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Sagan: Der Alleskönner mit dem gewissen Etwas

Sagan: Der Alleskönner mit dem gewissen Etwas

Dass er es wieder getan hat, ist keine Überraschung.

Dass sich Peter Sagan für seinen ersten Etappensieg bei der diesjährigen Tour de France bis zur 7. Etappe Zeit gelassen hat schon.

Aber nach drei zweiten Plätzen ist beim Slowaken nun endgültig der Knoten geplatzt.

Die Erleichterung stand ihm trotz verspiegelter Sonnenbrille ins Gesicht geschrieben, als er in Albi über den Zielstrich fuhr.

Dem Etappensieg – es war der vierte bei seiner erst zweiten Tour – war eine perfekte Teamleistung von Cannondale (Rennbericht) vorausgegangen.

Ein Danke für das Team

Die giftgrüne Equipe des US-Radherstellers hatte im schweren Mittelteil der Etappe das Tempo vorentscheidend verschärft und sich damit der Sprint-Konkurrenz Mark Cavendish, André Greipel und Marcel Kittel bald entledigt.

Dadurch hatte Sagan nach 205,5 Kilometern mehr oder weniger freie Fahrt, denn weder John Degenkolb noch Daniele Bennati konnten dem 23-Jährigen Paroli bieten.

Obwohl „Dampflok“ Sagan auf der Zielgeraden recht bald ohne seine helfenden „Waggons“ auskommen musste.

„Wir sind zuletzt stark kritisiert worden, aber die Arbeit, die mein Team heute geleistet hat, war unglaublich. Ich musste gewinnen, um so Danke zu sagen“, widmete der Shooting-Star des „neuen Radsports“ den Erfolg seinen Mannschaftskollegen.

Von Tag zu Tag besser

Für Cannondale-Profi Ivan Basso, der gerade bei der Österreich-Rundfahrt im Einsatz ist, war dies erst der Anfang. „Peter wird bei dieser Tour noch einige Etappen gewinnen, davon bin ich überzeugt“, sagt der Italiener im Gespräch mit LAOLA1.

Spätestens seit Freitag strotzt Sagan nur so vor Selbstvertrauen. Das war zu Beginn der Jubiläums-Tour, als er gleich auf der ersten Etappe in den Massensturz verwickelt war, noch ganz anders.

„Danach habe ich mich gar nicht gut gefühlt, aber es ging von Tag zu Tag besser – und jetzt bin ich einfach nur glücklich, dass es endlich geklappt hat.“

Talent ist nicht alles

Für Bernhard Eisel, Österreichs erfolgreichsten Radprofi der letzten Jahre, war es nur eine Frage der Zeit, bis Sagan bei dieser Tour de France zuschlägt.

Bei entsprechendem Vorsprung kann es nämlich schon einmal vorkommen, dass der Slowake am Hinterrad fahrend die Ziellinie überquert. Für Cancellara ist das respektlos den Gegnern gegenüber.

„Wenn er alle abhängt, was soll er da Respekt zeigen? Wenn ich an seinem Hinterrad bin und es nicht halten kann, dann darf der von mir aus alles machen, da kann er mich auslachen auch“, hat Bernie Eisel mehr Verständnis für die Späße des Herrn S.

Den lässt die Aufregung um seine Person kalt, mit seinen Erfolgen sagt er seinen Kritikern: Ihr könnt mich alle mal!

Die Nr. 1 bei Rad-Beherrschung

Der Wiener Matthias Krizek fährt mit Sagan bei Cannondale und trainiert also regelmäßig mit ihm. „Wenn er alleine ins Ziel kommt, warum sollte er nicht eine Show machen. Das gibt doch ein super Foto und ist Werbung für unseren Sport.“

Für den 24-Jährigen ist der berühmte Teamkollege mehr als nur ein Entertainer. „Er kann sich den Kasperl leisten, denn die Leistung passt. Und was die wenigsten sehen: Peter ist ein beinharter Arbeiter.“

Und Vorbild für den ÖRV-Youngster. „Er ist ein Alleskönner, stark am Berg, stark im Sprint, stark in Fluchtgruppen.“ Und in Sachen Rad-Beherrschung sowieso die Nummer 1 im Peloton.

