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"Wie wenn ihr im Skifahren keine Goldene holt"

Oliver Bierhoff weiß, wie es ist, wenn jemand auf einem herumtrampelt.

Der Teammanager der deutschen Nationalmannschaft hat nicht immer einen leichten Stand in der Öffentlichkeit. Seine Sichtweisen werden nicht immer geteilt, so kommt eben auch gerne mal etwas retour und es gibt Konflikte, die teilweise auch über die Medien ausgetragen werden.

Auch seine Rolle bei der Verlängerung des Vertrages von Bundestrainer Joachim Löw und seines eigenen 2010 war nicht gerade eine glückliche. Nach gescheiterten Verhandlungen gab es doch noch ein Happy End und vor einem Jahr die neuerliche Verlängerung bis nach der WM 2014.

In Österreich wird künftig auch auf Bierhoff herumgetrampelt, das ist aber durchwegs positiv zu sehen. Schließlich wurde dem Deutschen die Ehre zuteil, sich auf der „Straße der Sieger“ zu verewigen. Am Montag wurden die Abdrücke seiner Hände und Füße im Hotel Marriott genommen.

Entspannter Auftritt von Bierhoff

Wie es so sei, zu wissen, dass hierzulande künftig auf einem herumgetrampelt werden würde, fragte LAOLA1 nach Fuß- und Handwäsche. Bierhoff grinste: „So lange keiner mit dem Hammer kommt.“

Der ehemalige Salzburg-Legionär, der in der Saison 1990/91 mit 23 Toren auf sich aufmerksam machte, legte einen Tag vor dem WM-Quali-Duell mit Österreich einen entspannten Auftritt hin.

Dem früheren Kopfball-Ungeheuer machte es Spaß („Eigentlich müsste ich mich ja mit der Stirn verewigen“), er fühlte sich bei seinem Auftritt rundum wohl und zeigte sich als absoluter Profi.

Bierhoff wird auf der Straße der Sieger verewigt

Vorab ließ er sich vom Beton-Profi über das Prozedere beim Abdruck einweisen. Dann Small Talk mit dem Generali-Boss hier, Small-Talk mit Sporthilfe-Geschäftsführer Anton Schutti da.

„Er ist einer der erfolgreichsten Fußballer der Welt, er ist Europameister, Vize-Weltmeister, hat in vielen Ligen gespielt und ist auch persönlich ein starker Typ“, begründete Letzterer die Wahl.

Bierhoff dankte es: „Durch mein Jahr in Salzburg habe ich natürlich eine enge Beziehung zu Österreich, ich freue mich und es ist eine Ehre für mich. Ich habe mich wohlgefühlt und komme immer wieder gerne zurück. Das Jahr in Salzburg war mit eines der schönsten meiner Karriere.“

Beim Hamburger SV und Mönchengladbach hatte er damals einen „schwierigen Stand“, der damalige Trainer Kurt Wiebach „hat aber fest an mich geglaubt“. Mit Fug und Recht, wurde Bierhoff etwa in Udine Serie-A-Torschützenkönig und ein Jahr später mit dem AC Milan italienischer Meister.

Salzburg war aber auch schön. „Da lässt es sich gut leben, ich habe aufgrund der vielen Mehlspeisen fünf Kilo mehr gehabt, aber dafür auch einen strammen Schuss“, scherzte der ehemalige Angreifer.

