Der Grand Prix von Österreich steht vor der Tür und damit die achte Herausforderung des WM-Jahres für die zehn Rennställe.
Ein Blick auf das Vorjahresresultat zeigt, wer in der Obersteiermark den Ton angeben dürfte. Spielberg ist eine absolute Motoren-Strecke und damit wie gemacht für die Antriebs-Einheiten aus dem Hause Mercedes.
Die WM-Dominatoren wollen die 4,3 Kilometer lange Strecke auch heuer wieder zum "Heimspielberg" machen.
Ein wichtiger Faktor könnte das Wetter werden. Im Vergleich zum Vorjahr wird diesmal nämlich keine Hitze, sondern phasenweise sogar Regen erwartet.
Schon am Freitag zieht eine Kaltfront durch das Aichfeld und am Samstag droht ein nasses Qualifying bei Temperaturen um die 17 Grad. Am Sonntag wird es dafür etwas wärmer und durchgehend trocken sein.
Kann den Silbernen bei dieser Prognose überhaupt jemand gefährlich werden, was sagt Vettel zu seiner roten Rückkehr und wie trist ist die Situation beim "Gastgeber" Red Bull Racing?
Die wichtigsten Punkte vor dem GP von Österreich:
- HAMILTONS WEISSER FLECK
Hamilton oder Rosberg? Wie schon in Montreal führt der Sieg in Spielberg - realistisch betrachtet - nur über die beiden Mercedes-Piloten. Der Weltmeister ist dabei bestrebt, einen weißen Fleck auf seiner Sieger-Karte auszulöschen. Neben Österreich fehlt dem Briten im aktuellen Kalender nur noch ein Erfolg in Brasilien. Natürlich auch in Mexiko, aber dort kehrt die Königsklasse erst heuer wieder zurück. Ein Sieg im Murtal schien für Hamilton 2014 durchaus machbar, allerdings ging schon das Qualifying schief. Beim ersten schnellen Versuch in Q3 kam er in der letzten Kurve zu weit von der Strecke ab, weshalb die Runde gestrichen wurde. Danach drehte er sich auch noch und landete nur auf Platz neun. Das Rennen war schließlich um ein paar Runden zu kurz für den späteren Weltmeister. 1,9 Sekunden kam er hinter Rosberg ins Ziel, der danach 29 Punkte Vorsprung in der WM hatte. Von da an begann dieser Polster aber sukzessive zu schmelzen. Ein Jahr später kommt Hamilton guten Mutes in die Steiermark. In Kanada konnte er die schmerzhafte Monaco-Niederlage vergessen machen. Darüber hinaus fühlt er sich um einiges wohler, als im Vorjahres-Auto: "Ich weiß auch nicht warum, aber ich bin viel glücklicher mit dem Auto als mit dem vom Vorjahr. Außerdem glaube ich, dass ich noch schneller bin", sagt er bei "Autosport". Beste Voraussetzungen also, um seinen Vorsprung von aktuell 17 Zählern ausbauen zu können. Der 30-Jährige kann auch Rekorde einfahren. Wenn er im Rennen nur eine Runde in Führung liegt, hat er die Bestmarke von Jackie Stewart eingestellt, der von 1968 bis 1970 in 17 Rennen en suite Führungsrunden sammelte. Fährt Hamilton auf Pole, hätte er zudem gleich viele erste Startplätze wie Sebastian Vettel. Wenn Mercedes beide Autos auf das Podium bringt würde dies zum achten Mal in dieser Saison gelingen - das wäre Rekord. Die bisherige Bestmarke gehörte Ferrari (1952/53).
