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Die Karriere danach: "Es geht immer weiter"

Die Karriere danach:

Jahrelang im Rampenlicht, im Fokus der Öffentlichkeit, auf den Titelblättern der Gazetten.

Spitzensportler ziehen mit ihren Leistungen das Interesse der Medien gekonnt auf sich und sonnen sich im Blitzlichtgewitter. Spitzensportler haben allerdings auch immer ein Ablaufdatum.

Je nach Sportart gelingt es den Stars, sich über fünf, zehn oder - im besten Fall - sogar 15 Jahre ganz oben zu halten.

Irgendwann kommt der Tag, an dem jeder einen Schlussstrich ziehen muss. Mit dem Karriereende beginnt für die Athleten ein völlig neues Leben. Eines, auf das sich viele kaum oder zu wenig vorbereiten.

Eine elitäre Runde hat sich diesem Thema angenommen und im Hotel Grand Tirolia in Kitzbühel eingefunden, um im "TALK@eichenheim", der unter dem Motto "Sportkarrieren: Vom Rampenlicht ins schwarze Loch? ... vom Leben danach" stand, zu diskutieren.

Weißflog wurde Hotelier

"Man merkt irgendwann, dass es nicht mehr für ganz oben reicht", meinte etwa Jens Weißflog, seines Zeichens dreifacher Olympiasieger und Weltmeister im Skispringen.

Bei ihm sei "ein gewisses Loch schon zu erkennen" gewesen. 15 Jahre sprang er im Weltcup und hatte sich voll und ganz seiner Passion verschrieben. "Da war es schwierig, sich nebenher andere Interessen aufzubauen", so der "Floh vom Fichtelberg".

Dann dachte Weißflog zurück an seine Karriere, an die Reiserei, das Leben in Hotels. Dabei kam ihm die Idee, selbst sein Glück als Hotelier zu suchen. Mit Erfolg: Der 48-Jährige erfreut sich mit seinem Appartementhotel in Oberwiesenthal großer Beliebtheit.

Kjus meisterte den Absprung

Auch Lasse Kjus hat den Absprung gut gemeistert und sich ein "Leben danach" aufgebaut. Der Norweger zählt zu den erfolgreichsten Skifahrern aller Zeiten. 16 Medaillen bei Großereignissen zieren seine Bilanz, zweimal gewann er den Gesamtweltcup.

2006 war Schluss, aktuell führt er eine höchst erfolgreiche Sportbekleidungsfirma. "Die Marke geht seit Tag eins sehr gut", erklärte der "Wikinger" stolz.

Wichtig für Erfolg ist seiner Meinung nach die Einstellung von Spitzensportlern. Diese hebe sich vom "Otto-Normal-Bürger" ein Stück weit ab. "Sportler denken nicht oft ans Versagen, sie sehen die Möglichkeiten."

Die Jungen zogen an Möller vorbei

Früher permanent im Rampenlicht stand auch Andreas Möller. Der 45-Jährige gewann als Fußballspieler so gut wie alles, was es zu gewinnen gab: WM, EM, Champions League, UEFA-Cup, Meisterschaften, Pokalsiege.

Der "Tag X" kam für ihn beim Training. Da wurde ihm klar: Das Ende naht. "Ich habe zum Beispiel beim Waldlauf gemerkt, wie die Jungen locker an mir vorbeizogen."

Der Abschied folgte wenig später, Möller gönnte sich zunächst eine einjährige Auszeit. Der 85-fache deutsche Nationalspieler absolvierte daraufhin die Trainerausbildung und ließ ein erstes Engagement in Aschaffenburg sowie ein zweites als Sportdirektor in Offenbach folgen.

Legenden unter sich: Möller, Thränhardt und Weißflog (v.l.)

Derzeit scoutet er für den Deutschen Fußball-Bund sowie einige Bundesliga-Vereine, deren Namen er nicht nennen will, Talente. "Es war die logische Konsequenz, dem Fußball verbunden zu bleiben."

Auslandsengagements und häufige Vereinswechsel wie zu Spielerzeiten ("In 20 Jahren bin ich 15 Mal umgezogen") kommen nicht mehr in Frage. "Ich bin stolzer Familienvater und habe eine gewisse Verantwortung", so Möller.

"Die Sucht, uns zu beweisen"

Von einem schwarzen Loch wollte Carlo Thränhardt nichts wissen. Der 55-Jährige wurde aufgrund seiner Sprungkraft berühmt und stellte Weltrekorde im Hochsprung auf. Noch heute hält er die Bestmarke in Europa.

Der 1,99m-Hüne, der 2004 als Kandidat der TV-Sendung "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" für Aufsehen sorgte, stellte fest: "Uns alle vereint diese Sucht, uns zu beweisen."

Er hatte als 14-Jähriger das Bedürfnis, in irgendetwas der Beste in Deutschland zu sein. Eine große Karriere sollte folgen. Rückblickend empfindet Thränhardt: "Diese Glücksgefühle, die man als Sportler erlebt, hat man später in dieser Form nicht mehr."

Abgesehen von der sportlichen Vergangenheit eint das Quartett nicht nur der Drang, sich selbst zu verwirklichen und ihr Talent unter Beweis zu stellen, sondern auch die Tatsache, dass sie alle nach dem Ende der sportlichen Laufbahn etwas aus sich machten. Oder wie Thränhardt es so passend formulierte: "Schwarzes Loch? Scheiß drauf. Es geht immer weiter."

 

Christoph Nister