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Benjamin Karl - Wildsau wider Willen

Benjamin Karl - Wildsau wider Willen
Er ist eine Wildsau.

Auch wenn sich Benjamin Karl selbst nie als solche bezeichnen würde. „Nein, du musst immer alles unter Kontrolle haben, darfst nie nur Passagier sein“, erklärt der 26-Jährige, der bereits drei Weltmeister-Titel auf dem Snowboard erobert hat.

Doch vom Brett, das ihn über die Grenzen Österreichs hinaus berühmt machte, ist hier gar nicht die Rede. Nein, gemeint  sind seine Darbietungen auf dem Mountainbike. Was der Jungvater auf dem Drahtesel aufführt, ist Hammer.

Beim Dolomitenmann (7. bis 9. September in Lienz) fährt der gebürtige Niederösterreicher nicht nur mit; speziell im Downhill (9,4 km) zählt er zu den Allerschnellsten, zeigt dabei sogar den Profis den Hinterreifen. Dabei ist die Strecke alles andere als ein Kindergeburtstag.

Bloß nicht zu viel bremsen

LAOLA1 macht sich bei einem Lokalaugenschein ein Bild von der Strecke. Die Zweirad-Artisten müssen zur Abfahrt vom Hochsteinkreuz großteils über die Ski-Weltcup-Piste. Bei 26 Prozent Durchschnittsgefälle reicht das Attribut steil wahrlich nicht aus. Zumal Gras nicht gerade der griffigste Untergrund für Radfahrer ist.

„Da runter erreichst du bis zu 70, 80 Stundenkilometer“, meint Karl bei einem Blick auf den Hang, der auf den Otto-Normal-Verbraucher ein wenig furchteinflößend wirkt.

Mit dem Bremsen ist das so eine Sache. Zum einen ist aufgrund der Steilheit und des Untergrundes nur wenig Verzögerung möglich. Zum anderen haben Scheibenbremsen ihre Tücken. „Das ist wie beim Auto: Wenn du zu viel bremst, überhitzen sie und dann kann es sein, dass du auf einmal gar keine Bremswirkung mehr hast“, grinst der Speed-Junkie.

Er könne noch schneller fahren, doch dann wäre das Risiko zu stürzen zu groß. Konzentration und Kontrolle heißen die beiden Zauberwörter. „Wenn du da runterfährst, befindest du dich wie in Trance“, pflichtet Mountainbike-Profi Alban Lakata bei.

Mit dem Dolomitenmann eng verbandelt

In Sachen Dolomitenmann ist Karl erblich vorbelastet. „Mein Vater ist einige Male im Paragleiten gestartet.“ Auch wenn der alte Herr letztendlich nicht den Ausschlag für die Teilnahme gab.

Mittlerweile ist der Feschak mit dem Extremsportevent, der heuer sein 25. Jubiläum feiert, eng verbandelt. Im August 2011 ehelichte er Nina Grissmann, Tochter von Abfahrts-Legende und Dolomitenmann-Initiator Werner Grissmann. Vergangenen Juni erblickte Töchterchen Benina (Mischung aus Benjamin und Nina) das Licht der Welt.

Mit seinem Vater wollte Karl sogar einmal in einem Team starten. „Aber das hat sich dann irgendwie nie ergeben“, schildert der Junioren-Weltmeister von 2005, dessen Karriere im Alter von zehn Jahren beinahe durch einen Brustwirbel-Bruch beendet worden wäre.

Das Steckenpferd von Karl Senior, das Paragleiten, hat den Sohn nicht richtig gereizt. „Wir sind schon einige Male geflogen, aber mir war halt etwas anderes lieber.“ Ein Erlebnis waren die Ausflüge dennoch. Wie einmal, als sie bei einer Landung in Schwierigkeiten gerieten. „Ich bin auf den Bauch gefallen und bin mit dem Gesicht nach unten über die halbe Wiese geschleift worden. Danach war mein Helm mit Gras voll“, lacht Karl.

Rund um Österreich

Von der Luft aber zurück auf zwei Räder: Woher stammt eigentlich seine Passion für das Biken? „Keine Ahnung, irgendwas muss man im Sommer ja trainieren“, meint Karl nur wenige Stunden nach einer Befahrung des Großglockners.

Heuer nahm er zum zweiten Mal am „Race around Austria“ teil. 2.200 Kilometer und 30.000 Höhemeter umreißen das Non-Stop-Straßenrennen, das als Vierer-Team, welches sich abwechselt, in Angriff genommen wird.

„Wir wollten das Rennen eigentlich gewinnen“, sagt Karl. Doch daraus wurde nichts. Ihr Begleit-Bus machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Die Zylinderkopf-Dichtung versagte eines Nachts. Ersatz war auf die Schnelle nicht aufzutreiben, es blieb nur die Aufgabe. „Das Gerät hatte schon 600.000 Kilometer absolviert“, hielt sich die Verwunderung in Grenzen.

Keine Neuseelandreise

Die Vorbereitung der österreichischen Snowboarder in Neuseeland konnte Karl nicht mitmachen. Die Bänderverletzung im Fuß war noch nicht voll ausgeheilt.

Erst am 23. August wurde ihm eine Schraube entfernt. Für den Dolomitenmann gab er aber grünes Licht.

Dass die Teilnahme daran ein Risiko für die Weltcup-Saison darstellt, findet Karl nicht. Schließlich ist er ja keine Wildsau.

Reinhold Pühringer