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"Der Käse ist noch nicht gegessen"

Die Gruppenphase beim Afrika-Cup steht kurz vor dem Abschluss.

Die Elfenbeinküste, Südafrika, Kap Verde, Ghana, und Mali sind bereits qualifiziert. Sechs andere Teams kämpfen noch um die verbleibenden drei Viertelfinaltickets.

Darunter ist auch Burkina Faso, das vor dem letzten Spieltag die Tabelle der Gruppe C anführt.

Issiaka Ouedraogo war noch bis vor kurzem Teil dieses Teams, ehe ihn Verletzungen seiner Teilnahme-Chancen beraubten.

2012 in Gabun und Äquatorialguinea noch dabei und einer von zwei Torschützen seiner Auswahl, bleibt dem Angreifer der Admira diesmal nur die Rolle als TV-Zuseher– und als Experte für LAOLA1.

 

LAOLA1: Wie beurteilst du den letzten Auftritt von Burkina Faso? Das 4:0 gegen Äthiopien war schon beeindruckend.

Issiaka Ouedraogo: Wir haben wirklich super gespielt, aggressiv, schnell nach vorne und mit gutem Abschluss. Gott sei Dank haben wir gewonnen. Mit einem Mann weniger hat die Mannschaft voll Druck gemacht. Es wurde schnell umgeschalten und immer wieder Jonathan Pitroipa in die Tiefe gespielt. Drei Toren gingen Fehler der gegnerischen Mannschaft voraus, die zu spielen versucht hat. Wir sind aber immer aggressiv dagegen gegangen.

LAOLA1: Wie geht es dir persönlich dabei, nachdem du ja letztes Jahr noch dabei warst und heuer die Spiele nur vor dem Fernseher verfolgst?

Ouedraogo: Es tut wirklich weh. Aber ich war lange verletzt, kann also nichts dafür. Ich habe seit Mitte November kein Spiel gemacht, erst jetzt in der Vorbereitungszeit wieder. Im Sommer war ich noch voll dabei. Aber so ist es eben. Wichtig ist, dass die Mannschaft nach 18 sieglosen Spielen beim Afrika-Cup endlich wieder gewonnen hat.

LAOLA1: Bei den letzten beiden Ausgaben des Kontinental-Wettkampfes galt Burkina Faso immer als Geheimtipp. Dieses Jahr war die Erwartungshaltung angesichts der Auslosung mit starken Gruppengegnern nicht so hoch. Nach zwei Spielen ist man nun Erster.

Ouedraogo: Ja, das gibt dem Team natürlich moralischen Auftrieb. Aber noch ist der Käse nicht gegessen. Wir müssen jetzt einen Punkt gegen Sambia machen, Sambia muss unbedingt gewinnen. Ich glaube, dass auch Nigeria Äthiopien schlagen wird. Also brauchen wir den einen Punkt. Es wird nicht leicht, aber wenn wir so spielen wie im letzten Spiel sollte uns das gelingen.

Ouedraogo: Die Elfenbeinküste bleibt ganz klar erster Anwärter. Sie haben einige der besten Spieler Europas in ihren Reihen. Das ist schon ein Super-Team. Ich sehe sie schon zumindest im Finale. Von der Papierform her müssen sie das Turnier gewinnen. Aber Fußball läuft nicht immer wie am Papier, das ist ja das Schöne.

LAOLA1: Die Elfenbeinküste galt ja auch schon bei Weltmeisterschaften als Geheimfavorit und damit als möglicher erster Champion Afrikas. Auf einen solchen warten wir immer noch. Was fehlt den afrikanischen Teams?

Ouedraogo: Da fehlt vielleicht ein bisschen das Selbstvertrauen. In den letzten Vergleichen der Elfenbeinküste mit europäischen Teams wie Russland oder Österreich hat man gesehen, dass sie stark sind. Ich glaube aber, dass auch bei der nächsten WM wieder ein afrikanisches Team überraschen wird, so wie Ghana 2010. Ob es zum großen Wurf reicht, weiß ich nicht.

LAOLA1: Was bei Afrika-Meisterschaften immer wieder negativ auffällt, sind die Streitigkeiten um Prämien. Woran liegt das?

