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F1-Teamcheck: Die Nachzügler

F1-Teamcheck: Die Nachzügler

In wenigen Tagen heulen die Formel-1-Motoren in Melbourne wieder auf!

Die Zeit der Täuschungs- und Ablenkungsmanöver bei den Testfahrten ist dann vorbei. Spätestens im Qualifying am Samstag werden alle Karten aufgedeckt.

Welche Teams haben die besten Aussichten auf ein gutes Ergebnis beim Australien-GP? Und welche Rennställe sind schon zu Saisonbeginn nur auf Schadensbegrenzung aus?

LAOLA1 nimmt vor Saisonstart alle zwölf Formel-1-Teams unter die Lupe. Zum Auftakt: Die Nachzügler Williams, Caterham, HRT und Marussia.

WILLIAMS F1

Auto:

Williams wechselte nach zwei erfolgslosen Jahren von Cosworth-Motoren auf Renault-Aggregate. Gemeinsam mit den Franzosen fuhr der britische Traditions-Rennstall in den Neunzigerjahren die größten Erfolge ein. Mit insgesamt 5.329 Test-Kilometern spulte man mehr ab als jedes andere Team. Pastor Maldonado ist jedenfalls zuversichtlich: "Es sieht gut aus. Im Mittelfeld ist aber alles sehr eng. Wir stehen auf jeden Fall besser da als voriges Jahr."

Fahrer:

Pastor Maldonado durfte - auch aufgrund seiner venezolanischen Sponsormillionen - sein Cockpit behalten. Oldie Rubens Barrichello (39) musste seinem Landsmann Bruno Senna (28) weichen, der ein paar neue Investoren zum Team bringt. Beine machen soll den beiden Piloten übrigens Alexander Wurz, der als Fahrer-Mentor tätig ist.

Umfeld:

Mit AT&T verlor Williams den Hauptsponsor, der bislang auch im offiziellen Teamnamen vertreten war - für den finanziell ohnehin schon angeschlagenen Rennstall ein weiterer Rückschlag. Freie Flächen für potenzielle Geldgeber finden sich auf dem Boliden noch einige. "Wir haben im Moment keinen Sponsor und die Suche ist selbstverständlich eine wichtige Angelegenheit für uns", stellt Geschäftsführer Adam Parr klar.

Der sukzessive Rückzug der Team-Gründer Patrick Head und Frank Williams wurde in der Winterpause prolongiert. Ersterer kehrte dem Team offiziell den Rücken und kümmert sich künftig um die Hybrid-Sparte, wo man mit Audis Le-Mans-Projekt zusammenarbeitet. Williams tritt mit Ende des Monats aus dem Vorstand zurück und wird durch seine Tochter ersetzt.

CATERHAM F1 TEAM

Auto:

Caterham hat mit dem CT01 bei den Tests über 4.500 Kilometer abgespult. Das Fazit von Heikki Kovalainen: "Abgesehen von ein paar Problemen beim zweiten Test, die wir vor dem dritten Test aussortierten, war unsere Zuverlässigkeit gut." Erstmals hat der Rennstall KERS an Bord, was Caterham automatisch um einige Zehntelsekunden pro Runde näher an das Mittelfeld heranführen wird.

Fahrer:

Heikki Kovalainen geht mit dem malaysischen Rennstall in seine dritte Saison. Jarno Trulli wurde dagegen kurzerhand und für einige überraschend durch den um zehn Jahre jüngeren Vitaly Petrov ersetzt. Der Russe dürfte auch einige seiner Geldgeber mitgebracht haben.

Umfeld:

In Malaysia herrscht Aufbruchstimmung. Petrov und KERS sollen für neuen Schwung sorgen, mit dem man im dritten Jahr den Anschluss an das Mittelfeld schaffen will. "Jetzt ist die Zeit gekommen, unseren Platz als Mittelfeld-Team einzunehmen - wir haben alles, was es dafür benötigt", erklärt Teamchef Tony Fernandes.

HISPANIA RACING TEAM

Auto:

Der F112 geht quasi ungetestet in die neue Saison. Die Tests in Barcelona verpasste man, weil ein Teil nicht rechtzeitig fertig wurde. Man konnte zwar am Tag nach Test-Abschluss einen "Film-Tag" zur ersten Ausfahrt nutzen, als ernsthaften Gradmesser kann man das aber nicht bezeichnen.

