michele Ferrari aufzeigten, konnten die UCI-Lizenz-Kommission bisher nicht zu einem anderen Votum bewegen.

Nibalis Name nicht aufgetaucht

Nach Angaben der "Gazzetta dello Sport" soll es Fotos aus dem Vorjahr geben, auf denen VinokuroV und Ferrari in Montecatini Terme im Astana-Trainingslager zu sehen sein sollen.

Die aktuellen Astana-Profis Michele Scarponi und Borut Bozic dürften demnach Ferrari-Kunden gewesen sein.

Laut Jaksches Einschätzung ist auch "die Chance groß", dass Nibali ein solcher sein könnte, obwohl der Name des Toursiegers in den 550 Seiten Ermittlungs-Akten nicht auftauchen soll.

Der Zwickmühle entkommen

Der 30-jährige Italiener, der sich Ende 2012 trotz Vinokurovs Vorgeschichte als Blutdoper für Astana entschieden hatte, ist zumindest zunächst aus einer äußerst unbequemen Zwickmühle befreit.

Bei der Lizenz-Verweigerung und der Zurückstufung in die ProContinental-Klasse wäre Nibali bei großen Rennen auf Wildcards der Veranstalter angewiesen gewesen - oder hätte versuchen müssen, kurzzeitig das Team zu wechseln.

Bei einem Jahresgehalt von geschätzt fünf Millionen Euro wäre das wohl nicht leicht gewesen.