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Jantscher: "Dann überrennen dich die anderen"

Jantscher:

„In erster Linie bin ich froh, dass ich wieder Leute um mich habe, die mich verstehen, mit denen ich mich unterhalten kann“, grinst Jakob Jantscher.

Beim Nationalteam darf der 24-Jährige Heimatluft schnuppern. Das idyllische Stegersbach statt der Metropole Moskau.

Dort hatte der Steirer bei Dinamo innerhalb der Mannschaft zwar keine Kommunikationsprobleme, denn die interne „Amtssprache“ unter Trainer Dan Petrescu war ohnehin Englisch.

Abseits des Vereins war der Umgang mit der russischen Mentalität jedoch nicht immer einfach, wie Jantscher im LAOLA1-Interview verdeutlicht.

Apropos Kommunikationsprobleme: Mit Red Bull Salzburg, wo der Flügelflitzer nach seinem Abschied aus Russland noch bis Sommer 2014 unter Vertrag steht, gestaltet sich die Kommunikation insofern schwierig, als sie gar nicht stattfindet. Ein Problem im Hinblick auf seine Zukunftspläne.

LAOLA1: Wie geht es nach deinem Abschied von Dinamo Moskau mit dir weiter?

Jantscher: Es ist alles offen. Es gibt noch keine Entscheidung. Ich habe natürlich meinen Plan, was ich gerne machen möchte, aber der ist natürlich abhängig von den Vereinen. Ich muss mich jetzt einmal auf die Partie gegen Schweden konzentrieren, alles andere macht mein Manager.

LAOLA1: Wie schaut dieser Plan aus?

Jantscher: Mein Plan ist eigentlich nur, dass ich gerne im Ausland bleiben möchte. Diesen Schritt möchte ich weiterverfolgen, weil ich mich einfach weiterentwickeln möchte, und ich glaube, dass das Ausland das Beste dafür ist.

LAOLA1: Gibt es eine Tendenz, in welcher Liga du spielen wirst?

Jantscher: Ich kann jetzt nicht sagen, ich möchte dorthin oder dorthin gehen. Ich habe kein Traumziel. Für mich ist alles offen und ich lasse das auf mich zukommen.

LAOLA1: Was nimmst du mit aus deiner Zeit in Moskau?

Jantscher: Einiges. Sportlich, dass ich mich ein Jahr in einer sehr guten Liga beweisen konnte, was sehr, sehr wichtig für mich war. Die Liga ist im Kommen, es gibt sehr gute Mannschaften und Spieler dort. Aber auch menschlich und persönlich konnte ich einiges mitnehmen, weil das Leben dort ja nicht sehr einfach ist. Wenn du die österreichische Mentalität kennst, ist es dort natürlich ganz anders. Wenn ich älter bin, werde ich immer davon erzählen können, dass ich einmal in Russland gelebt habe.

LAOLA1:Was ist das Schwierige am Leben in Moskau?

Jantscher: Da gibt es viele kuriose Sachen, besonders den Verkehr – kurios kann man gar nicht sagen, der ist katastrophal. Die Russen machen aus einer Straße eine neunspurige Fahrbahn, wo auf der zweiten oder dritten Spur die Autos einfach stehenbleiben mit der Warnblinkanlage. Das ganze Leben dort ist schon sehr turbulent. Ich war es gewohnt, dass in Salzburg oder Graz alles ein bisschen ruhiger war. Wenn du in eine Stadt, in der 12 Millionen Leute leben, kommst, ist es natürlich schon ein großer Unterschied.

LAOLA1: Wie gestaltet sich das Alltagsleben? Viele Siedlungen dort müssen ja extra bewacht werden.

Jantscher: Das gibt es sehr häufig. Es gibt Sicherheitsschranken, die bewacht werden, wo du nur mit einem Ausweis reinkommst. Das ist eigentlich ganz normal dort, das gibt es in jeder größeren Siedlung. Gegen die Stadt Moskau kann man gar nichts sagen, die ist zum Leben eigentlich top - du kannst sehr viel anschauen, sehr gut essen gehen, es gibt sehr viele Restaurants. Nur die Mentalität der Russen ist ein bisschen schwierig.

Jakob Jantscher kam in 19 Liga-Einsätzen auf ein Tor und fünf Assists

LAOLA1: Du hast betont, dass du im Ausland bleiben möchtest, um dich weiterzuentwickeln. In welchen Punkten hast du dich nach einem Jahr Auslandserfahrung konkret weiterentwickelt?

Jantscher: Da könnte ich jetzt viele Punkte aufzählen, die unterschiedlich sind. Die größten Unterschiede sind ganz einfach das Tempo und die Aggressivität, die du im Ausland hast, wo du in jedem Training darum kämpfen musst, dass du irgendwie einen Platz in der Mannschaft hast. Du musst dich einfach jeden Tag neu beweisen, dass du berechtigt bist, für die Mannschaft zu spielen. Wenn du einmal ein bisschen ruhiger oder lockerer machst, überrennen dich die anderen und du fällst überhaupt nicht auf.

