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Der erste Tag im Jungwirth-Prozess

Der erste Tag im Jungwirth-Prozess

Der langjährige Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), Heinz Jungwirth, hat sich am Montag beim Auftakt seines Untreue-Prozesses in Wien "nicht schuldig" bekannt.

In seiner rund zweistündigen Einvernahme zeigte Jungwirth eine fragwürdige Finanzgebarung beim ÖOC auf:

Er behauptete etwa, der damalige ÖOC-Präsident Leo Wallner habe ein "Schwarzgeld"-Konto ins Leben gerufen und einer eigenartigen Abrechnung seiner, Jungwirths, Honorare zugestimmt.

Laut Anklage soll Jungwirth zwischen Anfang 2003 und Februar 2009 von ÖOC-Konten persönlich mit Hilfe seiner langjährigen Stellvertreterin, der mitangeklagten Manuela K., und des abgesondert verfolgten ehemaligen ÖOC-Kassiers Lothar Scheer 2,78 Mio. bar behoben bzw. auf seine Konten transferiert und für private Zwecke verwendet haben.

"Skurilles Verfahren"

Weitere 357.000 Euro sollen durch von Manuela K. vorgenommene und Jungwirth gegengezeichnete Überweisungen in den Besitz des mächtigen Sportfunktionärs gelangt sein.

Sein Verteidiger Herbert Eichenseder sprach von einem "skurrilen Verfahren", die Behauptungen der Anklagebehörden "stimmen einfach nicht", sagte der Anwalt.

Für private Zwecke?

Insgesamt 3,5 Mio. Euro wurden Staatsanwalt Andreas Allex zufolge auf einem "Schwarzgeldkonto" des ÖOC geparkt, das Jungwirth an der offiziellen Buchhaltung vorbei führte:

"Diese Gelder wurden vom Angeklagten zu privaten Zwecken verwendet."

Jungwirth habe "seine Befugnisse wissentlich missbraucht", seine leugnende Verantwortung "scheint widerlegt", sagte Allex.

Offensichtliche Ablehnung

Jungwirth selbst quittierte die Ausführungen des Staatsanwaltes mit demonstrativem Kopfschütteln. Sein Rechtsbeistand konterte, sein Mandant sei beim ÖOC "für alles zuständig" gewesen und entsprechend bezahlt worden.

Das Jungwirth zustehende Geld sei allerdings "unregelmäßig verrechnet" worden, so Eichenseder.

Die inkriminierten Barbehebungen bzw. Überweisungen wären auf Basis diesem zustehender Honorarforderungen erfolgt. Das Beweisverfahren werde dies zeigen.

Den Satzungen nicht entsprochen

Jungwirth selbst räumte unumwunden ein, das ÖOC habe bei der Abwicklung der finanziellen Angelegenheiten nicht den Statuten entsprochen.

Satzungsgemäß wäre der Verein in finanzieller Hinsicht vom Präsidenten und einem der beiden Kassiere zu vertreten gewesen.

In der Praxis veranlasste jedoch regelmäßig Jungwirth Überweisungen, indem er Belege vorbereitete und diese von einem weiteren Zeichnungsberechtigten - oftmals Manuela K. - gegenzeichnen ließ.

"Dafür brauch ma a anderes Konto"

"Das hat der Präsident so verfügt", berief sich Jungwirth dabei auf Ex-ÖOC-Präsident Leo Wallner. Überhaupt habe Wallner ihm in budgetären Belangen freie Hand gelassen.

Er beschrieb, wie ihn Wallner  zum Führen eines "Schwarzgeldkontos" ermächtigt habe, auf dem vor allem Überweisungen und Refundierungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) geparkt wurden.

Er habe diesen mit den Worten "Leo, dafür brauch ma a anderes Konto" angesprochen und ein "Ja, aber das muss nicht in der Buchhaltung sein" zur Antwort erhalten. Wallner, gegen den ein separates Strafverfahren geführt wird, erhält am Dienstag (9:00 Uhr) als Zeuge Gelegenheit, seine Sicht der Dinge darzulegen.

Nicht erkannt

Die mitangeklagte Manuela K. erklärte, das "Schwarzgeldkonto" nicht als solches erkannt zu haben. Bei der Führung des Kontos habe es überhaupt keine Richtlinien gegeben, so Jungwirth.

Er habe als einziger im ÖOC einen umfassenden Überblick über die Finanzen gehabt zu haben. "Teile der Herrschaften" (gemeint war der ÖOC-Vorstand, Anm.) habe er aber bei seinem Ausscheiden 2009 informiert. 

Die ÖOC-Vorstandsmitglieder hätten damals auf seinen Bericht hin, dass es das Konto gegeben habe, nur mit Schweigen reagiert.

Niemand habe nachgefragt. Das veranlasste Richter Georg Olschak zur Bemerkung, dass es sich beim ÖOC-Vorstand um ein "merkwürdiges Gremium" gehandelt haben dürfte.

"Im Sinne des Vorstands"

ÖOC-Anwalt Herbert Hübel, der sich dem Verfahren als Privatbeteiligter angeschlossen hat, wollte vom Angeklagten noch einmal explizit wissen, ob die von diesem veranlassten Transaktionen zulasten des ÖOC vom Vorstand gedeckt waren.

"Es war im Sinne des Vorstands. Der Herr Doktor Wallner hat es so gewünscht. Was hätte ich da hinterfragen sollen?", erwiderte Jungwirth.

Nach seinem Ausscheiden aus dem ÖOC im Jahr 2009 sei das Konto aufgelöst worden, weil er "keinen Bedarf" mehr darin gesehen habe.

Die "Handkassa"

Die teils beträchtlichen Transaktionen vom ÖOC-Konto und einem -Sparbuch auf sein Privatkonto räumte er zwar ein, diese seien aber durch zugesagte ÖOC-Bonifikationen gedeckt gewesen.

Außerdem habe er etwaige Differenzbeträge stets aus seiner Tasche nachträglich beglichen. "Ich habe das von dort genommen.

Entscheidend ist aber, dass es bei der Rechnungsprüfung gepasst hat. Zu Jahresende war es immer in Ordnung", erklärte Jungwirth auf 681.000 Euro angesprochen, die er insgesamt vom ÖOC-Sparbuch, das er als "Handkassa" bezeichnete, für private Verwendung abgehoben hatte.

Beträge zurückgezahlt

Alleine die Barabhebungen beliefen sich in den Jahren 2003 bis 2009 auf jährlich 30.000 bis 300.000 Euro.

Zahlungen an einen Reitlehrer (105.000 Euro in sieben Jahren), der Ankauf eines Audi A3 für seinen Sohn und eines Pferdtransporters schlugen ebenfalls mit mehreren 100.000 Euro zu Buche.

Er habe das "selbstverständlich alles zurückgezahlt", bekräftigte Jungwirth. Bei seinem Ausscheiden 2009 seien es zum Beispiel 240.000 Euro gewesen, die er rückerstattet habe.

Das könne er auch schriftlich belegen. Für die Zeit davor seien allerdings keine Unterlagen mehr vorhanden, so der Angeklagte.