„Im Training kann es schon einmal vorkommen, dass er bergauf einen Wheelie macht und dabei sogar noch aufsteht. Mit ihm wird dir einfach nie fad“, erzählt Krizek.

Eingeparkt am Autodach

Zuletzt machte ein Video die Runde, in dem Sagan sein 10.000-Euro-Bike auf dem Dach eines Teamwagens einparkt. Im Radständer wohlgemerkt (Hier geht’s zum Video).

Geschult hat er seine Technik bereits in jungen Jahren beim Mountainbike und Cyclocross.

„Der Peter ist die absolute Ausnahme. Vom Talent, vom Können und vom Charakter“, outet sich auch Katusha-Profi Marco Haller im Gespräch mit LAOLA1 als Fan.

Haller: Duell im Nachwuchs

Zwar kennt ihn der Kärntner nicht persönlich, allerdings ist er bereits im Nachwuchs gegen den nur ein Jahr älteren Sagan gefahren.

„Ich war damals 16, als wir beide eine Rundfahrt in Tschechien bestritten haben. Das war schon ganz lustig.“

Als Radprofi weiß Haller nur zu gut, dass Show nicht alles und es auch ein Leben außerhalb der Schlagzeilen gibt.

„Radfahren ist ein Sport, der sehr viel Einsatz verlangt. Da kannst du dir nebenher keine Exzesse leisten.“ Außer man heißt Peter Sagan …

 

Stephan Schwabl/Máté Esterházy

Dass er es ausgerechnet auf einer Etappe mit Berg und Sprint-Ankunft getan hat, passt für den Sky-Profi ins Bild. „Wir scherzen im Peloton immer, dass er für einen Bergfahrer ganz gut sprintet. Aber im Ernst: Peter ist sicher das größte Talent, das wir derzeit im Radsport haben.“

Aber Talent ist nicht alles, Sagan hat für Eisel das Zeug zum Superstar - und passt deshalb auch perfekt zu Cannondale, das einst schon mit einem gewissen Mario Cipollini für Furore gesorgt hat.

„Er ist ein Typ, er hat Personality und er sorgt für Geschichten. Es ist wichtig, dass endlich wieder jemand auch abseits der Rennstrecke für Schlagzeilen sorgt. Das tut dem Radsport gut.“

Busen-Autogramm und Po-Grapscher

Apropos Schlagzeilen: Hier ein kleiner Auszug aus dem Archiv. Im Vorjahr signierte „Peto“ nach der 15. Etappe der Tour de France den Busen eines verdutzten weiblichen Fans.

Für weltweite Aufregung sorgte der Youngster, der auch schon mal mit Terminator-Lackierung am Rennrad vorfuhr, bei der Siegerehrung der Flandern-Rundfahrt.

Die Bilder von seinem Grapscher an den Po einer Hostess verbreiteten wie ein Lauffeuer über die diversen Social-Media-Kanäle - und das rund um den Globus.

Per Video-Botschaft versuchte Sagan die Wogen zu glätten: „Es war nicht meine Absicht, mich respektlos gegenüber Frauen zu verhalten. Es war bloß ein Scherz und es tut mir leid, wenn ich damit jemanden vor den Kopf gestoßen habe.“

„Kann mich auch auslachen“

Spätestens mit dieser Aktion hatte er sich auch den Ärger von Fabian Cancellara zugezogen, dessen Sieg in Flandern im Zuge der Sexismus-Diskussion völlig untergegangen war.

Aber der Schweizer hatte sich bereits davor mehrfach zum Thema Sagan geäußert – und das nicht unbedingt positiv. Vor allem wegen der diversen Jubelposen.