LAOLA1: Als du gekommen bist, war Dinamo Letzter. Am Ende hätte es fast für den Europacup gereicht. Du hast regelmäßig gespielt. Das spricht für eine positive Bilanz.

Jantscher: Für mich war es natürlich sehr positiv. Der neue Trainer Dan Petrescu wurde erst zwei, drei Wochen, bevor ich geholt wurde, engagiert. Das heißt, es hat ein bisschen gebraucht, bis man sich an das System gewöhnt, das der Trainer verlangt. Wie man weiß, funktioniert das im Fußball nicht immer so schnell. Wir haben dann sehr viele Punkte geholt. Leider haben wir es dann am Schluss ein bisschen verhaut. Sonst wäre die Saison für den Verein sicherlich noch sehr positiv gewesen.

LAOLA1: Kommen wir zu Salzburg. Dort stehst du noch bis 2014 unter Vertrag. Erwartet man von dir, dass du zum Trainingsstart da bist, sollte es vorher keine Einigung mit einem neuen Verein geben?

Jantscher: Keine Ahnung. Dazu kann ich nichts sagen. Ich hatte noch keinen Kontakt zu Salzburg. Gar nichts.

LAOLA1: Das könnte man so interpretieren, dass sie nicht mit dir planen, sonst würden sie dich ja informieren, wann sie dich zurückerwarten.

Jantscher: Genau. Ich weiß nur, weil ich mit Spielern im Kontakt bin, wann der Trainingsauftakt für jene Spieler, die nicht im Nationalteam sind, ist. Mehr weiß ich nicht. Mich hat niemand angerufen, mein Manager wurde auch nicht kontaktiert.

LAOLA1: Inwiefern?

Jantscher: Streng, kühl, unfreundlich. Du hast ziemlich große Probleme, wenn du einen Bezug aufbauen willst. Es ist nicht so, wie du es aus Österreich kennst, wo du in der Früh rausgehst, den Nachbar siehst und ihm einen guten Morgen wünscht und auch etwas zurück kommt. Das gibt es dort nicht. Die drehen sich weg, da kommt nichts zurück. Das ist ein großer Unterschied.

LAOLA1: Kommen wir zum Sportlichen: Was ist im Saison-Finale schief gelaufen? Ihr wart lange auf Europa-League-Kurs, habt den Europacup jedoch in den letzten Runden aus der Hand gegeben.

Jantscher: Wir waren bis zum letzten Spieltag auf dem vierten Tabellenplatz. In den letzten drei Runden hätten wir ein Spiel gewinnen müssen, dann hätten wir uns für den Europacup qualifiziert. Aber wir haben leider zwei Mal Unentschieden gespielt und ein Mal verloren.

LAOLA1: Die Niederlage passierte ausgerechnet beim Tabellenletzten…

Jantscher: Da haben wir 0:1 verloren. Da gab es ein bisschen Hektik wegen einer Massenschlägerei gegen Spielende, beide Teams haben je zwei Rote Karten gekriegt – das Ganze war sehr turbulent. Im letzten Spiel mussten wir ohne die gesperrten Spieler antreten. Wir hätten trotzdem gewinnen können und müssen, weil wir die bessere Mannschaft waren. Aber so ist der Fußball.

LAOLA1: Ist das enttäuschend, oder fördert das ohnehin deinen Plan, im Ausland zu bleiben?

Jantscher: Es wäre ein bisschen komisch, wenn sie mich jetzt unbedingt zurückholen wollten, nachdem sie mich im letzten Sommer im Endeffekt loswerden wollten. Das würde nicht zusammenpassen.

LAOLA1: Wie intensiv hast du die Saison der Salzburger verfolgt? Es wurden viele Punkte geholt, aber kein Titel…

Jantscher: Ich habe natürlich alles verfolgt, habe noch zu einigen Spielern Kontakt, genauso wie ich noch mit einigen Kollegen in Graz Kontakt habe, was ja ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben ist. Daher habe ich eigentlich alles mitgekriegt. Es ist natürlich so, dass du bei Red Bull Salzburg den Druck und Zwang hast, dass du jedes Jahr etwas gewinnen musst. Es ist aber nicht immer einfach und selbstverständlich, dass du Titel gewinnst. Wenn man in den letzten Jahren Bayern München hernimmt, haben sie die beste Mannschaft, aber vor dieser Saison auch nicht alles gewonnen. Du kannst nicht automatisch davon ausgehen, dass du alles gewinnst. Aber natürlich ist dieses Jahr ohne Titel nicht das, was sich der Verein erwartet hat.

LAOLA1: Gibt es eine Deadline, bis zu der du Klarheit haben willst, wie es weitergeht?

Jantscher: Im Fußball kann es bis zum letzten Abdruck dauern, es kann sich aber auch schnell entscheiden. Letzten Sommer war es bei mir auch so: Ich war schon zu 99 Prozent darauf eingestellt, dass ich in Salzburg bleibe. Dann sind in den letzten drei, vier Tagen der Transferzeit zwei Vereine gekommen, die mich haben wollten. Im Fußball kannst du die Zukunft ganz schwer planen, sondern musst abwarten, was passiert.

Das Gespräch führte Peter Altmann