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Rogan: "Konnte dem Alter noch einmal davon laufen!"

Rogan:

Happy Birthday, Markus Rogan! Der Schwimmstar feiert am Freitag seinen 30. Geburtstag.

Zeit zum Feiern bleibt jedoch kaum, denn der Jubilar steckt mitten in der finalen Vorbereitung auf seine bereits vierten Olympischen Spiele nach Sydney 2000, Athen 2004 und Peking 2008.

Und da soll und muss jeder Tage genützt werden, gönnt sich Österreichs erfolgreichster Schwimmer aller Zeiten keine Pause.

Im großen LAOLA1-Interview spricht Markus Rogan ganz offen über die höchste Stufe im Training, ein Olympia-Finale in der Badewanne und was sich für ihn im Lauf der Jahre verändert hat.

LAOLA1: Um das Ziel einer Olympia-Medaille zu erreichen, müssen Sie im Training und in der Vorbereitung noch einmal drauflegen. Fällt das mit 30 Jahren schwerer als vielleicht mit 25?

Markus Rogan: Ich glaube, dass ich es noch einmal geschafft habe, meinem Alter davon zu laufen. Und ich gehe davon aus, dass ich es die letzten, nicht einmal 90 Tage auch noch schaffe.

LAOLA1: So ein 30. Geburtstag ist auch eine gute Gelegenheit, um Bilanz zu ziehen. Bitteschön …

Rogan: Viele haben ja erlebt, wie ich mich vor acht Jahren (bei den Olympischen Spielen in Athen, Anm.) öffentlich in mich selbst verliebt habe. Wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich sofort aufgehört. Auf der anderen Seite sehe ich gerade in dieser Vorbereitung, was ich weiß. Und in Wahrheit weiß ich nur, wie wenig ich weiß!

LAOLA1: Was schwingt da zwischen den Zeilen mit?

Rogan: Ich wollte immer zwanghaft beweisen, dass ich mehr bin als ein Schwimmer. Aber jetzt konzentriere ich mich voll und ganz auf den Sport und bereite mich auf diesen einen olympischen Moment vor. Damit ich mit höchstmöglicher Kraft die bestmögliche Leistung aufbringe.

LAOLA1: Wir hätten jetzt eher einen Spruch erwartet.

Rogan: Wenn mir das gelingt, dann muss ich nachher nicht aus dem Becken steigen und beweisen, dass ich der Schlauste bin. Ich habe schon begriffen, dass sich die Welt auch ohne mich weiterdreht.

LAOLA1: Immerhin wissen Sie seit den Pre-Olympics, wie es sich anfühlt in London Gold zu gewinnen?

Rogan (denkt lange nach): Vielleicht bleibt es die einzige Medaille, die ich London gewinne … Der Grund, warum ich die Pre-Olympics eigentlich geschwommen bin, war, um zu erkennen, dass es auch nur ein Schwimmbecken ist. Es geht bei den Spielen nur um das, was ich seit 20 Jahren mache. Nämlich schnell hin- und herschwimmen. Oft und gerade bei Olympia glauben wir, dass es viel mehr ist, ich selbst glaube das auch.

LAOLA1: Was ist es denn dann?

Rogan: Eine wunderschöne Illusion. Wir spielen uns im Sommer zwei Wochen lang Weltfrieden vor, alle kommen zusammen und sind Teil dieses großen Spektakels. Aber wenn man erkennt, was es eigentlich ist, nämlich ein sportlicher Wettkampf, dann ist es für mich hoffentlich leichter.

LAOLA1: Weil der Druck, eine Medaille gewinnen zu wollen, auch ohne olympisches Drumherum riesig ist?

Rogan: Ich baue darauf, dass die meisten Leute einen Schaß schwimmen werden. Wenn man sich anschaut, wie viele Bestleistungen es bei Olympia gibt, bist du ungefähr bei zehn Prozent. Meine Silberne über 100 m Rücken in Athen war nur meine achtbeste Zeit. Ich bin in der glücklichen Situation, dass ich bis jetzt bei den Spielen immer meine beste Leistung gebracht habe.

LAOLA1: Sie arbeiten neben einer Ernährungsberaterin auch mit einem Psychotherapeuten. Warum?

Rogan: Damit ich, wenn ich ins Olympia-Becken springe, das gleiche Gefühl habe wie bei den Staatsmeisterschaften in Graz. Perspektiven besser und Dinge rationaler sehen, darum geht es. Und diese Olympia-Illusion einordnen zu können.

LAOLA1: Schauen Sie heute, was die Konkurrenten im Kampf um Gold, Silber und Bronze so machen?

Rogan: Ich habe endlich damit aufgehört, auf meine Gegner zu schauen. Das bringt wirklich viel, wenn man es schafft, die Energie dort zu belassen, wo man sie kontrollieren kann. Ab und zu erwische ich mich noch dabei, dass ich links und rechts schaue. Aber ich weiß, dass ich es nicht überbewerten darf. Einem Lochte oder Phelps ist auch relativ wurscht, wie ich schwimme.

LAOLA1: Die Leistungen von Lochte und Phelps schwanken noch extrem. Wie zufrieden sind Sie mit der persönlichen Formkurve?

Rogan: Sagen wir es so: 2008 war ich im Vorfeld genau dort, wo ich sein wollte. Ich habe in dieser Saison alles gewonnen, außer irgendwas bei den Spielen. Im Nachhinein gesehen haben mir die Erfolge viel zu viel Selbstvertrauen gegeben. Diesmal hoffe ich, dass es besser ist, vor Olympia nicht so gut und in London dann richtig gut zu sein.

LAOLA1: Lassen Sie uns doch an dieser Stelle zurückblicken auf drei Mal Olympia?

Rogan: 2000 durfte ich das erste Mal Olympia-Luft schnuppern, das war sehr beeindruckend. In Athen bin ich einfach nur geschwommen, aber ich hatte eigentlich immer noch keine Ahnung. 2008 wollte ich viel mehr daraus machen, auch weil ich gedacht habe, dass ich viel großartiger bin, als ich eigentlich war. Heuer kann ich hoffentlich wieder das sehen, was es eigentlich ist, nämlich ein sportlicher Wettkampf.

LAOLA1: Wie haben Sie die drei Olympischen Spiele an sich erlebt?

Rogan: In Australien war es so: Wir sind eine sportgeile Nation und das zeigen wir! Bei den Griechen war klar: Das sind Wurschtler, aber die schaffen das irgendwie. Und wer zahlt, finden sie nachher raus. 2008 ging es darum, dass die Chinesen der Welt beweisen, was sie können. Sie wollten zeigen, dass sie ein großer Player auf der Weltbühne sind.

LAOLA1: Und London 2012?

Rogan: Die Engländer sind sehr clever. Sie haben zwar weniger Geld zur Verfügung, aber sie geben es sehr geschickt aus. Sie wissen einfach, was möglich ist und was nicht. Deshalb machen wir in Österreich die Jugendspiele. Wir wären gerne größer, aber wir machen die Jugendspiele.

LAOLA1: Werden wir Sie vor den Olympischen Spielen noch einmal in Österreich sehen?

Rogan: Eher nicht, und wenn dann nur ganz kurz. Ich komme mit dem Team 17 Tage vor den Spielen nach Europa. Wir werden uns sehr wahrscheinlich in Spanien vorbereiten und dann drei, vier Tage vorher nach London kommen. Es ist ein toller Luxus, mich mit dieser unglaublichen Trainingsgruppe vorzubereiten. Das Niveau im Training ist teilweise höher als bei Europameisterschaften.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

Das Interview führte Stephan Schwabl