Neo-Teamchef Luis Perez-Sala würde sich ein Comeback der Kunden-Autos wünschen: "Wenn man ein Auto kaufen kann, dann würde alles vom Preis abhängen. Ich würde mir wünschen, einen Ferrari oder einen Mercedes kaufen zu können, aber das ist keine einfache Lösung."

Fahrer:

Im Cockpit des spanischen Rennstalls feiern zwei Oldies ihr Comeback. Pedro de la Rosa (41) und Narain Karthikeyan (35). Beide bestritten im Vorjahr zwar Rennen in der Formel 1, gehörten in der zweiten Saisonhälfte aber nicht zum Stammpersonal. Bei beiden Verpflichtungen steht die monetäre Komponente klar im Vordergrund. Piloten nach sportlichen Aspekten auszusuchen, kann sich der Nachzügler nicht leisten.

Umfeld:

Für HRT wird auch die dritte Saison des Bestehens ein Kampf ums nackte Überleben. Bei der Präsentation am 6. März waren noch breite Flächen des Boliden ohne Sponsoren-Aufkleber. "Wenn keine zusätzlichen finanziellen Mittel fließen, wird es für uns in diesem Jahr sehr schwierig", ist sich de la Rosa des Ernstes der Lage bewusst.

Durch die Übernahme der Mehrheitsanteile am Rennstall durch den Investor "Thesan Capital" wurde auch die Führung ausgetauscht. Motorsport-Profi Colin Kolles verließ das Team und legte die Leitung in die Hände des ehemaligen Minardi Piloten Perez-Sala. Das Hauptquartier wurde von Deutschland nach Madrid verlegt. Damit verfügt man aktuell nicht einmal über die Möglichkeit, Bauteile am eigenen Gelände herzustellen und ist auf Zulieferer und die Mithilfe anderer Teams angewiesen. So durfte man etwa den Windkanal von Mercedes mitbenutzen.

MARUSSIA F1 TEAM

Auto:

Marussia geht ohne einen einzigen echten Test-Kilometer in die neue Saison. Zwar wollte man Anfang März in Barcelona teilnehmen, doch ein Bauteil bestand den Crashtest der FIA nicht. Dass die beiden Piloten damit erst im 1. Training in Melbourne handfeste Daten über den MR01 abliefern können, dürfte dem Bestreben, erstmals die Rote Laterne in der Konstrukteurs-WM abzugeben, nicht gerade förderlich sein.

Der 2012er-Marussia ist der erste des Ex-Virgin-Rennstalls, der nicht ausschließlich per Computerprogramm CFD konstruiert, sondern - wie bei anderen Teams auch üblich - vor allem im Windkanal entwickelt wurde. Vom optischen Standpunkt her ist der MR01 neben dem McLaren das einzige Auto im Feld, das auf die "Höcker-Nase" verzichtet.

Fahrer:

Timo Glock blieb beim russischen Rennstall und bestreitet damit seine dritte Saison in dem Team. Sein neuer (mittlerweile dritter) Teamkollege ist der Franzose Charles Pic, der sich in den letzten beiden Jahren in der GP2 behauptete. In erster Linie dürfte aber der Geldkoffer im Gepäck des 22-jährigen Franzosen den Ausschlag für seine Verpflichtung gegeben haben: Pics Sponsoren sollen rund fünf bis acht Millionen Dollar zum Marussia-Budget beisteuern.

Umfeld:

Multimilliardär Richard Branson ist mit seinem Virgin-Konzern aus dem Teamnamen raus, bleibt aber als Sponsor an Bord. In der Teamführung zeichnet sich erstmals Pat Symonds (unter Flavio Briatore einst bei Renault), der zu Saisonmitte Nick Wirth als Technikchef ablöste, für das Auto verantwortlich. Mit McLaren hat man eine Kooperation abgeschlossen. "Man spricht über Abläufe und Techniken. McLaren hat uns beispielsweise in diesem Bereich sehr geholfen. Wenn es beispielsweise um Zulieferer geht, oder um gewisse Prozesse beim Bau des Autos. Solche Dinge sind für Marussia wichtig", beschreibt Symonds die Art der Zusammenarbeit.

Michael Höller