Ouedraogo: Es sind die fehlenden Strukturen. Das ist Afrika. Ein jeder will einen Anteil vom Geld. Manch ein Präsident steckt lieber in die eigene Tasche, als den Spielern etwas zu geben. Das zu ändern, wird schwierig. Wir haben die Probleme von Kamerun und Eto’o gesehen, bei Togo war es mit Adebayor dasselbe und jetzt eben bei der DR Kongo. Ich hoffe, dass sich das in ein paar Jahren zum Positiven verändert.

LAOLA1: Bist du als Spieler da machtlos?

LAOLA1: Die Ausgangslage vor dem letzten Gruppenspiel kommt euch natürlich entgegen. Man kann wieder abwarten und dann auf Konter spielen.

Ouedraogo: Ja. Wenn wir wieder so eine Leistung abrufen, habe ich keine Angst. Aber man weiß nie, wie die Spieler an einem anderen Tag drauf sind.

LAOLA1: Stehst du in Kontakt mit den Spielern in Südafrika?

Ouedraogo: Ja mit zwei Spielern schreibe ich regelmäßig.

LAOLA1: Wie beurteilst du eigentlich das allgemeine Niveau beim diesjährigen Afrika-Cup? Mit zwei 0:0 hat der Bewerb ja mäßig begonnen.

Ouedraogo: Das Niveau ist normal, aber nicht so hoch wie im letzten Jahr. Es ist alles eng beisammen. Hauptsächlich gibt es knappe Entscheidungen. Die Mannschaften stehen tief, niemand will hohes Risiko gehen. Das macht das Toreschießen natürlich schwierig. Acht Unentschieden in den ersten 14 Partien sind natürlich zu viel.

LAOLA1: Du sprichst die defensive Spielwiese an. Ein großer Vorwurf an den afrikanischen Fußball ist ja immer die fehlende taktische Disziplin. Hat sich das somit verändert?

Ouedraogo: Ja schon. Viele Trainer kommen aus Europa und bringen ihre Lehre mit. Die Mannschaften haben das verinnerlicht und stehen hinten wesentlich besser. So fallen natürlich weniger Tore. Für die Trainer ist das ein positives Zeugnis, für den Zuschauer aber natürlich nicht so gut.

LAOLA1: Apropos Zuseher. Der Zuspruch hält sich bei vielen Spielen in Südafrika ja in Grenzen.

Ouedraogo: Ich habe mir selbst mehr erwartet und weiß nicht, warum viele Sitze in den Stadien leer bleiben. Die Stadien sind groß und aufgrund der WM 2010 in einem tollen Zustand. Keine Ahnung, warum zu manchen Spielen nur ein paar Tausend kommen. Viele sind anscheinend zu Hause geblieben und schauen sich das lieber vor dem Fernseher an.

LAOLA1: Wie könntest Du uns Europäern die Relevanz des Afrika-Cups verdeutlichen?

Ouedraogo: Man kann es nicht ganz mit der Europameisterschaft vergleichen. In Europa gibt es mehr Attraktionen, mehr Zuschauer. Die Stimmung in Afrika ist anders. Aber Afrika-Cup-Sieger zu sein, ist ein großer Traum eines jeden Spielers.

LAOLA1: Wer ist Dein Favorit auf den Titel?

Ouedraogo: Die kleinen Spieler können nicht reden, sondern nur die großen Stars wie Eto’o. Geld spielt für ihn keine Rolle mehr. Andere sind auf die kleinen Prämien der Nationalmannschaft angewiesen und können deshalb nichts sagen.

LAOLA1: Eine positive Entwicklung ist hingegen in Burkina Faso zu sehen, wo Jonathan Pitroipa und Wilfried Sanou gemeinsam mit ihren Familien eine Akademie leiten.

Ouedraogo: Das ist eine super Sache. Sie haben beide lange in Deutschland gespielt und gute Erfahrungen gemacht. Sie betreiben nun die Akademie in der Hauptstadt. Viele Spieler aus dieser Akademie sind Teil der U17-Nationalmannschaft, die 2011 bei der WM teilgenommen hat.

LAOLA1: Ist es für dich nach dem Karriere-Ende auch eine Überlegung, mit deinem Erfahrungsschatz in welcher Funktion auch immer nach Burkina Faso zurückzukehren?

Ouedraogo: Ja, sicher. Schauen wir mal, man weiß nie.


Das Interview führte Christian Eberle