- VETTELS ROTE RÜCKKEHR
- MERCEDES-KUNDEN BLASEN ZUM ANGRIFF
Williams und Spielberg - das passt. Dem Traditionsteam gelang 2014 in Österreich als einzigem Rennstall, die Mercedes-Dominanz im Qualifying zu brechen. Felipe Massa und Valtteri Bottas standen sogar auf den Startplätzen eins und zwei, am Ende jubelte Bottas über seine erste Podest-Platzierung. Natürlich wittert man in Grove auch in diesem Jahr eine große Chance. "Autos mit geringem Luftwiderstand funktionieren dort gut. Normalerweise ist unser Auto das mit dem geringsten von allen Teams", glaubt Massa an ein Top-Ergebnis. Dazu beitragen soll auch ein neues Aerodynamik-Paket, das in der Steiermark erstmals zum Einsatz kommt. Auch Lotus hat zuletzt durch die Plätze sieben und zehn wieder wertvolle Punkte sammeln können. Ganz so wie erwartet, kann der Rennstall vom neuen Mercedes-Antrieb aber nicht profitieren. Allerdings lebt man mit dem Underdog-Image ganz gut. Teamchef Federico Gastaldi blickt Österreich freudig entgegen: "Ich weiß, dass es in Österreich tolle Dinge zu entdecken gibt. Der Grand Prix im letzten Jahr war beeindruckend. Es ist schön zu sehen, wie sich ein Event entwickeln kann." Beide Autos in den Punkten - das gelang Force India 2015 nur in Australien. Dafür erinnert sich Sergio Perez dennoch gerne an die Alpenrepublik: "Ich bin bis zum Vorjahr noch nie hier gefahren. Die Fans haben lange darauf gewartet und für eine tolle Atmosphäre gesorgt. Die Österreicher haben eine große Leidenschaft für die Formel 1, so wie die Mexikaner. Sie sind stolz auf ihren Grand Prix."
Strecke | Red Bull Ring |
Länge | 4,326 Kilometer |
Kurvenanzahl | 9 (2 links, 7 rechts) |
Breite | 12-13 Meter |
Höhenunterschied | 65 Meter |
Seehöhe | 677 Meter |
Maximales Gefälle | 9,3% |
Maximale Steigung | 12% |
Renndistanz | 307,146 Kilometer in 71 Runden |
Reifen-Möglichkeiten | Soft und Supersoft |
Pole-Position 2014 | Felipe Massa (Williams), 1:08,759 min |
Schnellste Rennrunde 2014 | Sergio Perez (Force India), 1:12,142 min (Runde 59) |
Podium 2014 |
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- SCHADENSBEGRENZUNG BEIM GASTGEBER
Es hat den Eindruck, als würde Red Bull Racing der Grand Prix in Spielberg schon Magenschmerzen bereiten, bevor der erste Kilometer gefahren wurde. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Man kann sich einerseits mit Schaudern an das Vorjahresergebnis erinnern, als Daniel Ricciardo als Achter gerade noch ein paar Punkte ergatterte, andererseits sind sowohl der Australier, als auch Daniil Kvyat bereits mit dem vierten und letzten erlaubten Antriebsstrang unterwegs. Danach gibt es Strafen. Die mangelnde Renault-Power wird auf der Berg-und-Talbahn in der Steiermark wohl besonders stark zur Geltung kommen. Die Beziehung zwischen dem Rennstall und den Franzosen ist seit längerer Zeit beschädigt. Vor dem Wochenende wehrt sich Renault-Motorsportchef Cyril Abiteboul einmal mehr gegen die Vorwürfe. "Wir kommen nur voran, wenn wir die kleinen Kämpfe gewinnen, die den Leuten in der Infrastruktur und uns als Individuen das Selbstvetrauen zurückgeben. Das ist eine der Schwierigkeiten in unserer Beziehung mit Red Bull", so der Franzose. Ende 2015 will Renault entscheiden, ob und in welcher Form man dem Sport erhalten bleibt. Die Lage ist alles andere als rosig, das weiß auch Motorsport-Berater Helmut Marko: "Wir werden nicht ganz vorne sein, aber auch wenn unsere Fahrer kaum das Podium sehen werden, bekommen die Fans Entertainment vom Feinsten - das verspreche ich."
Andreas Terler