In Wien fühlt sich Bierhoff ebenso wohl. „Wir spielen gerne hier, die hitzige Atmosphäre aufgrund des rivalisierenden Nachbar-Duells ist doch schön. Natürlich ist es manchmal auch angenehmer gegen Aserbaidschan und die Färöer zu spielen, aber ich glaube, keiner kommt hier ungern her.“

Österreich und ihre Motivation

Bierhoff weiß ob der Motivation der Österreicher bestens Bescheid. „Die Österreicher sind immer extrem motiviert, sie wollen uns ein Bein stellen. Dann wäre die Schadenfreude besonders groß. Da möchte man sich erst recht keinen Ausrutscher leisten. Vor allem, wenn die Spieler dann in Deutschland spielen, dann ist es für sie noch schöner, wenn sie in der Kabine frotzeln können.“

Während den 90 Minuten wird es nichts zum Frotzeln geben. Österreich kämpft um die Sensation, Deutschland will nicht zum ersten Mal (!) in der WM-Quali auswärts verlieren – und zum dritten Mal überhaupt. Vor ab nahm sich Oliver Bierhoff kurz Zeit, sich den Fragen von LAOLA1 zu stellen.

LAOLA1: Joachim Löw lobt das ÖFB-Team. Sie loben das ÖFB-Team. Alle loben das ÖFB-Team. Vor einem Jahr hat es aber in Deutschland noch eine 2:6-Niederlage gesetzt. Was hat sich geändert?

Oliver Bierhoff: Das war zum einen vor eigenem Publikum und zum anderen waren wir da auch gerade in einem Spielrausch. Wir hatten eine Phase mit viel Selbstvertrauen, wo einfach vieles lief. Ich glaube einfach, dass die österreichischen Spieler gewachsen sind, sich weiterentwickelt haben und Marcel Koller hat natürlich jetzt die Chance gehabt, die Mannschaft darauf vorzubereiten. Gerade hier in Wien hatten wir immer einen schweren Stand, auch bei der EURO 2008. Da haben wir glücklich gewonnen. Von daher erwarten wir schon ein sehr schwieriges und ausgeglichenes Spiel.

LAOLA1: Wer von den ÖFB-Spielern ist besonders gewachsen? Auf wen muss der DFB aufpassen?

Bierhoff: Harnik untermauert in Stuttgart immer wieder seine Torgefährlichkeit, Fuchs schlägt tolle Flanken und Arnautovic ist unberechenbar. Aber die Geschlossenheit und Disziplin macht diese Mannschaft besonders. Die Wertschätzung für diese Spieler in Deutschland ist groß. Sie haben sich durchgesetzt, sind größtenteils Stammspieler und zeigen auch Qualität. Das wiederum zeigt die Entwicklung des österreichischen Fußballs und lässt uns auch Achtung haben, wenn wir nun auf dieses Team treffen.

LAOLA1: Nach dem EM-Halbfinal-Aus gegen Italien sprach Fußball-Deutschland von vermeintlich fehlenden Leadern, Mitsingen der Hymne und Überversorgung der Mannschaft. War das Jammern auf hohem Niveau oder einfach nur Frustbewältigung?

Bierhoff: Im Fußball sind die Ansprüche in Deutschland einfach sehr hoch. Das ist wie wenn bei euch die Skifahrer keine Goldmedaillen gewinnen. Damit müssen wir leben. Es war aber schon sehr extrem, weil wir denken, mit dem Erreichen eines EM-Halbfinals erfolgreich gewesen zu sein. Es war aber bei allen Beteiligten, inklusive Spieler und Stab, eine große Enttäuschung da, weil diese Mannschaft einfach dieses unglaubliche Potenzial hat, auch einmal einen Titel zu gewinnen.

LAOLA1: Karl-Heinz Rummenigge glaubt nicht, dass Deutschland den WM-Titel holt.

Bierhoff: Soweit brauchen wir jetzt nicht denken. Natürlich hat man diesen Traum, aber wir müssen uns erst einmal qualifizieren. Das ist eine schwere Gruppe, auch mit den Iren und Schweden, die bei der EM dabei waren. Mit Sicherheit würde es in Brasilien schwieriger werden, weil der Gastgeber und Argentinien auf ihrem Heimkontinent sicher stark spielen werden. Mexiko ist auch nicht weit weg. Das wird sicher ein schwerer Brocken, aber bis dahin haben wir auch noch ein wenig Zeit – auch uns selbst zu verbessern.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler